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Lausitzer Rundschau: Die SPD sucht eine Richtung

Geschrieben am 04-10-2007

Cottbus (ots) - Wenn Thomas Jurk eine Aktie wäre, dann wäre er
gnadenlos überbewertet. Damit soll nichts über die Leistungen des
Lausitzers als sächsischer Wirtschaftsminister gesagt sein - sondern
lediglich etwas über die Tatsache, dass der SPD-Landesvorsitzende
überhaupt in dieses bedeutende Amt kommen konnte, nachdem seine
Partei bei der Landtagswahl 2004 gerade einmal klägliche 9,8 Prozent
der Stimmen geholt hatte.
Sachsen mag ein Extrembeispiel sein. Aber wer die Prozentzahlen, mit
der Sozialdemokraten in den Parlamenten von Kiel bis München sitzen,
nebeneinander legt, dem wird klar, wie tief die Krise der Partei
tatsächlich ist. Über 40 Prozent liegt sie nur noch in
Rheinland-Pfalz, ansonsten ist die SPD von der Volks- zur
30-Prozent-Partei geworden. Und: Es spricht nichts dafür, dass sich
daran auf mittlere Sicht etwas ändert.
Für diese düstere Prognose gibt es eine Reihe von Gründen. Der
augenfälligste: das Personal. Während es den Vorsitzenden etlicher
Landesverbände nicht gelingt, bundesweit überhaupt auch nur
wahrgenommen zu werden, haben die wenigen Hoffnungsträger entweder -
wie Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck - ihre
bundespolitische Zukunft bereits hinter sich. Oder sie scheitern -
wie etwa die baden-württembergische SPD-Chefin Ute Vogt - schon an
der Notwendigkeit, irgendwann einmal eine Wahl gewinnen zu müssen, um
sich für Höheres zu empfehlen. Was bleibt sind Kurt Beck und die
sozialdemokratischen Minister der großen Koalition. Und, na ja,
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit.
Schwerer als das personelle wiegt aber das inhaltliche und, damit
verbunden, das strategische Problem der Partei. Das hat übrigens
nicht Kurt Beck zu verantworten - obwohl er derzeit vielen als
Prügelknabe herhalten muss, ist er doch nur der unglückliche
Verwalter des schweren Erbes von Gerhard Schröder. Der hatte 2003 -
also wohlgemerkt erst im fünften Jahr seiner sieben Jahre währenden
Kanzlerschaft - mit der Verkündung der Agenda 2010 eine Reihe von
Einschnitten in den Sozialstaat eingeleitet, die Deutschland fit für
die Zukunft machen sollten. Für diese Politik gab es zwar Beifall von
Ökonomieprofessoren, diversen Leitartiklern und dem politischen
Gegner. Gleichzeitig aber ist der SPD damit ihr politisches
Kerngeschäft Schaffung sozialer Gerechtigkeit abhanden gekommen. Ein
signifikanter Teil ihrer ureigensten Klientel, der
Arbeitnehmerschaft, kauft der Partei nicht mehr ab, dass sie wirklich
ihre Interessen vertritt. Eine Entwicklung, die den Raum für die
Entstehung einer bundesweiten Linkspartei schuf - aus
sozialdemokratischer Sicht eine strategische Katastrophe.
Wenn Kurt Beck jetzt in aller Vorsicht versucht, Teile der Agenda zu
korrigieren (beziehungsweise weiterzuentwickeln, wie er es
formuliert), dann ist das nicht nur eine verständliche Reaktion auf
dieses Dilemma, sondern die einzig mögliche, will die SPD in Zukunft
wieder Wahlen gewinnen. Becks innerparteiliche Gegner argumentieren,
die Agenda sei alternativlos und erfolgreich gewesen, ein Kurswechsel
deshalb nicht notwenig. Im Kern heißt das: Notfalls muss sich die SPD
eben zum Wohle des Landes opfern. Ein edler Gedanke. Nur: Wer sich
opfert, der ist am Ende eben tot.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
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