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Rheinische Post: Krise: Politische Führung gesucht

Geschrieben am 07-08-2011

Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Antje Höning:

Mit Bangen blickt die Welt heute auf die Öffnung der Börsen. Auf
die schwärzeste Woche seit dem Zusammenbruch der Lehman-Bank droht
ein schwarzer Montag zu folgen. Das ist nicht nur für Anleger eine
erschreckende Nachricht, sondern auch für Unternehmen, Bürger und
Politik. Börsenkurse spiegeln bekanntlich die Erwartungen an die
Zukunft. Die abstürzenden Kurse von heute könnten - selbst wenn man
die üblichen Übertreibungen der Börse berücksichtigt - die Vorboten
eines erneuten Absturzes der Realwirtschaft sein. Das ist so bitter,
hatte sich doch die deutsche Wirtschaft gerade so gut aufgestellt und
Vollbeschäftigung in Sicht. Die Weltwirtschaft befindet sich im
konjunkturellen Sinkflug, wie er nach einem Boom normal ist. Und in
diesen Sinkflug hinein kommt nun die Verschärfung der Schuldenkrise
in Europa und das Desaster in den USA. Daran ist, entgegen dem
beliebten Vorurteil, allerdings nicht Standard&Poor's schuld. Gewiss
kann man über die Macht der Rating-Riesen streiten. Doch es war die
Politik selbst, die die Agenturen mit dieser Macht ausstattete. Sie
hat festgelegt, dass (Staats-)Anleihen mit Noten versehen werden und
dass Banken und Versicherer ihr Anlageverhalten daran orientieren
müssen. Standard&Poor's ist nicht der Verursacher der Krise, sondern
nur der Überbringer der schlechten Nachricht. Und die lautet: Die USA
gehen ihr Schuldenproblem nicht ernsthaft genug an, und das
amerikanische Führungspersonal ist dem Ernst der Lage nicht
gewachsen. Deshalb werden die USA zwar jetzt nicht zahlungsunfähig -
die Heimat von Apple und Microsoft ist nicht Griechenland. Doch wenn
im Jahr 2008 schon die Pleite einer einzelnen US-Bank die
Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession stürzen konnte, was vermag
dann erst die Krise der größten Volkswirtschaft der Welt bewirken?
Zumal Europa als gestaltende Kraft ausfällt. Eineinhalb Jahre hat die
EU an der Rettung Griechenlands laboriert. Auch deshalb ist die Krise
von Athen zu einer Krise der Euro-Zone geworden. Statt eine
Insolvenzordnung für Staaten und einen überzeugenden Rettungsschirm
(scharfe Auflagen, genug Geld) aufzuspannen, setzen die
Regierungschefs, allen voran die zögerliche Kanzlerin, auf eine
Politik der Trippelschritte. Am Wochenende ist die Bundesregierung
gar auf Tauchstation gegangen. Sie lässt nur ihren Finanzpolitiker
nach der Europäischen Zentralbank (EZB) rufen. Diese möge bitte rasch
die Anleihen von Italien aufkaufen, da Europa dessen Pleite nicht
auffangen könne. Die Bundesregierung scheint zu vergessen, dass die
EZB unabhängig ist, nur die Stabilität des Geldes sichern soll und
dass der Kauf von Ramschpapieren schon bei Griechenland nicht
funktioniert hat. Immerhin kämpft Bundesbank-Chef Jens Weidmann
tapfer gegen den Druck aus Berlin. Jetzt muss er beweisen, wie
unabhängig er von seiner früheren Chefin Merkel ist.



Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303


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