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Schneller Atomausstieg: Die Lichter bleiben an - überall DUH unterbreitet Gesetzesvorschlag

Geschrieben am 27-04-2011

Berlin (ots) - Neues Gutachten zeigt weder Einbußen der
Versorgungssicherheit noch gravierende Strompreisausschläge - Prof.
Olav Hohmeyer: "Wir verfügen bereits heute über die notwendigen
Netzkapazitäten für einen schnellen Atomausstieg" - Deutsche
Umwelthilfe schlägt neue gesetzliche Regelung zur Laufzeitbegrenzung
für alle 17 Atomkraftwerke vor - Letztes AKW 2017 abschalten -
DUH-Geschäftsführer Baake: "Zeit ist reif für beschleunigten
Ausstieg" - Analyse der Universität Flensburg weist auch für
Süddeutschland keine Versorgungsengpässe aus - Keine Stromimporte aus
Tschechien oder Frankreich wegen Strommangel

Ein schneller Atomausstieg ist in Deutschland ohne Einbußen der
Versorgungssicherheit oder ernste Nachteile für die Stromverbraucher
möglich. Das ergibt sich aus einem heute präsentierten Gutachten, das
unter der Federführung von Prof. Dr. Olav Hohmeyer an der Universität
Flensburg erarbeitet wurde. Nach den Ergebnissen des Gutachtens -
Titel: "Atomausstieg 2015 und regionale Versorgungssicherheit" - ist
der Abschied von der kommerziellen Nutzung der Atomenergie technisch
und volkswirtschaftlich schon bis 2015 machbar.

Die DUH hält einen schnellen Atomausstieg auch
verfassungsrechtlich für zulässig. "Wir empfehlen eine Regelung auf
der Grundlage von Kalenderjahren statt Reststrommengen", so
Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Nach dem DUH-Vorschlag würde als
letztes Atomkraftwerk der Reaktor Neckarwestheim 2 am 15. April 2017
endgültig stillgelegt.

Hohmeyer und Baake äußerten sich am Tag vor der für Donnerstag
anberaumten Expertenanhörung der "Ethikkommission für eine sichere
Energieversorgung" der Bundesregierung unter Leitung des früheren
Bundesumweltministers Klaus Töpfer.

Das Gutachten der Universität Flensburg widerlegt auf Grundlage
einer Analyse der regionalen Verteilung der abzuschaltenden
Atomkraftwerke, der zu erwartenden höchsten Stromnachfrage des Jahres
("Jahreshöchstlast") und der bestehenden Stromtransportmöglichkeiten
zwischen benachbarten Netzregionen die in den vergangenen Wochen von
interessierter Seite geäußerte Erwartung, bei einem schnellen
Atomausstieg werde es insbesondere in den Stromverbrauchzentren
Süddeutschlands zu Engpässen und Netzzusammenbrüchen kommen. "Die
Analyse zeigt eindeutig, dass für einen Atomausstieg bis Ende 2015
kein Netzausbau erforderlich ist", sagte Olav Hohmeyer, der auch
Mitglied des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU) der
Bundesregierung und Co-Autor eines kürzlich von dem Gremium
veröffentlichten umfangreichen Gutachtens zur Vollversorgung
Deutschlands mit Strom aus Erneuerbaren Energien bis 2050 ist.

Die gegenwärtige Diskussion über einen möglichst zügigen Um- und
Ausbau der Stromnetze sei dennoch "absolut notwendig, um den Übergang
in das regenerative Zeitalter bis 2050 oder sogar schon bis 2030 zu
schaffen, aber unwesentlich für einen schnellen Atomausstieg",
erklärte Hohmeyer.

Die andauernde Katastrophe von Fukushima habe entscheidende Teile
jener politischen und wirtschaftlichen Kräfte in der Gesellschaft
umgestimmt, "die das Restrisiko zuvor fälschlich als hypothetische
Größe missverstanden haben", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer
Baake. Da der Super-GAU auch in Deutschland jederzeit passieren
könne, sei "jedes Jahr, das die Atomkraftwerke früher abgeschaltet
werden, ein konkreter Gewinn an Sicherheit. Jetzt ist die Zeit reif
für einen klaren Schnitt und eine Beschleunigung des Atomausstiegs."

Dazu schlägt die DUH vor, in einer Novelle des Atomgesetzes die
bisherige Festlegung der Reaktorlaufzeiten auf Basis von
Reststrommengen, die noch erzeugt werden dürfen, aufzugeben und
stattdessen die Laufzeiten aller 17 Atomkraftwerke einheitlich auf 28
Kalenderjahre seit der Aufnahme des kommerziellen Betrieb zu
begrenzen. (Die daraus resultierenden Abschalttermine ergeben sich
aus der Anlage.) Baake erläuterte, dass sich die Investitionen in die
Anlagen spätestens nach 28 Jahren amortisiert und einen im
Rechtssinne "angemessenen Gewinn" abgeworfen hätten.
Entschädigungsforderungen der Betreiber wären unbegründet. Um kein
unnötiges Risiko bei einer zu erwartenden Klage der Betreiber vor dem
Bundesverfassungsgericht einzugehen, empfiehlt die DUH dennoch, eine
Entschädigungsklausel für noch nicht amortisierte
Sicherheitsinvestitionen in die Reaktoren seit dem "Atomkonsens" von
2001 ins Gesetz aufzunehmen.

Ergebnis des DUH-Vorschlags wäre, dass keines der im Rahmen des
Moratoriumsbeschlusses der schwarz-gelben Bundesregierung
abgeschalteten Atomkraftwerke wieder ans Netz gehen könnte. Ebenfalls
noch in diesem Jahr müsste das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld
stillgelegt werden und im kommenden Jahr der ohnehin seit bald vier
Jahren fast ununterbrochen abgeschaltete Pannenmeiler Krümmel sowie
das AKW Gundremmingen. Als letzter Reaktor würde im April 2017
Neckarwestheim 2 stillgelegt, der 1989 als letzter Meiler der alten
Bundesrepublik den kommerziellen Betrieb aufnahm. Baake: "Unser
Vorschlag reflektiert die von der Bundeskanzlerin betonte neue
Gesamtlage nach Fukushima, er ist einfach, rechtssicher umsetzbar
und, wie das Hohmeyer-Gutachten nachweist, technisch und
volkswirtschaftlich tragfähig". Die Möglichkeit, Strommengen zu
übertragen und durch eine "politische Fahrweise" Reaktoren über
Wahltermine zu retten, würde bei dieser Regelung entfallen.

Laut dem Gutachten der Universität Flensburg müssten zur
bundesweiten Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit lediglich
genehmigte und schon im Bau befindliche Gas- und Kohlekraftwerke
fertig gestellt werden. Der CO2-Ausstoß aus der Stromerzeugung sei
durch den europäischen Emissionshandel nach oben begrenzt und könne
sich europaweit nicht erhöhen. Er würde in Deutschland zunächst für
wenige Jahre leicht ansteigen, aber dann im neuen energiepolitischen
Rahmen wegen des beschleunigten Zubaus Erneuerbarer
Energiekapazitäten steiler absinken. Per Saldo ergäbe sich eine
niedrigere Belastung der Atmosphäre mit Treibhausgasen aus
Deutschland als nach den aktuellen Planungen.

Hohmeyer zeigte anhand von Börsendaten, dass sich ein
Strompreisanstieg nach der Abschaltung von sechs Atomkraftwerken
infolge der Reaktorkatastrophe von Fukushima nicht nachweisen lasse.
Ebenso wenig sei der zwischenzeitlich beobachtete Import von Strom
aus Tschechien und Frankreich auf Strommangel in Deutschland
zurückzuführen, sondern auf vorübergehend günstigere
Stromhandelspreise in diesen Ländern. Der Stromaustausch mit anderen
Ländern bewege sich im seit Jahren beobachteten Rahmen. "Ein
schneller Atomausstieg wird weder die Strompreise explodieren lassen,
noch die nationalen Klimaziele dauerhaft belasten oder dazu führen,
dass irgendwo in Deutschland die Lichter ausgehen", fasste Hohmeyer
die Ergebnisse der Untersuchungen zusammen.

Den DUH-Gesetzesvorschlag für einen schnelleren Atomausstieg sowie
das Gutachten "Atomausstieg 2015 und regionale Versorgungssicherheit"
der Universität Flensburg können Sie unter
http://www.duh.de/atomenergie_publikationen.html herunterladen.



Pressekontakt:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 2400867-0;
Mobil: 0151 55016943; E-Mail: baake@duh.de

Prof. Dr. Olav Hohmeyer, Professur für Energiewirtschaft, Universität
Flensburg, Auf dem Campus 1, 24943 Flensburg;
Tel.: 0461 8052533; Mobil: 0171 8328519;
E-Mail: hohmeyer@uni-flensburg.de

Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Klimaschutz und Energiewende,
Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin;
Tel.: 030 2400867-0; Mobil: 0160 94182496; E-Mail: ziehm@duh.de


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