(Registrieren)

Westdeutsche Zeitung: Anti-Terror-Gesetze = Von Martin Vogler

Geschrieben am 29-06-2011

Düsseldorf (ots) - Erst monatelanges Hickhack, dann Einigung in
überraschend wenigen Stunden: Mit dem Kompromiss bei den
Anti-Terror-Gesetzen lassen Union und FDP aufhorchen. Sie haben,
anders als bei den meisten Themen, Handlungsfähigkeit bewiesen.
Spötter lästern: Hurra, sie können doch noch regieren.

Schon aus taktischen Gründen war diese Vereinbarung zwischen
Innenminister Friedrich und Justizminsterin
Leutheusser-Schnarrenberger allerdings auch mehr als überfällig. Denn
eine Koalition, in der die Partner allzu offen heftige Konflikte
austragen, hat schlechte Zukunftschancen. Und auch bei den
Anti-Terror-Gesetzen schienen die Position lange extrem gegensätzlich
zu sein. Während die FDP in bester liberaler Tradition mehr
Freiheiten verlangte, wollte die Union den Sicherheitsbehörden
deutlich mehr Macht geben. Doch die Einigung im Rekordtempo legt den
Verdacht nahe: Wurde um des Koalitionsfriedens willen übereilt etwas
Unausgegorenes gebastelt, hinter dem die Beteiligten in Wirklichkeit
nicht restlos stehen? Dafür gibt es zumindest Indizien wie schwammige
Formulierungen, das Fehlen schriftlicher Unterlagen und das
Ausklammern der Vorratsdatenspeicherung, über die wohl erst im Herbst
gesprochen wird.

Trotz dieser Schönheitsfehler ist der Kompromiss positiv zu
werten. Dank ihm wird sich in den nächsten vier Jahren wenig an der
gängigen Praxis ändern, weil die sechs wichtigsten
Anti-Terror-Gesetze bestehen bleiben und vier wegfallen, die im
Alltag sowieso kaum eine Rolle spielen. Zur zweiten Gruppe gehört der
sogenannte kleine Lauschangriff. Diese Möglichkeit, Polizisten mit
Mikrofonen zu verkabeln, hatte dereinst für riesige Aufregung
gesorgt. Zum Einsatz kam der kleine Lauschangriff nie.

Wichtig am Kompromiss ist, dass damit die Bürgerrechte gewahrt
bleiben, aber dennoch die Sicherheitsbehörden gute und kalkulierbare
Arbeitsmöglichkeiten haben. Denn wenn Terroristen alle technischen
Möglichkeiten nutzen und ihre Mobilität fast grenzenlos ist, dann
bleibt dem Staat nichts anderes übrig, als seinen Mitarbeitern
möglichst viele Befugnisse beim Ermitteln und auch beim Vorbeugen von
Straftaten zu geben. Weniger Überwachungsmöglichkeiten wären
sicherlich wünschenswert, aber viel zu gefährlich für uns alle.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

340076

weitere Artikel:
  • Mittelbayerische Zeitung: Zur Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze Regensburg (ots) - Die tun was! So warb einmal ein deutscher Autobauer um Kunden. Dasselbe Motto könnten die schwarz-gelben Minister Hans-Peter Friedrich und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über den mühsam ausgehandelten Kompromiss zu den Anti-Terror-Gesetzen schreiben. Nach langem Gezerre haben sich die beiden Kontrahenten in der Sicherheitspolitik zu einer Minimalverständigung durchgerungen. Die Ermittler dürfen im Anti-Terrorkampf weiterhin Flugdaten und Bankkonten abfragen. Auf die Überwachung des Briefverkehrs und von Postschließfächern mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Der Unlaute Christian Wulff ist seit einem Jahr Bundespräsident. Er macht seinen Job gut - aller Kritik zum Trotz. Regensburg (ots) - Als am 30. Juni, also vor einem Jahr, Christian Wulff nach stundenlanger Hängepartie im dritten Wahlgang gewählt wurde, war das für alle so etwas wie ein Omen. Wulff, der Kandidat der schwarz-gelben Koalition, sei beschädigt von Anfang an, hieß es. Mit ihm auch noch die gesamte bürgerlich-liberale Koalition dazu. Von diesen Aussagen ist nur die letztere richtig. Die Wahl war blamabel. Aber Wulff hat das keinen Schaden zugefügt. Er hat sich schnell vom Makel eines unbeliebten Kandidaten einer schwierigen Koalition mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Innere Sicherheit / Terrorismus Osnabrück (ots) - Vernünftige Einigung Man mag es nach dem heftigen Streit mit Attacken ober- und unterhalb der Gürtellinie kaum glauben: Die schwarz-gelbe Koalition hat sich zusammengerauft und bei den Anti-Terror-Gesetzen einen respektablen Kompromiss vorgelegt. Es ist richtig, das Gros der 2002 eingeführten Befugnisse der Geheimdienste ein weiteres Mal befristet zu verlängern. Denn zwei externe Gutachter hatten den Praxis- und Grundrechtstest gemacht. Ergebnis: Die meisten Paragrafen haben sich als sinnvoll erwiesen, mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Afghanistan / Anschlag Osnabrück (ots) - Fahne eingeholt Es war kein Zufall, sondern Kalkül: Im Umfeld einer Sicherheitskonferenz hat ein Selbstmordkommando das Kabuler Luxushotel gestürmt. Eigentlich wollten dort afghanische und westliche Vertreter die Übergabe der Verantwortung von der NATO an heimische Sicherheitskräfte vorantreiben. Das Blutbad der Taliban scheint die Versuche der USA und europäischer Regierungen ad absurdum zu führen, die Lage schönzufärben. Der eingeleitete Truppenabzug der ISAF beruht nicht auf einer stabilen Sicherheitslage, mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Bundespräsident / Wulff Osnabrück (ots) - Flagge gezeigt Das war deutlich, ein klares Wort zur rechten Zeit. Passend zum Tag der Entscheidung im Bundestag kritisiert Bundespräsident Christian Wulff, die Wende in der Atompolitik hätte noch einmal von Parteitagen diskutiert werden müssen, eine herbe Kritik an den Regierungsparteien, die ebendies nicht oder nur verkürzt getan haben. Der einstige Unionspolitiker Wulff demonstriert damit Überparteilichkeit und Mut zur Unbequemlichkeit. Immer wieder als profillos kritisiert, zeigt er nun Flagge und besetzt mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht