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NRW-Sozialminister Laumann knüpft Reform der Pflegeversicherung an Bedingungen

Geschrieben am 01-02-2007

Berlin (ots) - Breiter Konsens: Pflegeversicherung braucht mehr
Geld

Die ständige Steigerung der Qualitätsstandards in der Pflege, ohne
gleichzeitig auch entsprechende zusätzliche Finanzmittel zur
Verfügung zu stellen, ist von dem nordrheinwestfälischen
Sozialminister Karl-Josef Laumann bei der Tagung des Bundesverbandes
privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) mit 350 Teilnehmern am
Montag in Berlin kritisiert worden. Eine Reform der
Pflegeversicherung macht ohne zusätzlichen Finanzmittel aus seiner
Sicht keinen Sinn: "Eine Pflegeversicherungsreform, die alles wieder
nur wunderbar umschreibt, aber dann substanziell am Ende nichts dafür
in die Hand nimmt, die sollten wir uns gemeinsam ersparen."

Schon in der Vergangenheit ist aus seiner Sicht der Fehler gemacht
worden, immer mehr Leistungen zu definieren, ohne das Geld dafür
bereitzustellen. "Mit der Pflegeversicherung wollten wir insbesondere
erreichen, dass in den stationären Einrichtungen Menschen, die bevor
sie Pflegefälle wurden, nicht einer staatlichen Leistung bedurften,
nicht durch die Tatsache, dass sie pflegebedürftig werden, in ein
Grundsicherungssystem abrutschen. Die bisherigen Sachleistungsbeträge
waren unterschiedlich, um die Menschen aus staatlichen
Transferleistungen herauszuholen."

Durch eine Beitragssatzsteigerung könnte aus Sicht von Armin Lang,
Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen
und Sozialdemokraten im Gesundheitswesen (ASG), das notwendige
Finanzvolumen für die Pflegeversicherung bereitgestellt werden: "1,7
% Pflegeversicherungsbeitrag ist für uns kein Dogma!"

Neben der Finanzierung der Pflegeversicherung wurde auch die
künftige Gestaltung der Sachleistungsbeträge diskutiert. Für die
Stärkung der ambulanten Pflege durch Anhebung der Sachleistungsbezüge
ohne Absenkung der stationären Leistungsbeträge sprach sich die
pflegepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hilde
Mattheis, aus: "Ich befürworte nicht, dass die stationären Leistungen
abgebaut werden."

Der pflegepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Heinz
Lanfermann, warf der Regierung in dieser Frage Hilflosigkeit vor:
"Wir haben von der Bundesregierung keinerlei Lösung für das
wichtigste Problem, nämlich wie man angesichts der demographischen
Entwicklung die dauerhafte Finanzierung wenigstens dessen, was heute
geleistet wird, sicherstellen will."

Unterschiedliche Ansichten gab es bei der Bewertung der
Pflegeversicherung. Während Lanfermann die von Norbert Blüm
eingeführte Umlagefinanzierung bei der Pflegeversicherung als
"Fehlentscheidung" bezeichnete, ist nach Minister Laumann die
Pflegeversicherung eine "große Erfolgsstory". "Die Pflegeversicherung
hat es auch geschafft, dass sie die Sozialhilfeabhängigkeit von - vor
Einführung der Pflegeversicherung - von rund 60 % der Menschen auf 40
% der Menschen absenken konnte. Deswegen hat die Pflegeversicherung
in einem erheblichen Umfang die Träger der Sozialhilfe in Deutschland
entlastet."

Diese grundsätzlich positive Bewertung der Pflegeversicherung
wurde von Willi Zylajew, pflegepolitischer Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, geteilt: "Es gibt keine
Sozialversicherung, die seit zwölf Jahren keine Beitragserhöhung
gehabt hat. Zwölf Jahre keine Steuerzuschüsse! Sagen Sie mir, welches
andere System so hervorragend funktioniert!"

Auch Armin Lang legte Wert auf den Erfolg der Pflegeversicherung.
Die Einführung der Pflegeversicherung ist aus seiner Sicht die
"größte kommunale Finanzreform, die je durchgeführt wurde".

Minister Laumann widersprach in diesem Zusammenhang der
Behauptung, dass ein zu starker Anreiz zur Inanspruchnahme von
stationären Pflegeeinrichtungen besteht: "Es gibt in
Nordrhein-Westfalen keinen Sog in die stationären Einrichtungen."

Zum Vorgehen bei der anstehenden Reform der Pflegeversicherung
sagte Hilde Mattheis: "Wir brauchen eine Reform. Mir wäre es am
liebsten gewesen, wenn wir schon jetzt eine Neudefinition des
Pflegebegriffs hätten berücksichtigen können."

Ob es aber überhaupt zu einer Reform der Pflegeversicherung kommt,
wird von Heinz Lanfermann bezweifelt. Er befürchtet, dass es bei der
Pflegeversicherung aufgrund von "Verschiebungen am laufenden Band bis
zur nächsten Bundestagswahl gar keine Reform" geben wird. Angesichts
der Gesundheitsreform warnte er, es dürfe bei der Pflegereform keine
Einigung geben, nur um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Dann ist
"nach dem Murks vor dem Murks".

Auch Elisabeth Scharfenberg, pflegepolitische Sprecherin der
Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen, äußerte erhebliche
Bedenken im Hinblick auf die Reform der Pflegeversicherung durch die
Bundesregierung: "Wenn wir sehen, was jetzt in der Gesundheitsreform
passiert ist, wird mir schwindelig und schwarz vor Augen, was da im
Bereich der Pflegeversicherungsreform auf uns zukommt."

Der Unterabteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium,
Matthias von Schwanenflügel, verwies hingegen auf acht konkrete
Leistungsverbesserungen für Pflegebedürftige, die bereits mit der
aktuellen Gesundheitsreform in Kraft treten sollen. Zu der
Neustrukturierung der Qualitätssicherung im Zuge der
Pflegeversicherungsrefom sagte er: "Hier denken wir darüber nach, die
Expertenstandards stärker in das SGB XI zu implementieren." Es werde
überlegt, dass Einrichtungen, die ein internes Qualitätsmanagment
stärker umsetzen, hinsichtlich der Häufigkeit und Prüftiefe durch den
MDK profitieren könnten.

Von Schwanenflügel kündigte ebenfalls eine Entbürokratisierung im
Zuge der Pflegerform an. Diese fand die Zustimmung Willi Zylajews,
dem zu viele bürokratischen Auflagen durch die Pflegeversicherung ein
Dorn im Auge sind: "Das sichert Bürokraten für Generationen die
Arbeit, aber nicht Pflegekräften."

bpa-Präsident Bernd Meurer, der die Tagung moderierte, hielt als
Ergebnis fest: "Eins hat sich wieder bestätigt: Die
Pflegeversicherung braucht mehr Geld und die Pflegebedürftigen
brauchen eine Dynamisierung der Sachleistungs-beträge. Die Frage, wie
wir das finanzieren und was der Gesellschaft die Pflege wert ist,
müssen wir in der Öffentlichkeit diskutieren. Dazu haben wir heute
den Anfang gemacht."

Originaltext: bpa - priv. Anbieter sozialer Dienste
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=17920
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_17920.rss2

Pressekontakt:
Für Rückfragen: Herbert Mauel, Bernd Tews, 030 / 30 87 88 60.


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