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WAZ: Generation ohne Kinder - Kommentar von Britta Heidemann

Geschrieben am 21-03-2006

Essen (ots) - Ich habe keine Kinder. Dieser Satz gleicht einem
Eingeständnis heutzutage, er hat fast schon eine Schwere wie einst
dieser: Ich habe abgetrieben. Vielleicht werden, 2012 oder so, einige
mutige Frauen ihre Gesichter hergeben für eine Kampagne. Es werden
jüngere und ältere Frauen sein, und wenn man sie fragen würde, würden
sie Antworten geben.

Sie würden ungefähr so gehen: Ich habe nie den richtigen Mann
kennen gelernt. Als ich den Richtigen kennen lernte, war es ja schon
zu spät. Ich hatte Angst, das nicht zu schaffen. Es hat sich nicht
ergeben (also: Ich hatte Angst, es nicht zu schaffen). Wir waren uns
nicht sicher. Als wir dann wollten, hat es nicht geklappt. So also
wären die Antworten, selten nur so: Ich dachte, das würde meiner
Karriere schaden. Wenn der Staat nur mehr
Kinderbetreuungsmöglichkeiten geschaffen hätte! Wenn das Elterngeld
nur höher gewesen wäre, früher, schneller, länger! (Auch dies wäre
kaum zu hören: Wenn nur die Hormonbehandlung nicht so teuer wäre!)

Denn die Wahrheit ist ja: Wenn man Kinder bekommen will (und
kann), bekommt man sie. Bekommt sie mitten in Kriege hinein und
natürlich auch ins Heute. Bekommt sie während des Studiums, des
Praktikums, während des dritten Berufsjahres oder des zehnten.

Das Problem: Das Wollen setzt Selbstvertrauen voraus. In sich,
seine Entscheidung. Vertrauen in den Partner, in die Belastbarkeit
der Beziehung. In dies: etwas zu haben, das sich weiterzugeben lohnt.
Wenn man genau hinschauen würde, 2012 oder so, in die Gesichter der
Kinderlosen, würde man womöglich sehen: Ihnen fehlte jenes Vertrauen.
Die Unsicherheit hat zu tun mit Wahlmöglichkeiten, mit der
Selbstständigkeit der (meisten) Frauen. Das ist kein Paradox: Wo die
Mutterkarriere nicht mehr selbstverständlich ist, man sie frei wählen
kann, beginnt das Nachdenken, Zweifeln – an sich, am Partner, siehe
oben. Da mag vielen Frauen die Laufbahn der Managerin vergleichsweise
kinderleicht erscheinen. Die Unsicherheit hat also zu tun mit
Gesellschaft und Wandel, ist aber letztlich: privat.

Das nötige Vertrauen lässt sich daher nicht subventionieren,
zumindest nicht mit Mitteln, die ein demokratischer Staat gemeinhin
so zur Verfügung hätte. (Vielleicht: Zwangstherapien für alle
Kinderlosen? Das unfreiwillige Elternjahr im Kinderdorf in
Bangladesh?) Es lässt sich auch nicht durch Drohungen erzwingen, auch
nicht durch die infamsten, abstrusesten – die Angst vor einem Kind
kann ja durchaus größer sein als die Angst vor halber Rente.

Die nun so heftige geführte Debatte trifft den Kern nicht, kann
ihn gar nicht treffen. Kinder kriegen oder nicht ist eine private
Entscheidung, keine gesellschaftspolitische – und sie fällt, so oder
so, oft genug gegen den Willen der Beteiligten. Zwei Gründe, die
Anklagen fallen zu lassen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Rückfragen bitte an:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Telefon: (0201) 804-0
Email: zentralredaktion@waz.de


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