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WAZ: Tag der deutschen Einheit Es war einmal eine magische Nacht - Leitartikel von Rolf Potthoff

Geschrieben am 02-10-2007

Essen (ots) - Atemberaubend war jene Nacht des 9. November 1989.
Selbst die Dumpfesten des Volkes traf sie ins Mark. Unfassbare
Szenen: Menschen, die glücklich, staunend, unbehelligt Grenzstationen
passieren. Und das war doch die bis auf den Tod schärfstbewachte
Grenze der Welt. "Berliner tanzen auf der Mauer", schmiedete in jener
Nacht die WAZ ihre Schlagzeile zum historischen Tag der Deutschen.
Und wie hoffnungsvoll die Zeit damals vibrierte! Stumpf die atomare
Bedrohung, überwunden der Kalte Krieg. "Wind of change" der Scorpions
war der Spiegel des Lebensgefühls. Mit Gänsehaut schreibt man diese
Zeilen.

Ernüchterung hat das alles vergessen gemacht. Der Alltag war noch
stets der Feind der Vision und Kleingeist sein zuverlässigster
Helfer. Die Vollendung der Einheit gelang nicht mit dem
gesamtdeutschen Elan, wie es die pathetisch patriotische Euphorie des
Anfangs verhieß. Bis heute noch nicht.

Die "Brüder und Schwestern", für die man zur Weihnachtszeit einst
mitleidig Kerzen ins Fenster stellte, werden heute von vielen im
Westen als jammernde Bittsteller diffamiert; unfähig ihr Geschick in
die eigenen Hände zu nehmen; gierig nach Solidarpakt-Subventionen.
Und "drüben" wird vielfach (gerade von alten SED-Kadern) verklärende
Ostalgie zelebriert und das Zerrbild eines arroganten, kalten
Westens. Was Gräben vertieft, die es zweifellos gibt, oder
kaltschnäuzige Gleichgültigkeit nährt.

Das hat von Anfang an mit den Fehlern beim Ost-Aufbau zu tun. Mit
dem Irrglauben, "blühende Landschaften" finanziell mit links züchten
zu können. Mit dem erschreckenden Irrsinn, Abermilliarden gen Ost zu
transferieren, ohne die Verwendung auf Zweck, Sinn und Effizienz zu
prüfen.

Zu tun hat es auch mit politischer Ignoranz, die
rechtsextremistisches Treiben bis hin zu mörderischen Exzessen bis
heute noch nahezu ignoriert. Und es hat mit gesellschaftspolitischer
Blindheit zu tun: erst jetzt, da ganze Ortschaften ausbluten und
junge Frauen in den Westen abwandern, um überhaupt eine familiäre
Zukunft zu finden, wird das ganze Ausmaß der demografischen
Verwerfungen im Osten erkannt.

Um die Einheit final zu vollziehen, wird mehr nötig sein, als
Geld in die östlichen Länder zu pumpen. Auch mehr als die
Einheits-Jahrestage mit "Pflicht"-Festivitäten zu feiern, wie jetzt
in Mecklenburg-Vorpommern. Doch Fakt ist leider auch dies: Wo ist der
bzw. wer gibt den Impuls, der wenigstens einige Funken der magischen
Nacht jenes 9. November neu entzündet?

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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