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Klimavorsorge: Masterplan oder Desasterplan?

Geschrieben am 06-02-2007

Essen (ots) - Bis 2050 soll weltweit die Nutzung von Kohle, Öl und
Gas weitgehend, die der Kernenergie vollständig beendet werden:
Konkret - fast alle Energiequellen der heutigen globalen
Energieversorgung müssten aufgegeben werden. Die Weichen dafür sind
innerhalb der nächsten 10 Jahre zu stellen. Das sind Kernpunkte der
Studie "Globale Energie-(R)Evolution" von Greenpeace und EREC, dem
europäischen Dachverband der regenerativen Energien. Diese Studie ist
kürzlich als "Masterplan" zur Abwendung des Klimawandels präsentiert
worden. Behauptet wird, mit diesem Masterplan könne der weltweite
CO2-Ausstoß bis 2050 halbiert und die globale Klimaerwärmung auf 2
Grad Celsius begrenzt werden. Solche Vorstellungen werden gegenwärtig
in den Medien und Teilen der Politik intensiv verbreitet, obwohl sie
fern der Realität und energiepolitisch gefährlich einseitig sind.
Ohne das Anliegen der globalen Klimavorsorge in Abrede zu stellen:
Solche extremen und "revolutionären" Versprechungen münden in einen
Desaster- und nicht in einen Masterplan. Auch wohlwollende Kommentare
haben festgestellt, dass die Studie, die Greenpeace und EREC bei
einigen geneigten Forschungsinstituten als "Machbarkeitsstudie"
beauftragt hatten, "erkennbar eilig zusammengeschrieben ist" und
"Dutzende Fehler" enthält, weil sie vermutlich unbedingt noch vor der
Veröffentlichung des neuen Berichts des Weltklimarats IPCC erscheinen
sollte (siehe Süddeutsche Zeitung vom 26.1.07).

Denn grundsätzliche Bedenken bestehen: Lässt sich allein durch
energiepolitische Maßnahmen - die zudem weltweit abgestimmt sein
müssten - das hochkomplexe und auch einem natürlichen Wandel
unterliegende Klimageschehen der Erde von der Menschheit derart
beeinflussen, dass die Erderwärmung auf 2 Grad Celsius begrenzt
werden kann? Doch damit befasst sich die Studie erst gar nicht. Als
Voraussetzung für die "globale Energie-(R)Evolution" à la Greenpeace
und EREC wird der massive Ausbau regenerativer Energien im
Zusammenspiel mit einem weltweit drastischen Energiesparen angesehen.
Statt einer Zunahme des Weltenergieverbrauchs um 92 % bis 2050, wie
es die Internationale Energie-Agentur (IEA) in ihrem Trendszenario
vorhersagt, hält die Greenpeace/EREC-Studie absolute Einsparungen
gegenüber heute um rd. 3 % für möglich, also eine Halbierung
gegenüber dem Trend. Das alles soll möglich sein ohne negative
Auswirkungen für das Wirtschaftswachstum - trotz einer Verdreifachung
des heutigen Energiepreisniveaus, trotz eines erwarteten Anstiegs der
Weltbevölkerung von heute 6,3 auf dann 8,9 Mrd. Menschen und trotz
einer dabei rechnerisch erforderlichen Absenkung der
Pro-Kopf-Emissionen der Menschheit um gut zwei Drittel. Ein
schlüssiger Nachweis dieser Behauptungen wird nicht geführt.

Es sind jedoch nicht nur handwerkliche Mängel, die jeden
Sachkundigen schnell stutzig werden lassen. Überdeutlich ist nämlich
vor allem eines: Der "Masterplan" von Greepeace/EREC ist in erster
Linie ein gewaltiges Verkaufsförderungsprogramm für die erneuerbaren
Energien. Ein umfassendes Klimavorsorgekonzept oder eine Bewertung
der Erfolge und Misserfolge der bisherigen internationalen
Klimapolitik behandelt die Studie gar nicht. Außer exorbitantem
Energiesparen sowie einem (bis 2050 auf das Fünffache) steigenden
"CO2-Preis" - die Maßnahmen dafür werden allerdings offen gelassen -
zielt die Studie einzig und allein auf den Ausbau der erneuerbaren
Energien als klimapolitisches Patentrezept. Diese würden schrittweise
"wirtschaftlich"- wovon sie heute noch weit entfernt sind -, wenn
konventionelle Energiequellen als Konkurrenzenergien entsprechend
massiv verteuert würden. Das ist die simple ökonomische Zwecklogik
der Studie.

Durch diese Setzungen ermöglicht es das Szenario, dass in der
Modellrechnung bis 2050 die Hälfte des weltweiten
Primärenergieverbrauchs aus regenerativen Energien gedeckt wird
(heute 13 %). In der Stromerzeugung wären es sogar etwa 70 % und im
Wärmesektor 65 %. Lediglich im Verkehrssektor hält die Studie so
große Anteile bis 2050 nicht für möglich, auch wenn Biokraftstoffe
verstärkt zum Zuge kommen sollen. Im Bereich der Stromerzeugung
ergeben sich daraus bei einzelnen Arten von erneuerbaren Energien
indessen gigantische Zuwachsraten. Die ohne Absicherung durch
konventionelle Kraftwerke gar nicht verlässlich einsetzbare
Windkraftkapazität würde gemäß diesem Masterplan weltweit um 9000 %
(!) gesteigert und damit zur bedeutendsten Energiequelle in der
globalen Stromerzeugung vor der heute noch extrem teuren und völlig
unbedeutenden Stromerzeugung auf solarer Basis, die noch höhere
Zuwachsraten hätte.

Damit das alles gelingen kann bzw. "um die Energie-(R)evolution
Wirklichkeit werden zu lassen" und "einen gefährlichen Klimawandel zu
vermeiden", müssten aber unbedingt auch folgende Voraussetzungen
geschaffen werden (wörtliches Zitat):

- "Die Verabschiedung rechtlich bindender Ziele für erneuerbare
Energien;
- Die Gewährung einer festgelegten und sicheren Rendite für
Investoren;
- Der garantierte bevorzugte Zugang zum Stromversorgungsnetz für
Stromerzeuger aus erneuerbaren Energien."

Das wäre wohl der Wunschtraum jedes Unternehmens und jedes
Wirtschaftszweigs: Dauerhaft garantierter Absatz und fester,
staatlich garantierter Gewinn unter Befreiung von nahezu allen
Marktrisiken, und das weltweit. Hinsichtlich der Instrumente zum
Erreichen dieser Ziele wird eine ganze Reihe von Möglichkeiten
dargelegt die sogar in Kombination eingesetzt werden sollen: Die
Palette reicht von (stetig zunehmenden) Abnahmequoten und festen
Einspeisevergütungen bis hin zu spezifischen Investitionshilfen und
Steuererleichterungen.

Während für die regenerativen Energien also jegliche
Subventionierung unterstützt wird, soll sie für andere Energieträger
verboten werden. Eine Abwägung der Ziele, die der Rechtfertigung der
Subventionen dienen, erfolgt nicht. Das Umweltziel wird über alles
gestellt. Ausdrücklich sieht die Studie als weitere Voraussetzung an:
"Ausstieg aus allen Subventionen für fossile Brennstoffe und
Atomkraft sowie die Internalisierung der externen Kosten". Dabei
wendet sich die Studie gegen alle Subventionen für konventionelle
Energien weltweit, die sich nach UN-Angaben auf ca. 250-300 Mrd.
US-Dollar belaufen sollen. Besonders hervorgehoben werden davon
jedoch 63 Mrd. US-Dollar, die nach Berechnungen des Worldwatch
Institute weltweit an Kohlesubventionen gewährt werden. Wie diese
Zahlen berechnet worden sind, bleibt allerdings unklar. Laut Studie
entfallen davon allein auf Deutschland 21 Mrd. US-Dollar. Der
deutsche Steinkohlenbergbau hat aber 2006 nur 2,5 Mrd. Euro an
öffentlichen Hilfen erhalten. Darin sind die Beihilfen zur Deckung
von Stilllegungsaufwendungen und Altlasten einbezogen, die nichts mit
der laufenden Produktion zu tun haben. Auf die Steinkohlenförderung
entfiele hierzulande somit nur ein Bruchteil der von der Studie
kritisierten Kohlesubventionen.

Zu diesen werden hier demnach die im Marktpreis nicht
berücksichtigten "externen Kosten" gezählt, die auch bei der Nutzung
der Braunkohle und der Importsteinkohle anfallen. Unter "externen
Kosten" versteht die Studie generell allein die den fossilen
Energieträgern zugerechneten negativen Umwelt- und Klimawirkungen;
nicht aber die weitreichenden Umweltbeeinträchtigungen, die mit dem
Ausbau der regenerativen Energien auf breiter Front einhergehen
würden. Das sind beispielsweise der enorme Flächenverbrauch und die
Landschaftszerstörungen wie bei Wind-, Solar- und Wasserkraftanlagen.
Ebenso zu nennen: Die ökologische Problematik erhöhter land- und
forstwirtschaftlicher Produktion oder Abfallnutzung - denn genau das
stellt die bislang hierzulande größte erneuerbare Energiequelle dar,
die Biomasse.

CO2-freie (und weitaus kostengünstigere) technologische
Alternativen zu den erneuerbaren Energien werden von der Studie
strikt ausgeschlossen. Das gilt zum einen für die Kernenergie wegen
ihrer bekannten anderweitigen Umweltrisiken. Zum anderen sind nach
Ansicht von Greenpeace aber auch "jegliche Absichten zur
CO2-Abscheidung und -lagerung (mit denen eine weitgehend CO2-freie
Nutzung von Kohle oder Gas möglich werden könnte) abzulehnen". Die
dafür vorgeschobenen Umweltgründe sind jedoch wenig belastbar. Auch
hier wird ideologisch und nicht sachlich argumentiert.

Geopolitische Risiken werden komplett ausgeblendet, weshalb auch
bedenkenlos auf eine Ausweitung des Erdgaseinsatzes und damit von
Erdgasimporten sowie sonstigen Energieimporten gesetzt wird.
Verschwiegen wird, dass auch und gerade bei den erneuerbaren Energien
Probleme mit der Versorgungssicherheit bestehen wegen ihrer
Unstetigkeit infolge ihrer großen Abhängigkeit vom Naturgeschehen,
erst recht bei der angenommenen Zunahme von Wetterextremen durch den
Klimawandel.

Fazit:

Nachhaltigkeit wird einseitig und eng definiert, negative
Einwirkungen durch erneuerbare Energieträger werden verschwiegen. Die
Auswirkungen des Masterplans auf die Wirtschaftlichkeit, Sicherheit
und auch Umweltverträglichkeit der Energieversorgung sind
zweifelhaft: Überhaupt nicht erwähnt werden die damit verbundenen
tiefgreifenden ökonomischen und sozialen Verwerfungen wie etwa der
zwangsläufige Verlust hunderttausender bestehender Arbeitsplätze in
der Energiewirtschaft und Industrie in Deutschland. Grundlage für
eine verantwortliche Klima-, Umwelt- und Energiepolitik kann das
nicht sein.

Originaltext: GVST GV d. deut. Steinkohlebergbaus
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=54802
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_54802.rss2

Pressekontakt:
Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus
Andreas-Peter Sitte
Rellinghauser Str. 1
45128 Essen
Tel.: 0201/177-4320
Fax: 0201/177-4271
E-Mail: andreas-peter.sitte@gvst.de


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