 Wiesbadener Kurier: Kommentar zu Linke
Geschrieben am 15-06-2007 |
Wiesbaden (ots) - Man muss die neue Partei "Die Linke" nicht
mögen, um den heutigen Zusammenschluss der west- und ostdeutschen
Sozialisten historisch zu nennen.
Mit diesem Schritt spiegelt sich die Wiedervereinigung auch in der
Parteienlandschaft wider und insofern handelt es sich um ein weiteres
Stückchen gesamtdeutscher Normalität. Aber auch um politische
Vergesslichkeit. Diese Partei wäre jedenfalls in der alten
Bundesrepublik angesichts der unmittelbar benachbarten DDR-Diktatur
undenkbar gewesen.
Niemand sollte sich Illusionen über den Charakter der neu gegründeten
Gruppierung machen. Diese Genossen streben den "Systemwechsel" an,
wie selbst ihr als gemäßigt geltender designierter Vorsitzender
Lothar Bisky schon vorab verkündet hat. Neben dem populistischen
Marktschreier Oskar Lafontaine und wenigen Reformern, die auch als
Sozialdemokraten durchgehen könnten wie André Brie, beherbergt die
Linke vor allem ein Sammelsurium aus alten SED-Kadern und gläubigen
Jungkommunisten wie der Rosa-Luxemburg-Imitation Sahra Wagenknecht.
Was den angestrebten demokratischen Sozialismus konkret ausmachen
soll, da bleiben die heutigen Gründerväter und -mütter bewusst
nebulös. Programmatisch betrachtet sieht die neue Partei ziemlich alt
aus.
In der praktischen Politik sieht das anders aus. Die PDS hat sich
aller Theorie zum Trotz bislang als beweglicher, der Realpolitik
keineswegs abholder Koalitionspartner in einigen Bundesländern
erwiesen. Das hat sie nicht davon abgehalten, als
Protest-Sammelbecken am linken Rand schon vor der Fusion erstaunliche
Wählerzahlen zu gewinnen, jedenfalls mehr als vergleichbare
postkommunistische Parteien in Westeuropa. Wie groß das Potenzial der
Linken in Westdeutschland ist, wird sich trotz des Erfolgs in Bremen
erst bei Wahlen in Flächenländern, etwa in Hessen, zeigen. Dass die
Partei zur dauerhaften Größe im bundespolitischen Parteienspektrum
aufrückt, ist spätestens mit der Fusion kaum noch zu bezweifeln.
Originaltext: Wiesbadener Kurier
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