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WAZ: Was sie eint, was sie trennt: Blair, Clinton, Schröder - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 10-05-2007

Essen (ots) - Tony Blair, Bill Clinton, Gerhard Schröder: Es waren
die ersten, die als Popstars ihre Länder regierten; die öffentliche
Inszenierung als politisches Instrument etablierten; die Politik als
Ich AG personalisierten. Alle drei folgten mehr oder weniger
charismatischen Konservativen, alle drei wollten die Linke nicht
sozialistisch, sondern als "Dritten Weg". So weit ihre
Gemeinsamkeiten. Die Unterschiede indes überwiegen.

Clinton war wohl der Erfolgreichste, Blair der Ernsthafteste.
Verglichen mit dem Engländer war Schröder als Kanzler ein Sponti, bis
in die Inszenierung hinein, für die Blair ganze Planungsstäbe
beschäftigte. Schröder war deshalb bei Gottschalk, weil der ihn
einfach angerufen und der Kanzler ebenso spontan zugesagt hatte.

Blair hatte eine Mission. Er wollte partout mit der alten,
sozialistischen Tradition brechen. Aus Old Labour wurde New Labour.
Nach hartem Kampf. Blair und seine intellektuellen Mitstreiter Peter
Mandelson und Anthony Giddens definierten Gleichheit als Gleichheit
am Start, nicht am Ende als Ergebnis staatlicher Eingriffe. Für sie
war Sozialpolitik kein Wert an sich. Vielmehr war ihnen klar, dass
Sozialleistungen aus wirtschaftlichem Wachstum finanziert werden
müssten. Anstatt Träumen von einer besseren Welt nachzuhängen,
wollten sie die Linke mit der Globalisierung versöhnen. Blair wollte
überzeugen und ließ von seiner Idee auch nicht ab, als die Kritik
zunahm, auch aus der eigenen Partei. Er war ein Steher, vom ersten
bis zum letzten Tag.

Schröder hat das gemeinsame Papier mit Blair nie gegen die
Lafontainisten in der SPD verteidigt. (Als Blair dies gewahr wurde,
kühlte die Beziehung merklich ab.) Seiner Agenda 2010 fehlte die
intellektuelle Grundierung, die Idee. Er hat lediglich von seinen
Staatssekretären zusammentragen lassen, wo man noch sparen könne. Dem
technokratischen Sammelsurium fehlte damit jede Leidenschaft, mit der
man nicht nur ein Volk, sondern auch die eigene Partei mitnehmen
kann. Die Folgen sind heute noch zu besichtigen: Die SPD weiß zwar,
woher sie kommt, nicht aber, wohin sie will. Sie mäandert zwischen
Leistungsträgern und Prekariat durch die politische Landschaft wie
ein Bach durch die Gräser. Weil sie nichts hat, für das sie kämpfen
kann, sehnt sie sich nach der altlinken Idylle oder verschlingt halt
ihre Vorsitzenden.

Blair, der Überzeugungstäter, hat für eine zeitgemäße linke
Partei gekämpft. Er war damit, trotz Irak-Abenteuers, erfolgreich.
Schröder lebte den Tag. Und machte vor allem sein Ding. Das macht den
Unterschied.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

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Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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