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WAZ: Hilflose Rituale helfen nicht: Zwei Seiten der Gewalt - Kommentar von Sigrid Krause

Geschrieben am 21-11-2006

Essen (ots) - Nein, auch diesmal ist der Schrecken nicht aus dem
Nichts gekommen. Sebastian B. hat ihn akribisch vorbereitet und der
Welt verkündet. Gelesen und verstanden wird seine Botschaft erst
hinterher.

Reflexartig gibt es wieder die bekannten Forderungen: Dass
menschenverachtende, bluttriefende Video-Spiele verboten werden
müssen zum Schutz der jungen Leute. Dass Lehrer und Schüler geschützt
sein müssen in ihren Klassen. Es sind berechtigte Anliegen - nur
leider kein Fall für den Gesetzgeber, weil selbst schärfste
Strafandrohungen keinen Attentäter bremsen werden.

Meldungen über gewalttätige junge Leute haben Hochkonjuktur: Ein
18-jähriger wird von drei Zellengenossen gefoltert und ermordet, aus
Langeweile und weil gerade keiner guckt. Davor sorgten Jugendliche
für Schlagzeilen, die Gleichaltrige verprügelten oder vergewaltigten
für den Video-Clip im Internet. Jetzt ein Attentäter, der vier Jahre
nach Erfurt seinen starken Abgang noch dramatischer öffentlich
vorbereitet hat. Hilflos steht die Republik vor dem Phänomen.

So hilflos wie vor einem anderen: Die Zahl der Babys und
Kleinkinder, die durch ihre (jungen) Eltern zu Tode kommen, steigt.
Mitten in einer Gesellschaft, die das Leben mit Kindern gerade neu
entdeckt und feiert, geraten ausgerechnet sie zunehmend in Gefahr.
Fast 80 000 Kleinkinder sind in diesem Land akut von Vernachlässigung
bedroht, ihr Sterben ist für die Experten ein kalkulierbares Risiko
geworden.

Beides hat nichts miteinander zu tun? Ganz im Gegenteil, sagt
einer wie Karl Landscheidt: Wer als 18-Jähriger spektakulär seinen
Selbstmord inszeniert, tut dies nicht spontan. Welches Kind später im
Leben Probleme haben wird, ist für ihn schon in den ersten
Lebensjahren erkennbar. Dabei kann vieles "auffällig" sein: Besonders
aggressives Verhalten gehört dazu und Hyperaktivität, aber auch
stille Depressionen oder das autistische Ausklinken aus der
Gemeinschaft. Wer als Kind mit solchen Handicaps ins Leben startet,
scheitert später leicht; die meisten versanden in lebenslanger
Arbeitslosigkeit und Armut, einzelne aber schlagen sich im Wortsinn
durchs Leben. Oder beenden es mit einem Knall.

Anti-Gewalt-Trainings, Streitschlichter-Programme,
Hiphop-Workshops - all' diese Versuche, gerade Jungen Alternativen
zum Zuschlagen anzubieten, sind gut und richtig. Erreichen aber nicht
die, die Hilfe besonders dringend brauchen. Früh hinschauen - das
bewahrt Kinder vor dem Abdriften in die Gewaltspirale. Und: richtig
reagieren.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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