 Westdeutsche Zeitung: Seehofer = von Alexander Marinos
Geschrieben am 16-01-2007 |
Düsseldorf (ots) - Stoibers Rücktritt ist unausweichlich. Sein
Angebot, 2008 nicht unbedingt wieder als Spitzenkandidat in die
bayerische Landtagswahl zu gehen, reicht nicht aus. Stoiber wäre als
Ministerpräsident nur noch ein Auslaufmodell, eine "lame duck" (lahme
Ente). Mit einer solchen in die Kommunalwahlen im März nächsten
Jahres zu watscheln, ist für die stolze CSU undenkbar. Hinzu kommt
die unerträgliche Schmutzkampagne gegen Horst Seehofer, der erste
Wahl als neuer Parteichef wäre. Höchstwahrscheinlich hat Stoiber
damit so wenig zu tun wie mit der Bespitzelung der Fürther Landrätin
Gabriele Pauli. Doch als langjähriger Partei-Patriarch trägt er die
politische Verantwortung dafür, dass es in der CSU einen Nährboden
für derartige Intrigen gibt.
In Sachen Seehofer kommen zwei unappetitliche Dinge zusammen: Da
sind auf der einen Seite die politisch Verkommenen, die gezielt
Indiskretionen streuen. Auf der anderen Seite gibt es die
journalistisch Verkommenen, die das dankbar aufgreifen und in
verkaufsträchtige Schlagzeilen gießen. Früher einmal galten in
Deutschland - anders als in Großbritannien oder in den USA - die
Regeln des Respekts, die es prinzipiell verbaten, über das
Privatleben von Politikern zu berichten. Heute empören sich jene
Scheinheiligen über die angeblichen Untugenden eines Horst Seehofer,
die das Wort "Tugend" selbst nicht buchstabieren können.
Letztlich schadet jeder weitere Sudel-Artikel über Seehofer auch
der CSU, der Großen Koalition und der politischen Kultur insgesamt.
Nur mit Seehofer als neuem Parteichef lässt sich die CSU wieder
stabilisieren - und damit die ganze Union. Denn auch in der CDU
beobachtet man mit zunehmender Nervosität, was sich die bayerische
Schwester da leistet. Und Nervosität war noch nie besonders hilfreich
beim Regieren.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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