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Der Tagesspiegel: Staatsrechtler an der Freien Universität Berlin, Professor Christian Pestalozza: Der Abschuss besetzter Passagiermaschinen ist nicht gesetzlich regelbar

Geschrieben am 02-01-2007

Berlin (ots) - Der Staatsrechtler an der Freien Universität
Berlin, Christian Pestalozza, sagte dem Tagesspiegel zu den
Vorschlägen für ein neues Luftsicherheitsgesetz aus dem
Bundesinnenministerium: "Die Tötung Unbeteiligter ist nicht regelbar.
Sie ist unter Umständen legal, aber nicht regelbar."

Der Extremfall, dass ein von Terroristen als Waffe eingesetztes
Passagierflugzeug abgeschossen werden müsse, um noch mehr
Menschenleben zu retten, könne eintreten, eine Entscheidung müsse
dann getroffen werden - und im Rahmen eines "übergesetzlichen
Notstands" werde dann möglicherweise eine Abschussentscheidung als
schuldfrei beurteilt.

Pestalozza erinnert an die jahrewährende Diskussion um den finalen
Rettungsschuss, die gezielte Tötung eines Täters durch die Polizei
als letztes Mittel, etwa um eine Geisel zu retten. Auch hier bestehe
eine ähnlich unregelbare Situation, obwohl es gerade nicht um einen
Unschuldigen gehe.

In einem übergesetzlichen Notstand kann nach den juristischen
Kommentaren "als einziges unabweisbares Mittel" ein Rechtsgut
geopfert werden, wenn dafür ein gleichwertiges gerettet wird. Und das
Rechtsgut kann im Fall einer Flugzeugentführung durch Terroristen das
Leben der Besatzung und der Passagiere sein.

Den konkreten Formulierungsvorschlag aus dem Innenministerium
("ein sonstiger Angriff auf die Grundlagen des Gemeinwesens" als eine
Art Kriegsfall zu definieren, in dem auch die Bundeswehr eingesetzt
werden kann) beurteilt der Jurist Pestalozza darüber hinaus als
erstens zu vage, und zweitens erlaube der Einsatz der Bundeswehr im
Inneren nicht automatisch die Tötung Unbeteiligter.

Insbesondere aber enthebe einen auch nicht eine Art Kriegsfall des
durch das Bundesverfassungsgericht aufgestellten Problems: das der
Menschenwürde. "Wenn Artikel 1 im Spiel ist, ist er im Spiel." Weder
durch ein Gesetz, noch durch eine Verfassungsänderung komme man um
das Urteil herum. "Es bleibt das Restrisiko, dass man nach einem
Abschuss zur Verantwortung gezogen wird. Das Rechtssystem ist so."

Für Rückfragen:
Barbara Junge
Redaktion Politik
030/26009-627

Originaltext: Der Tagesspiegel
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=2790
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_2790.rss2

Pressekontakt:
Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de
 


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