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Der Tagesspiegel: Kein Disziplinarverfahren gegen "Koran-Richterin"

Geschrieben am 06-06-2007

Berlin (ots) - Die umstrittene "Koran-Richterin" des Frankfurter
Amtsgerichts muss nicht mit disziplinarischen Folgen rechnen. Wie der
in Berlin erscheinende "Tagesspiegel" (Donnerstag-Ausgabe) erfuhr,
hat das hessische Justizministerium die Ende März angekündigte
dienstrechtliche Überprüfung des Falles abgeschlossen und ein
förmliches Verfahren gegen die Juristin abgelehnt. Eine Sprecherin
von Hessens Justizminister Jürgen Banzer (CDU) sagte, die
Familienrichterin habe "im Kernbereich richterlicher Unabhängigkeit
gehandelt". Davor habe der Minister "großen Respekt". Der Deutsche
Richterbund, begrüßte Banzers Entscheidung. "Das ist völlig richtig",
sagte Geschäftsführer Lothar Jünemann.

Eine aus Marokko stammenden Deutsche hatte bei der Richterin
Prozesskostenhilfe für eine vorzeitige Scheidung von ihrem ebenfalls
aus Marokko stammenden Mann beantragt. Gegen den Mann lag ein
Strafbefehl vor, da er seine Frau misshandelt hatte. Die Richterin
erhob in einem Schreiben Bedenken gegen den Antrag und begründete
dies mit den Worten, die Ausübung des Züchtigungsrechts sei im
marokkanischen Kulturkreis nicht ungewöhnlich. Es sei der Frau
deshalb zuzumuten, das nach deutschem Recht obligatorische
Trennungsjahr abzuwarten. Es liege kein Härtefall vor, der zu einer
früheren Scheidung berechtige.

In der Öffentlichkeit war daraufhin der Eindruck entstanden, die
Frau müsse die Gewalttaten ihres Mannes weiter erdulden, weil sich
ein deutsches Gericht in einem förmlichen Beschluss ausdrücklich auf
den Koran beruft. Politiker aller Parteien empörten sich über
entsprechende Medienberichte. Der SPD-Innenexperte Dieter
Wiefelspütz, selbst ehemaliger Richter, forderte ein
Disziplinarverfahren. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber,
ebenfalls Jurist, sah in dem Vorgang die Unterwerfung unter den
Islam. Justizminister Banzer forderte die Akten des Falles zur
Untersuchung an und äußerte Verständnis für die öffentliche
Aufregung.

Tatsächlich hatte die Richterin zuvor Maßnahmen getroffen, die
Frau zu schützen. Es liegt auch kein Beschluss oder Urteil vor, das
auf den Koran verweist . Wie ein Sprecher des Frankfurter
Amtsgerichts erklärte, habe die Richterin der Frau die ehemals
gemeinsame Wohnung zugewiesen und dem Mann per Gewaltschutzgesetz
verboten, sich seiner Frau zu nähern. Erst als die Anwältin der Frau
nach dem Hinweisschreiben der Richterin einen Befangenheitsantrag
stellte, habe diese in einer dienstlichen Erklärung auf eine Sure im
Koran verwiesen, die ihrer Ansicht nach Männern ein Züchtigungsrecht
gegen Frauen einräume. Der Gerichtsssprecher bezeichnete die Haltung
der Richterin in dem Verfahren als "im Ergebnis vertretbar",
allerdings sei die Begründung "Quatsch" gewesen.

Die Richterin selbst hatte ihre schriftlichen Einlassungen
bedauert, will sich aber nicht mehr dazu äußern. Sie arbeitet
unverändert am Amtsgericht. Dem Befangenheitsantrag gegen sie ist
stattgegeben worden. Eine andere Richterin hat die Prozesskostenhilfe
für die vorzeitige Scheidung bewilligt.

Originaltext: Der Tagesspiegel
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=2790
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_2790.rss2

Pressekontakt:
Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de
 


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