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WAZ: Diskussion über Rechtsradikale: NPD-Verbot als Placebo für die Politik - Leitartikel von Hendrik Groth

Geschrieben am 26-08-2007

Essen (ots) - Es ist ja keine Frage, dass die pure Existenz der
NPD eine Schande ist. Auch außerhalb jeder Diskussion ist, dass der
Rechtsextremismus in seinen widerlichen Schattierungen schwer zu
ertragen und dass es geboten ist, mit dem Gesetz
gegen Straftäter aus dem braunen Sumpf vorzugehen. SPD-Chef Beck
springt aber zu kurz, wenn er nach den neuesten ausländerfeindlichen
Überfällen in Ost und West ein erneutes Verbotsverfahren gegen die
NPD fordert. Das Problem Fremdenhass ist in Deutschland mittlerweile
so schwierig in den Griff zu bekommen, dass oberflächlich ein Verbot
zwar helfen könnte, der schleichende Prozess aber, der seit Jahren zu
erkennen ist, nicht im Ansatz mit dem Strafrecht bekämpft werden
kann.

Welcher schleichende Prozess? Es sind Ereignisse oder
Entscheidungen, die zwar im jeweiligen Moment scharf kritisiert oder
auch hingenommen werden, dann in Vergessenheit geraten, irgendwie und
irgendwo aber weiter wirken. In der Summe ergibt sich daraus eine
Entwicklung, die frösteln lässt und von allen Verantwortlichen
Gegensteuern verlangt. Da ist etwa die Rhetorik der Parteien. Das
Asylrecht wird offiziell reformiert, de facto abgeschafft. Mit einer
Kampagne gegen die doppelte Staatsangehörigkeit wird eine
Landtagswahl gewonnen, was bleibt, ist die häufig gestellte und
schäbige Frage: "Wo kann ich gegen
Türken unterschreiben?"

Zu Koch gesellt sich Lafontaine, der seine Worte hervorragend
abwägen kann und dennoch Reflexe ganz rechts auszulösen vermag. Da
war ein FDP-Landesvorsitzender, der in Faltblättern Antisemitismus
verbreitete und dem noch heute in NRW mancher Liberaler nachweint.
Vorbilder von Menschen in Weltoffenheit sehen anders aus. Auch die
platten Verdächtigungen gegen den Osten der Republik sind dummes
Zeug. Sie verschleiern mehr, als dass sie etwas aufdeckten. Solingen
oder Mölln liegen eben nicht in Mecklenburg. Dazu kommen die
vordergründig unverdächtigen, aber absolut unpolitischen und falschen
Annahmen wie "unsere Politiker machen sich die Taschen voll", oder
dem "kleinen Mann hilft ohnehin niemand", die die Demokratie
verächtlich machen. Die Verlierer in der Gesellschaft sehen sich
damit zwar bestätigt, geholfen wird ihnen damit aber auch nicht.

Dies sind die (unvollständigen) Teile eines schleichenden
Prozesses, den es zu stoppen gilt. Gut gemeinte Appelle an
Zivilcourage wirken in diesem Zusammenhang eher hilflos und ein
NPD-Verbot gleicht dabei der langjährigen Einnahme wider besseren
Wissens von Placebos.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : feed://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

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Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de


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