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Lausitzer Rundschau: Das Langzeitgift der Stasi wühlt noch immer die Seelen auf

Geschrieben am 06-03-2011

Cottbus (ots) - Geschichte lebt - und leider nicht nur als eine
Erinnerung an gute alte Zeiten. Die Vergangenheit des Aushorch- und
Bevormundungs-Staates DDR bricht immer wieder in die Gegenwart und
verschafft sich den Raum, den sie braucht, um aufgearbeitet zu
werden. Der offene Brief der Fey-Söhne, in dem Philipp und Maciej Fey
ihre Sicht der Wahrheit darstellen, offenbart eine tiefe Verletzung,
die das DDR-System in die Seelen der Menschen gebrannt hat. Der
jüngere der beiden Kinder Ulrich Feys war zur Wende zehn Jahre alt -
und sieht sich nun gezwungen, eine Vergangenheit aufzuarbeiten, mit
der er als verantwortlich denkender und handelnder Mensch nichts zu
tun hatte. Die Geschichte ist heiß: Ein seit Jahren hoch angesehener
Mann - der IHK-Chef Ulrich Fey - wird plötzlich mit seiner
Stasi-Vergangenheit konfrontiert. Er gibt zu, sich über Jahre
mehrfach mit der Stasi getroffen zu haben und kommt automatisch in
den Verdacht, Täter zu sein. Gleichzeitig existiert eine 167 Seiten
dicke Opferakte, die Fey eindeutig als Kritiker des politischen
DDR-Alltags ausweist. In welchem seltsamen Zwischenbereich befindet
sich dieser Fall? Fest steht, er lässt sich nicht mit dem klassischen
Schwarz-Weiß-Schema von Gut und Böse greifen. Fragen grundsätzlicher
Art drängen sich auf: Wie beschreibe ich Opfer, die wie Täter, wie
Täter, die wie Opfer erscheinen? Kann ein Täter gleichzeitig Opfer
sein, aus einem Opfer ein Täter und aus einem Täter ein Opfer werden?
Neu sind diese Fragen nicht, aber befriedigend beantwortet auch
nicht. Das Ringen um Aufklärung und Geschichte geht weiter. Die
Aufarbeitung dieser Geschichte ist ein Stück Aufarbeitung von
Geschichte schlechthin. Und wenn man der scheidenden
Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler,
folgen will, ist in Brandenburg diesbezüglich noch sehr viel zu tun.
Das Land hatte einen unglücklichen Start in die neue Zeit, weil es
von einem Stasi-befangenen Ministerpräsidenten regiert wurde, der der
Aufarbeitung nicht die oberste Priorität einräumte und sie bisweilen
sogar als Angriff auf die Ostdeutschen schlechthin deutete. 20 lange
Jahre dauerte es, bis Stolpe im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit
der Einsetzung eines Stasi-Beauftragten in Brandenburg diesen Fehler
einräumte. Begründung: Es habe Wichtigeres zu tun gegeben. Ein
Denkfehler damals wie heute: Nichts war von Anfang an wichtiger, als
sich aus der Umklammerung der Geschichte zu befreien, um die Luft für
den Neuaufbau zu bekommen. Noch immer handelt es sich um eine
nervenaufreibende und mühselige Aufklärungsarbeit, die viel Feinsinn
benötigt. Das einfache Schwarz-Weiß-Opfer-Täter-Schema bringt die
Aufklärungnicht weiter. Möglich, dass der Fall Fey genau diese
Erkenntnis zu einer größeren Akzeptanz verhilft.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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