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Nach dem Stopp der Rußfilterförderung: Union muss ihre Bundestagsfraktion zur Räson bringen

Geschrieben am 24-11-2006

Berlin (ots) -

- Querverweis: Dokumente liegen in der digitalen
Pressemappe zum Download vor und sind unter
http://www.presseportal.de/dokumente abrufbar -

Allianz "Kein Diesel ohne Filter" wirft der Politik vor, bei der
Russfilterförderung die Gesundheit der Bürger den Interessen
rückständiger Autohersteller zu opfern - Seit fünf Jahren torpedieren
Spitzenmanager die Förderung von Partikelfiltern: Jetzt sind sie fast
am Ziel

24. November 2006: Nach dem voraussichtlichen Scheitern der
steuerlichen Förderung von Dieselpartikelfiltern in Deutschland hat
die Allianz "Kein Diesel ohne Filter" die "zunehmende Fernsteuerung
der Politik durch mächtige Konzerninteressen" beklagt. Die deutschen
Autohersteller hätten über fünf Jahre hinweg "geradezu virtuos die
vorhandenen Interessengegensätze zwischen Bund und Ländern im
föderalen System" für ihre Blockadestrategie ausgenutzt und sich am
Ende auf ganzer Linie durchgesetzt.

Im letzten Akt der Auseinandersetzung sei es darum gegangen, zum
Jahresbeginn 2007 den wegen der Mehrwertsteuererhöhung befürchteten
Absatzeinbruch bei den Pkw-Verkaufszahlen nicht durch einen Anreiz
zur Nachrüstung von Diesel-Altfahrzeugen mit Partikelfiltern zu
verstärken. Die zuletzt ausgehandelte Förderung ist nach Überzeugung
der Rußfilterallianz ohnehin ein lauer Kompromiss, vor allem weil sie
den künftigen Verkauf ungefilterter Neuwagen nicht mit einer
"Strafsteuer" bestraft. Das eigentliche Ziel, nämlich die
unbestritten ungeheure Zahl vorzeitiger Todesfälle in den hoch
belasteten Ballungszentren zu mindern, habe - anders als in anderen
europäischen Ländern - in der jahrelangen Auseinandersetzung nie eine
entscheidende Rolle gespielt.

Anfang der Woche hatte sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion
geweigert, den kürzlich zwischen Bundesregierung und Bundesländern
ausgehandelten Kompromiss zur Förderung nachgerüsteter Dieselfilter
im Bundestag zu behandeln, um so den Abschluss des
Gesetzgebungsverfahrens noch in diesem Jahr zu ermöglichen. Dabei
geben die Blockierer offen zu erkennen, dass sie die zur
Gegenfinanzierung der Nachrüstung zwischen Bund und Ländern
ausgehandelte steuerliche Belastung ungefilterter Diesel-Pkw ab
Jahresbeginn 2007 verhindern wollen. Schon die Tatsache, dass es sich
dabei um Jahresbeträge von etwa 20 Euro (nicht einmal eine halbe
Tankfüllung) pro Jahr für einen durchschnittlichen Diesel-Pkw
gehandelt hätte und sich diese Beträge durch den nachträglichen und
vom Staat mit 330 Euro geförderten Einbau eines Rußfilters weiter
hätten verringern lassen, nährt Zweifel, dass die Sorge um die
Portemonnaies der Wählerinnen und Wähler bei der Entscheidung
überhaupt eine Rolle spielten.

"Wir stellen fest, dass DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche
bereits im Frühjahr 2006 die Filternachrüstung gegenüber der
Bundesregierung ausdrücklich ablehnte und stattdessen zynisch für die
Konzentration der Politik auf die Verkaufsförderung von Neuwagen
plädierte. Wir stellen weiter fest, dass der baden-württembergische
CDU-Abgeordnete Volker Kauder, der praktischerweise auch
CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender ist, bei der Blockade-Entscheidung eine
tragende Rolle gespielt hat", sagte Jürgen Resch,
Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH). Nach den
Erfahrungen der vergangenen fünf Jahre glaube er nicht mehr an
Zufälle, wenn es in der Filterauseinandersetzung zu überraschenden
Wendungen der Politik im Sinne zuvor erhobener Forderungen der
Autohersteller komme. Zu oft sei später die gezielte Einflussnahme
der Autohersteller nachgewiesen worden. Resch: "DaimlerChrysler-Chef
Zetsche darf nicht länger die Entscheidungshoheit über
gesundheitspolitische zentrale Entscheidungen haben. Wir fordern die
Abgeordneten der Union auf, die jahrelangen Versprechungen bezüglich
der Filterförderung endlich einzuhalten". Politik dürfe die
Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger nicht den Gewinninteressen der
Konzerne opfern, wenn schon diese selbst bei ihrer Prioritätensetzung
alle ethischen Maßstäbe vermissen lasse. Resch forderte die
Delegierten des bevorstehenden Bundesparteitags der CDU auf, die
Notbremse zu ziehen. "Die Partei muss die Bundestagsabgeordneten der
CDU daran erinnern, dass sie den Bürgerinnen und Bürgern und ihrem
Gewissen verantwortlich sind, aber nicht den Interessen rückständiger
Automobilunternehmen. Und sie muss die Unionsfraktion konkret
auffordern, die Verabschiedung des Gesetzentwurfs nicht länger zu
blockieren." So könne die Regelung wie vorgesehen zum 1. Januar 2007
in Kraft treten.

"Die CDU/CSU-Fraktion gefährdet mit dieser Entscheidung die
Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger", sagte Gerd Lottsiepen, der
verkehrspolitische Sprecher des Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD).
Der Kompromiss, auf den sich Bundesregierung und Bundesländer in
langwierigen und zähen Verhandlungen geeinigt hätten, werde wieder
aufgeschnürt. Damit sei die Gefahr groß, dass die steuerliche
Förderung der Nachrüstung nicht nur weiter verzögert, sondern
komplett verhindert werde. Ohne eine staatliche Unterstützung würden
jedoch auch künftig nur wenige der rund 10 Millionen Diesel-Pkw auf
deutschen Straßen nachgerüstet. Lottsiepen erinnerte die Delegierten
des bevorstehenden CDU-Parteitags daran, "dass jeder Monat
Verzögerung bei der Eindämmung der Feinstaubbelastung Menschenleben
kostet. Eine endgültige Blockade wäre gleichbedeutend mit der
bedingungslosen Kapitulation der Politik vor den rückständigsten
Vertretern der Automobilindustrie." Bernd Pischetsrieder, der sich
über Jahre als vehementester Gegner gesundheitsschützender Technik
profiliert habe, "muss seinen Posten als VW-Chef zum 1. Januar 2007
verlassen. Einen besseren Tag, die steuerliche Förderung der
Filtertechnik endlich zu starten, hätte es kaum geben können", so
Lottsiepen.

Stefan Krug, der Leiter der politischen Vertretung von Greenpeace
in Berlin, erinnerte eindringlich an die Verantwortung der Politik:
"Tag für Tag sterben allein in Deutschland fast 50 Menschen an
Dieselruß. Sie verlieren nach Berechnungen der
Weltgesundheitsorganisation durchschnittlich zehn Jahre ihrer
Lebenszeit. Insgesamt sprechen wir von 75.000 Feinstaub-Toten und
zusätzlich 21.000 Krankenhauseinlieferungen in unserem Land und zwar
jedes Jahr wieder." Die Nachrüstung der Dieselflotte mit Russfiltern
sei nach Überzeugung von Medizinern und Epidemiologen die wichtigste
Maßnahme zur Bekämpfung dieser unhaltbaren Zustände, insbesondere in
den Ballungszentren. Krug: "Die Blockierer in den Autokonzernen, den
Bundesländern und den Regierungsparteien treten das Grundrecht der
Menschen auf körperliche Unversehrtheit mit Füßen. Was in diesen
Tagen geschieht, erfüllt den Tatbestand der Beihilfe zum Totschlag".

Werner Reh, Referent für Verkehr des Bund für Umwelt und
Naturschutz e.V. (BUND), wies darauf hin, dass die Unionsfraktion mit
dem Stopp des Gesetzgebungsverfahrens zur Filterförderung sogar
Parteifreunde vor den Kopf stoße. "Mit ihrer Blockadehaltung stellt
die CDU/CSU-Bundestagsfraktion unter Beweis, dass die Bekenntnisse
der Union zur kommunalen Autonomie und zum mündigen Verbraucher nur
für Sonntagsreden taugen. Am Montag lässt sie ihre eigenen
Kommunalpolitiker allein und verhindert aktiv, dass die
CDU-Oberbürgermeister, die zum Beispiel in Düsseldorf, Stuttgart oder
Hamburg zielführende Feinstaub-Aktionspläne aufgestellt haben, die
Gesundheit ihrer Bürger wirksam schützen können. Stattdessen will die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Autoindustrie offensichtlich vor
technischen Innovationen schützen." Reh sagte, er hoffe auf einen
"Aufschrei der Empörung von der Basis spätestens beim bevorstehenden
Parteitag."

Dietmar Oeliger, der verkehrspolitische Sprecher des
Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU)
wies darauf hin, dass die geltenden EU-Grenzwerte für Feinstaub in
diesem Jahr bundesweit schon an über 300 Messstellen überschritten
worden seien. An rund 60 Messstellen sei dies sogar an mehr als den
gesetzlich tolerierten 35 Tagen geschehen. Es sei ein Armutszeugnis,
dass ein Land wie Deutschland das Feinstaub-Problem mehr als sieben
Jahre nach dem entsprechenden EU-Beschluss nicht einmal im Ansatz in
den Griff kriege. Kaum ein Instrument zur Senkung der
Feinstaubbelastung sei auf Bundesebene umgesetzt. Stattdessen
entwickle sich ein Flickenteppich zwar begrüßenswerter
Einzelmaßnahmen in vielen Kommunen, die jedoch sämtlich hilflos
blieben ohne entschlossene Rückendeckung aus dem Bund. Oeliger: "Wer
nicht sät, kann nicht ernten! Diese simple Erkenntnis trifft auch auf
die unsägliche Partikelfilterdiskussion zu. Nur wer wirksame
Instrumente zur Senkung der Feinstaubbelastung anwendet, wie den
flächendeckenden Einbau und die steuerliche Förderung von
Partikelfiltern, wird die Feinstaubbelastung in unseren Kommunen auf
ein gesundheitsverträgliches Maß beschränken können. Andere
europäische Länder machen vor wie es geht."

In einer Aufstellung unter dem Titel "Rußfilterförderung und
Maßnahmen gegen Dieselruss in Europa" hat die Allianz "Kein Diesel
ohne Filter" eine Reihe von Ländern aufgelistet, in denen Maßnahmen
zur raschen Einführung sauberer Dieselfahrzeuge bereits in Kraft
sind. Im Gegensatz zu Deutschland werden rußfreie Diesel-Pkw unter
anderem in Österreich, die Schweiz, die Niederlande und Dänemark
gefördert. Die Aufstellung hängt dieser Pressemitteilung an.

"KEIN DIESEL OHNE FILTER" ist ein breites Aktionsbündnis aus
Umwelt- und Verbraucherverbänden, Verkehrs- und Automobilclubs,
Gesundheitsexperten und Kinderschutzbund. Wissenschaftlicher Berater
ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf. Nach seiner
Gründung im Herbst 2002 hat sich das Bündnis zum Ziel gesetzt, durch
eine breit angelegte Aufklärungskampagne Druck auf die
Automobilindustrie und die Politik zur durchgängigen Einführung des
Dieselrußfilters auszuüben, und die Verbraucher über die Gefahren von
Dieselruß und verfügbare Filtertechnologien aufzuklären.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=22521
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178
Berlin, Mobil: 0171/3649170, Fax: 030/258986-19, resch@duh.de

Dr. Werner Reh, Bund für Umwelt und Naturschutz e.V. (BUND), Am
Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, Tel.: 030/27586-435, Mobil:
0171/4997927, Fax: 030/27586-440, werner.reh@bund.net

Gerd Lottsiepen, Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), Kochstr. 27,
10969 Berlin; Tel.: 030/28035111, Mobil: 0171/8824449, Fax:
030/28035110, gerd.lottsiepen@vcd.org

Stefan Krug, Greenpeace e.V., Marienstr.19-20, 10117 Berlin, Tel.:
030 308899-0, Fax: 030/ 308899-30, stefan.krug@greenpeace.de

Dietmar Oeliger, NABU e.V., Invalidenstr. 112, 10115 Berlin, Tel.:
030/284984 0, Mobil: 0172/ 9201823, Fax.: 030/284984 84,
dietmar.oeliger@nabu.de


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