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LVZ: Merkel begrüßt Flügel-Diskussion in der Union / Kanzlerin nimmt Bundespräsident in Schutz / Bekenntnis zu eigenen Gefühlen und zur Doppelfunktion von Kanzlerin und CDU-Vorsitz

Geschrieben am 25-11-2006

Leipzig (ots) - Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela
Merkel hat, unmittelbar vor dem am Montag beginnenden
CDU-Bundesparteitag in Dresden, angesichts der internen Debatten um
Flügel und Reformen klargestellt, dass mit ihr an der Spitze nur ein
"Kurs der Mitte" zu machen sei.

In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung"
(Sonnabend-Ausgabe) hob Merkel hervor: "Als Physikerin sage ich
Ihnen: Flügel schaffen Auftrieb." Seit sie als CDU-Vorsitzende
amtiere, habe sie immer dafür geworben, dass die drei Grundströmungen
in der CDU - christliche Soziallehre, Wirtschaftsliberale und
Wertkonservative - sich intensiv an der Debatte um den Kurs der
Partei beteiligen. Aber: "Meine Aufgabe als Parteivorsitzende ist es,
genau diesen Kurs der Volkspartei der Mitte zu bekräftigen und
darzustellen. Dabei sind wir auf einem guten Weg", meinte Frau
Merkel. Es habe im Übrigen "schon Zeiten in der CDU gegeben, in denen
die Flügel viel streitiger um den Kurs der Union gerungen haben als
heute".

Die CDU-Vorsitzende versicherte, dass sie "in der Sache" hinter
dem Parteitags-Antrag von Nordrhein-Westfalen stehe, der eine
altersabhängige Zahlungsverlängerung für das Arbeitslosengeld I
vorsieht. Dies entspräche der gültigen Beschlusslage der CDU. Aber
das sei nur ein Teil. "Dieser Punkt bleibt für uns ebenso richtig wie
andere Forderungen aus unserem Wahlprogramm 2005, beispielsweise nach
betrieblichen Bündnissen für Arbeit oder einer Flexibilisierung beim
Kündigungsschutz." Doch für die Koalitionsarbeit gelte: "Das
Regierungshandeln muss von allen drei Parteien getragen werden
können."

Zugleich rief die Kanzlerin und Parteivorsitzende die Parteien
dazu auf, sich mit ihrer Kritik am Bundespräsidenten zurückzuhalten.
Horst Köhler hatte zuvor die CDU-Initiative zum Arbeitslosengeld I
bemängelt. Es sei "das gute Recht des Bundespräsidenten", sich zu
allen Fragen zu äußern. Aber es täten "alle gut daran, sich mit
öffentlichen Kommentierungen zu Aussagen des Bundespräsidenten
zurückzuhalten", so Merkel. Sie rate dazu, "nicht Konflikte in etwas
hineinzulegen, wo keine Konflikte sind". Alle verantwortlichen
Politiker der Koalition sähen die Notwendigkeit weiterer Reformen in
Deutschland. "Allerdings müssen wir mitunter um die konkreten
Maßnahmen ringen. Aber wir kommen voran, wie auch die positive
Entwicklung des Arbeitsmarktes und des Bundeshaushaltes zeigen,
meinte Merkel mit Blick auf eine gewisse Reform-Ungeduld, die auch
vom Bundespräsidenten thematisiert worden war.

Für die Union gebe es dabei "keinerlei Grund, unsere
Wahlprogrammatik von 2005 für obsolet zu erklären", meinte Merkel mit
Blick auf umstrittene Leipziger Reformbeschlüsse der CDU. Es reiche
aber nicht aus, zu sagen, der Leipziger Reformparteitag von 2003 sei
wichtig und richtig gewesen. "Das war er, aber wir müssen jetzt den
Blick in die Zukunft richten und uns zugleich mit den Problemen von
heute auseinandersetzen. Die Menschen haben Sorgen, sie haben Ängste.
Wir als Union müssen dafür Antworten finden." Ihrer Partei riet sie
erneut, Meinungsumfragen nicht allzu wichtig zu nehmen. Sie verwies
auf das 40-Prozent-Ergebnis der CDU bei den Kommunalwahlen in
Niedersachsen. "Das ist ein Ergebnis, das ich für die Union auch im
Bund durchaus für machbar halte."

Vorwürfe, sie selbst würde als kühl wirkende Vorsitzende nicht
immer die Herzen der Mitglieder erreichen, wies Merkel entschieden
zurück: "Die Mitglieder nehmen mich so, wie ich bin. Eine große
Volkspartei, die so viel für Deutschland geleistet hat, zu führen,
ist eine großartige Aufgabe. Und Gott sei Dank gehören Gefühle auch
zu meinem Wesen. Und das wissen die Parteimitglieder auch." Es habe
außerdem nur Vorteile, wenn das Amt der Vorsitzenden und der
Kanzlerin bei ihr in einer Person vereint seien. "Daran ändert sich
nichts", meinte Frau Merkel. "Und die Partei hat das auch so
entschieden."

Die Bundeskanzlerin rief in dem Interview dazu auf, die Bekämpfung
des Rechtsextremismus in Deutschland als lang andauernde Aufgabe für
alle Demokraten und auch als Aufgabe der Medien anzunehmen. "Man darf
dabei auch keine einfachen Erklärungsmuster zulassen. Es gibt
keinerlei akzeptable Ausrede für jemanden, der rechtsradikal wählt.
Auch nicht die hohe Arbeitslosigkeit." Die Demokraten müssten sich
"aber im Klaren sein, dass wir es dabei mit einem dauerhaften Thema
zu tun haben", so Angela Merkel. "Da wird es keine schnellen und auch
keine einfachen Lösungen geben. Ich ermutige auch die Medien, dieser
Thematik konstante Aufmerksamkeit zu schenken."

Für die künftige Koalitionsarbeit kündigte die Kanzlerin in dem
Interview an, dass es für die Regierung auch neue, zum
Koalitionsvertrag zusätzliche, Initiativen geben werde. "Zunächst
arbeiten wir miteinander weiter an den gemeinsam festgelegten Themen
wie der Reform der Unternehmenssteuern, der Pflegeversicherung. Dann
gibt es Themen, die ergeben sich wie der Libanoneinsatz, bei dem die
Koalition schnell zu großer Gemeinsamkeit fähig war. Und wir werden
zum Beispiel mit der SPD über unsere Idee des Investivlohns sprechen.
Herr Struck hat das positiv begleitet. Dann kann man die Frage
bestimmt zusammen anpacken", zeigte sich Merkel überzeugt.

Sie schloss auch weitere Klausuren nicht aus, um gemeinsame
Initiativen der Regierung fortzuentwickeln. "Wir werden immer wieder
außerhalb der regulären Kabinettssitzungen zusammenkommen, wie wir
das in Genshagen oder vor kurzem in der Villa Borsig zur
EU-Ratspräsidentschaft getan haben. Es ist wichtig, in Ruhe über
grundsätzliche Aufgaben zu diskutieren."

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Büro Berlin

Telefon: 030/72626-2000


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