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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Afrika

Geschrieben am 25-05-2007

Leipzig (ots) - Von Wolfgang Drechsler Afrikas MisereKnapp zwei
Wochen vor dem G8-Gipfel rückt Afrika in Deutschland plötzlich in den
Mittelpunkt. Von einem Tag auf den anderen wollen Medien und
Politiker entdeckt haben, dass der Kontinent viel stärker als
vermutet wächst und sich im Aufschwung befindet. Die Kanzlerin
ermutigt Deutschlands Wirtschaftsführer ausdrücklich zu einem
stärkeren Engagement im Afrika südlich der Sahara.
Woher der plötzliche Afro-Optimismus rührt, ist unklar. Denn auch 50
Jahre nach Beginn der Entkolonialisierung bleibt die Lage in Afrika
bedrückend - und eine wirkliche Wende zum Besseren ist nirgendwo in
Sicht. Vor dem Hintergrund einer Bevölkerungszunahme von drei Prozent
reichen die jüngst im OECD-Report vermeldeten Wachstumsraten von
durchschnittlich fünf Prozent jedenfalls nicht aus, um die tiefe
Armut auf dem Schwarzen Kontinent zu reduzieren. Der Zuwachs dürfte
schon deshalb ohne größeren Effekt bleiben, weil Afrika seinen
gegenwärtigen Aufschwung fast ausschließlich dem weltweiten
Rohstoffboom verdankt. Neue Strukturen sind nicht gelegt worden.
Dabei hatte vor fünf Jahrzehnten alles so hoffnungsvoll begonnen. Als
Ghana im März 1957 als erstes Land unabhängig wurde, war sein
Pro-Kopf-Einkommen genauso so hoch wie das von Südkorea und Taiwan.
Heute steht der Werdegang des ersten unabhängigen Landes in Afrika
symptomatisch für die Entwicklungsmisere eines ganzen Kontinents.
Bezeichnend dafür ist, dass Südkorea den westafrikanischen Staat
heute, exakt ein halbes Jahrhundert später, um das fast 40-fache an
Wirtschaftskraft überflügelt.
Echte Reformen beginnen mit Selbstkritik. Doch genau das hören
Afrikas Eliten höchst ungern, weil es ja hieße, die Verantwortung für
den Niedergang des eigenen Kontinents bei sich selbst zu suchen - und
einmal nicht den Europäern in die Schuhe zu schieben. Simbabwes
Diktator Robert Mugabe, der seinen früheren Musterstaat aus purer
Machtgier ruiniert hat, weil er auch nach 27 Jahren Alleinherrschaft
nicht abdanken will, ist der Prototyp dieser Geisteshaltung.
Mit seiner stark ausgeprägten Opferhaltung läuft Afrika Gefahr, sich
Jahr für Jahr immer stärker von den anderen Kontinenten abzukoppeln,
mit denen es international um Kapital konkurriert. Das ständige
Beharren auf immer neuen und höheren staatlichen Geldtransfers hat
stattdessen nur dafür gesorgt, dass Afrika im Westen heute fast nur
noch als unheilbar kranker Kontinent wahrgenommen wird, der außer
Flüchtlingen, Krankheiten und Instabilität wenig exportiert.
Dabei geht es in Afrika schon lange nicht mehr um Geld, sondern um
dessen sinnvolle Verwendung - und vor allem darum, seine korrupten
Machthaber abzuhalten, ihre Länder weiter so unverfroren wie bisher
zu plündern. Viel zu viele von Afrikas Führern haben sich ohnehin
längst daran gewöhnt, dass es Hilfe quasi im Abonnement gibt. Zudem
übersehen die vielen Kampagnen zur vermeintlichen Rettung Afrikas
allzu oft, dass gigantische Summen an Privatkapital um den Globus
zirkulieren, von denen bislang jedoch weniger als ein Prozent den Weg
nach Schwarzafrika gefunden haben. Einen größeren Misstrauensbeweis
für einen Kontinent kann es nicht geben.
@politik@lvz.de

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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