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Horst Seehofers Verbraucherinformations-Verhinderungsgesetz darf nicht in den Bundestag

Geschrieben am 21-04-2006

Berlin (ots) -

- Querverweis: Ein Dokument liegt in der digitalen
Pressemappe zum Download vor und ist unter
http://www.presseportal.de/dokumente abrufbar -

Deutsche Umwelthilfe analysiert die vom BMELV vorgelegte
"Formulierungshilfe" für ein Verbraucherinformationsgesetz und warnt
die Regierungsfraktionen, den Entwurf in den Bundestag einzubringen -
Stattdessen sollen die Abgeordneten eigene Vorstellungen entwickeln,
die das Versprechen von mehr Transparenz etwa bei
Lebensmittelskandalen einlösen.

21. April 2006: Der im Hause von Minister Horst Seehofer (CSU)
formulierte Entwurf eines Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) würde
bei unveränderter Verabschiedung das exakte Gegenteil von dem
bewirken, was er verspricht. Statt wie in der Zielformulierung
angekündigt "strukturelle Informationsasymmetrien zu Lasten der
Verbraucherinnen und Verbraucher" zu beseitigen und insgesamt mehr
Transparenz zu gewährleisten, dient das Regelwerk im Kern dem
umfassenden Schutz von Unternehmen und Behörden vor lästigen oder
insistierenden Auskunftsbegehren aus der Zivilgesellschaft. Das ist
das ernüchternde Ergebnis einer ersten Detailanalyse des Vorschlags,
die die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) als Umwelt- und
Verbraucherschutzverband jetzt vorgelegt hat.

Das Seehofer-Papier, das seit Anfang April unter der Überschrift
"Formulierungshilfe für die Regierungsfraktionen" den Abgeordneten
von Union und SPD vorliegt, soll von den Regierungsfraktionen in den
Bundestag eingebracht und möglichst noch vor der Sommerpause
verabschiedet werden.

"Dieser Gesetzentwurf, der als Reflex auf die jüngsten
Gammelfleisch-Skandale und die Entdeckung hoher Konzentrationen der
Druckchemikalie ITX in Fruchtsäften verkauft wird, qualifiziert Horst
Seehofer nicht als Verbraucherschutzminister sondern allenfalls als
begnadeten Orwell-Jünger", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen
Resch. Die gesamte "Formulierungshilfe" sei getragen vom unbedingten
Willen, Auskunftsbegehren von Bürgerinnen und Bürgern etwa bei der
Aufdeckung von Lebensmittelskandalen schon an den Unternehmenstoren
und Behördeneingängen abzuwehren.

Wirtschaft und Behörden bleiben nach den Vorstellungen des
Entwurfs von jeglichen aktiven Informationspflichten freigestellt,
Auskunftsansprüche gegenüber privaten Unternehmen sind gar nicht erst
vorgesehen, Informationsbegehren gegenüber Landes- oder
Bundesbehörden werden weitgehend und konsequent verhindert.
Inhaltlich wird der Anwendungsbereich des Gesetzes auf "Erzeugnisse
im Sinne des "Lebensmittel- und Futtermittelgesetzes (LFGB)"
eingeengt. Den Rest besorgen weit reichende "Ausnahmetatbestände",
unter die vor allem tatsächliche oder vorgebliche Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse fallen. Dabei sollen die Unternehmen - ohne
inhaltliche Begründung - selbst bestimmen können, welche Daten unter
das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis fallen, und deshalb nicht zur
Verfügung gestellt werden müssen. "So etwas als Gesetzeswerk zur
Herstellung von mehr Transparenz und Verbraucherrechten darzustellen,
erinnert tatsächlich massiv an das berühmte Neusprech in Orwells
Romanfiktion ´1984´", so Resch.

Unternehmen können nach dem Wortlaut der "Formulierungshilfe"
sogar noch im Nachhinein, also nachdem sie von den Behörden über
einen Auskunftsantrag unterrichtet wurden, alle für den konkreten
Fall relevanten Daten als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis
klassifizieren. Sicherheitshalber werden schließlich auch noch
"sonstige wettbewerbsrelevante Informationen, die in ihrer Bedeutung
für den Betrieb mit einem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis
vergleichbar sind", von der Bekanntgabepflicht befreit. Weiter sollen
weder Unternehmen noch Behörden verpflichtet werden, die Bevölkerung
aktiv und von sich aus über Funde belasteter Lebensmittel zu
unterrichten. Über ITX in Fruchtsäften oder anderen Lebensmitteln zum
Beispiel müssten die Behörden die Verbraucher und Verbraucherinnen
nach einer möglichen Verabschiedung des Gesetzentwurfs ebenso wenig
unterrichten wie nach der gegenwärtigen Gesetzeslage.

"Bundesminister Seehofer will sich mit einem
Verbraucherinformationsgesetz schmücken, das diesen Namen nicht
verdient", erklärte Cornelia Ziehm, die Leiterin Verbraucherschutz
und Recht der DUH. Dabei werde der Bedarf an Informationen nach
Gammelfleischskandalen, Pestizidfunden in Obst und Gemüse und ITX in
Fruchtsaftkartons "in der Geiz-ist-geil-Republik eher größer als
kleiner". Statt mit seinen eigentlichen Schutzbefohlenen, den
Verbraucherinnen und Verbrauchern, habe Seehofer seine
"Formulierungshilfe" erkennbar in enger Abstimmung mit der Industrie
formuliert.

In einem Schreiben, dem die DUH-Analyse des Seehofer-Entwurfs
beigelegt ist, hat die Umwelthilfe die Parlamentarier des
Verbraucherausschusses am heutigen Freitag aufgefordert, nicht
irgendwelchen "Formulierungshilfen" der Regierung zu folgen, sondern
selbstbewusst eigene Vorschläge für einen modernen Verbraucherschutz
zu entwickeln. "Das künftige Verbraucherinformationsgesetz", heißt es
in dem Brief der DUH, "ist so etwas wie die Magna Charta des
Verbraucherschutzes. Die Vorlage, die Ihnen aus dem BMELV vorgelegt
wurde, genügt diesem hohen Anspruch nicht im Mindesten. Diese Vorlage
darf erst gar nicht in den Bundestag eingebracht, geschweige denn
dort verabschiedet werden".

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=22521
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: Mobil.: 0171 3649170, Fax.: 030 258986-19, E-Mail:
resch@duh.de

Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Verbraucherschutz und Recht, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19,
Mobil: 0160 5337376, E-Mail: ziehm@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19, Mobil: 0171 5660577,
E-Mail: rosenkranz@duh.de


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