(Registrieren)

LVZ: Früherer Bundesbankpräsident Tietmeyer: Ostdeutschland 1989 aus Ruinen auferstanden

Geschrieben am 24-09-2010

Leipzig (ots) - Der frühere Bundesbankpräsident und Sonderberater
von Kanzler Helmut Kohl, Hans Tietmeyer, hat die Deutsche Einheit als
großen historischen Erfolg gewürdigt. "Natürlich sind im
Vereinigungsprozess auch Fehler gemacht worden, und das auch auf
unserer Seite. Richtig ist auch, dass Ostdeutschland zwei Jahrzehnte
nach der Wiedervereinigung noch nicht vollständig das wirtschaftliche
Niveau der alten Bundesrepublik erreicht hat. Dennoch: Ostdeutschland
ist seit 1989 im wahrsten Sinne des Wortes auferstanden aus Ruinen",
schrieb Tietmeyer in einem Gastbeitrag für die "Leipziger
Volkszeitung" (Sonnabend-Ausgabe).

Nicht befriedigen könne allerdings bis heute die
Beschäftigungssituation in den neuen Ländern. "Einen Teil der
Arbeitsmarktproblematik, die in den neuen Bundesländern entstehen
würde, haben wir in den Verhandlungen zur Wirtschafts-, Währungs- und
Sozialunion bereits kommen gesehen. Es war klar, dass eine
1:1-Umstellung der Löhne in der damaligen DDR die ohnehin großen
Probleme der damals international weitgehend nicht wettbewerbsfähigen
DDR-Wirtschaft enorm vergrößern würde." Die Löhne in der DDR bewegten
sich, was die Mark-Beträge anging, damals im Schnitt bei etwa einem
Drittel des Westniveaus. Mit Blick auf die absehbaren
wirtschaftlichen Verwerfungen hätten Ökonomen seinerzeit gefordert,
die Löhne höchstens 2:1 in D-Mark umzustellen. "2:1 hätte jedoch dazu
geführt, dass ostdeutsche Arbeitnehmer plötzlich mit einem Sechstel
der westdeutschen Durchschnittsbezüge dagestanden hätten.
Voraussichtlich wäre die Massenflucht aus der DDR dann weiter
eskaliert. Deshalb kam dies für die Politik letztlich nicht in Frag",
so Tietmeyer.

Leider sei 1990 eine schonungslose öffentliche Bestandsaufnahme
über den wirklichen Zustand der DDR und ihrer Wirtschaft
ausgeblieben. "Dazu hatte ich dem neuen DDR-Regierungschef Lothar de
Maizière nach der Märzwahl 1990 auch persönlich geraten. Mein
Argument dafür: Nur schonungslose Offenheit könne verhindern, dass
die junge demokratische Regierung für die zu erwartenden Probleme
beim Umstellungsprozess der DDR-Wirtschaft verantwortlich gemacht
würde. Leider ist Lothar de Maizière diesem Rat aus Rücksicht auf die
Sensibilität in der Bevölkerung damals nicht gefolgt." Noch heute
täuschten sich leider viele in Ost und West über den wirklichen
Zustand der DDR und ihrer Wirtschaft in den letzten Tagen der
deutschen Teilung. "Das verstellt ihnen leider oft auch den Blick auf
eine angemessene Würdigung dessen, was erreicht worden ist."

Ermutigend für die Zukunft sei vor allem der Blick auf die
ostdeutsche Bildungslandschaft. "Der Anteil der Menschen, die heute
die Hochschul- oder Fachhochschulreife beziehungsweise einen
Hochschulabschluss haben, ist in zwei Jahrzehnten um 75 Prozent
gestiegen. Junge Menschen haben demnach in Ostdeutschland heute
vielfach bessere Bildungschancen als vor dem Ende der DDR." Starke
Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Ostdeutschland zum
Beispiel in den Regionen Jena und auch Potsdam seien für Investoren
attraktive Standortmerkmale. "Was hier noch fehlt, sind Forschungs- &
Entwicklungskapazitäten in privaten Unternehmen. Dem Osten fehlen
leider immer noch eigene Firmenzentralen - er ist vielfach noch
verlängerte Werkbank des Westens. Hier rächen sich 40 Jahre, in denen
private unternehmerische Initiative aus ideologischen Gründen
ausgeschaltet wurde."

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

291384

weitere Artikel:
  • Stuttgarter Nachrichten: Geplante Erhöhung der Hartz-IV-Sätze Stuttgart (ots) - "Die Freude über die Erhöhung wird nicht lange anhalten. Unser Sozialstaat schaufelt sich mit solchen Erhöhungen sein eigenes Grab. Gerade jene, die auch in Zukunft auf ihn angewiesen wären, werden die Zeche bezahlen müssen. Für sie wird nicht mehr viel übrig bleiben. Schon jetzt ist unser Staat dabei, sich finanziell selbst zu strangulieren. Eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze wird diesen Prozess noch beschleunigen." Originaltext: Stuttgarter Nachrichten Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/39937 mehr...

  • Ostsee-Zeitung: OSTSEE-ZEITUNG Rostock zu Ahmadinedschad Rostock (ots) - Hat der Mann noch alle Tassen im Schrank? Das mag man sich nach dem Auftritt von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad vor der UN-Vollversammlung und seinen Ausfällen gegen die USA fragen. Er hat seine sieben Sinne beieinander, ist zu befürchten. Ahmadinedschads Auftreten als Hassprediger hat einen klaren Zweck: Er will seinen Landsleuten zeigen, dass er sich traut, die westliche Welt, vor allem die USA, zu provozieren, zu beleidigen. Und dass die Großmacht und ihre Verbündeten sich nicht wehren können. Dass ihnen mehr...

  • Neue Presse Hannover: Kommentar zu Hartz IV von Udo Harms Hannover (ots) - Das Klischee ist bekannt: Hartz-IV-Empfänger hängen vor der Glotze, ne Fluppe im Mundwinkel, ne Pulle Bier in der Rechten. Kein Wunder, dass Politiker gegen das Lotterleben auf Staatskosten wettern, vor allem aber dagegen, dass der Staat den Konsum von Drogen wie Alkohol und Tabak finanziert. 19 Euro pro Monat, das wurde von Amts wegen präzise berechnet, braucht ein Arbeitsloser für Genussmittel. Deshalb wurden diese Kosten bisher bei der Berechnung des Hartz-IV-Regelsatzes in Höhe von 359 Euro berücksichtigt. mehr...

  • Südwest Presse: KOMMENTAR zu STUTTGART 21, Ausgabe vom 24.09.2010 Ulm (ots) - KOMMENTAR zu STUTTGART 21, Ausgabe vom 24.09.2010 Miteinander reden ist sicher besser, als sich nur geharnischt am Bauzaun gegenüberzustehen. Doch nur Träumer können erwarten, dass beim Stuttgarter Bahnhofneubau noch ein Kompromiss möglich ist. Dazu sind die Alternativen zu unvereinbar. Und dazu sind zu viele irreparable Fehler gemacht worden. Die Befürworter haben zu lange mit "Augen-zu-und-durch-Mentalität" die Einwände weggewischt. Sie haben sich nicht getraut, rechtzeitig eine durchaus geforderte Bürgerbefragung mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Grüner Aufschwung Mit Risiken und Nebenwirkungen ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN Bielefeld (ots) - Für Gerhard Schröder war es klar: Bei Rot-Grün ist die SPD der Koch und die Grünen der Kellner. Doch die jüngsten Umfragen nähren Zweifel: Übernimmt der Kellner nun bald auch das Kochen? Was ist der Grund für den Höhenflug der einstigen Anti-Parteien-Partei? Die grünen Ursprungsthemen sind in aller Munde: Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Klimawandel, Nein zur Atomkraft. Wie eifrig sich mittlerweile auch die sogenannten Bürgerlichen um Baumbestand und seltene Tierarten sorgen, zeigt der Protest gegen das Bahnprojekt mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht