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LVZ: Zu Schäuble/Flugzeugabschuss

Geschrieben am 02-01-2007

Leipzig (ots) - Quasi-demokratisch
Von Dieter Wonka
Eigentlich ist Innenminister Wolfgang Schäuble einer der
souveränsten Regierungspolitiker der großen Koalition. Er weiß
Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Er erweckt den Eindruck, einen
Plan zu haben und nach diesem zu handeln. Das hebt ihn weit heraus
aus der Gruppe der Übungspolitiker rund um Merkel. Schäuble ist ein
starker Minister. Quasi.
Im Kampf gegen den Terrorismus und in der Vorkehrung für den ganz
großen Eventualfall verfolgt Schäuble unbeirrt seinen Plan, dass nur
die Bundeswehr mit einem kriegszustandsähnlichen Einsatz im Inneren
den größtmöglichen Schutz gewährleisten kann. Es scheint fast, als
sei dies sein Quasi-Lebensplan, dem der CDU-Politiker alles
unterordnet - auch sein Ansehen als Verfassungsminister. Denn die
Einführung eines "Quasi-Verteidigungsfalles" als Bestandteil der
Innenpolitik ist politisch nicht machbar. Das widerspräche dem
Koalitionsgeist und es wäre hinterrücks am Verfassungsgericht vorbei
gehandelt.
Mit quasi-demokratischen Tricks sollte niemand versuchen, Leben gegen
Leben abzuwägen. Wo wäre in Extremsituationen das Ende des Zumutbaren
erreicht - bei der Quasi-Folter, der Quasi-Todesstrafe oder erst bei
der Quasi-Diktatur? Schäuble tut gut daran, sich nicht dem Vorwurf
aussetzen zu wollen, er habe nicht zeitig und nicht dramatisch genug
vor den möglichen Folgen eines von Terroristen verursachten Desasters
gewarnt. Er als Person will sich keine Schuld ankreiden lassen und
der Staat soll handlungsfähig genug sein, um Gefahren abzuwehren und
seine Bürger zu schützen. Dabei muss auch bis an die Grenze des
Zumutbaren gedacht werden. Aber schon der Verdacht ist verräterisch,
hier könnte es sich um ein Mittel zum Zweck handeln.
Wenn es um Abwägungsfragen von Leben und Tod geht, ob kriminell,
terroristisch oder pseudo-politisch verbrämt, sind auch schmerzhafte
Konsequenzen inbegriffen. Verantwortungsträger stoßen dabei an ihre
Grenzen, egal ob ihre Entscheiderstühle in Flugzeugen oder in
Ministerien oder im Kanzleramt stehen. Keinem Druck von außen
nachgeben: Das muss das Prinzip bleiben. Menschenleben mit
Menschenleben verrechnen zu wollen, ist als Entscheidungsgrundlage
unzumutbar. Es wäre eine Illusion anzunehmen, für jeden Extremfall
ließen sich vorab Regeln festlegen, nach denen Abwehrverhalten
normiert werden kann. Einen solchen Quasi-Rundum-Vorsorge-Schutz gibt
es nicht. Ebenso wenig wie den vorbeugenden Freispruch nach dem
Motto:Ich habe es doch schon immer gesagt.
Etwas ganz anderes ist der merkwürdige Alarmismus gewisser
Regierungspolitiker, die jetzt über Schäubles Quasi-Idee empört sind.
Das sind die gleichen, die vorher nichts dabei fanden, ein Gesetz zu
beschließen, das den staatlich sanktionierten Abschuss eines auch
zivil besetzten Terror-Flugzeuges in eine Grauzone einbettete. Das
sind - nicht nur quasi - Feiglinge.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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