 Allg. Zeitung Mainz: Nichts als Optimismus (zur Klausur in Meseberg)
Geschrieben am 24-08-2007 |
Mainz (ots) - Vieles an der Politik ist eine Frage der
Wahrnehmung. So haben sich die Mitglieder der Kabinettsklausur in
Meseberg folgerichtig auch alle Mühe gegeben, ein möglichst
harmonisches Bild abzugeben, die Gemeinsamkeiten zu bekräftigen und
nichts als Optimismus im Blick auf die zweite Halbzeit der großen
Regierungskoalition an der Spitze des Staates zu vermitteln. Rein
zufällig konnte Finanzminister Steinbrück diese atmosphärische Idylle
auch noch mit der Nachricht würzen, dass Deutschland erstmals seit
der Wiedervereinigung mehr Geld eingenommen als ausgegeben hat. Das
klingt toll, hat aber den Haken, nicht uneingeschränkt einer
Überprüfung standhalten zu können. Ganz nebenbei knirschte es in den
Niederungen der Landespolitik heftig zwischen den Ministerpräsidenten
Beck und Koch, beide im Rennen um die Gunst der Rentner. Und zwischen
dem SPD-Vorsitzenden und seinem Vizekanzler Müntefering ist das Klima
auch schon angenehmer gewesen.
Apropos. Im Reigen all der Beschlüsse von Meseberg ist die
Vorentscheidung zum Klimapaket wohl noch die mit Abstand
bedeutendste, gefolgt von der Absichtserklärung zur Behebung des
Fachkräftemangels. Also: Weniger Kohlendioxid, mehr Fachpersonal, und
zwar importiertes, wie zu vermuten ist. Auch beim Klimaschutz ist im
Grunde nur der kleinste gemeinsame Nenner fixiert worden.
Tempolimit, Schadstoffgrenzen für steuerlich begünstigte Autos,
Besteuerung des Flugbenzins - Reizthemen dieser Gefahrenklasse wurden
gar nicht erst auf die Tagesordnung gesetzt. Dynamik ist etwas
anderes als das, was das Kabinett demnach demonstrierte; immerhin
aber gibt es nun einen Themenplan für die kommenden zwei Jahre. Der
aber macht auch gleich wieder deutlich, wie Prozesse einer
kontroversen demokratischen Willensbildung doch eingeschränkt sind,
wenn eine große Koalition regiert. Sie muss nur sich selbst befragen.
Aber auch das ist oft schwer genug.
Originaltext: Allgemeine Zeitung Mainz
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