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LVZ: Verpasste Chance

Geschrieben am 07-11-2006

Leipzig (ots) - Von Dieter Wonka
Arbeitgeber sind im offiziellen Rahmen vornehm und zurückhaltend.
Also haben sie auf ihrem Verbandstag der Kanzlerin freundlich
applaudiert - obwohl sie die für ein Weichei halten. Und auch dem
SPD-Chef wurde ein netter Empfang bereitet. Dabei gehört der Sozi an
sich - vielleicht mit Ausnahme von Zigarren-Schröder - nicht zum
bevorzugten Freundeskreis der Bosse.
Die Arbeitgeber tun gut daran, leise und dezent die Politik zu
beurteilen, auch und gerade die der großen Koalition. Schließlich
beweisen sie selbst regelmäßig, dass nichts so schwer ist, wie die
Ebene der forderungsradikalen Theorie in der tarifvertraglichen
Praxis durchzuhalten.
Die Hundts dieser Republik sind also nicht gerade dazu berufen, die
Front der Gegner dieser sich seit einem Jahr minus zwei Wochen im
Selbstversuch befindenden Koalition anzuführen. Trotzdem bleibt eines
richtig:Es ist enttäuschend, wenn es eine Regierung mit
größtmöglicher demokratischer Mehrheit nicht einmal schafft, die
minimalen selbstgesteckten Ziele, festgehalten im Koalitionsvertrag,
zu erreichen. Beispielsweise eine Gesundheitsreform ohne
Beitragssteigerungen. Die Sache wird nicht dadurch besser, dass die
Kanzlerin behauptet, stabile Kassenbeiträge seien für geraume Zeit
realistisch. Das würde voraussetzen, dass die Politik die Kraft
fände, einen einmal als richtig erkannten Kurs auch durchzuhalten.
Das Gegenteil will offenbar die Union beweisen, nur um den Sozis
kurzfristig links eins auswischen zu können. Der bisher farblose
Ministerpräsident Rüttgers ist drauf und dran, zum Vertrauenskiller
der Union zu werden. Seine scheinbar sozialen Thesen zum
Arbeitslosengeld sind sozialpolitischer Unfug. Sozial gerechter ist
es nicht, wenn Junge für Alte bezahlen. Eine solidarische
Risikoversicherung ist keine festverzinsliche Sparkasseneinlage.
Politisch bedrohlich für die Koalition wäre es, weil der Kern des
Bündnisses getroffen würde, könnte und wollte Merkel klammheimlich
oder offen dem Rüttgers-Plan auf dem CDU-Parteitag nicht widerstehen.
Dann stünde fest: Die Kanzlerin bestimmt nicht mehr die Richtlinien
in der eigenen Partei, sondern frei fabulierende Provinzpolitiker.
Und vom Koalitionsfrieden in den Köpfen als Voraussetzung für gutes
gemeinsames Regieren braucht dann bis 2009 keiner mehr zu reden.
Es ist nicht sehr bemerkenswert, dass einer wie Rüttgers, den die
Kanzlerin in Düsseldorf links liegen lässt, so denkt und handelt.
Aber es ist bezeichnend, dass Angela Merkel schon nach einem Jahr
großer Koalition nicht mehr die Kraft aufbringt, Führung zu zeigen
und eine Richtung vorzugeben. Der deutsche Arbeitgebertag wäre das
geeignete Plenum gewesen, um den Interessierten zu zeigen, wer in
diesem Land regiert. Die Kanzlerin hat diese Chance verpasst - wieder
einmal dadurch, dass sie das, was wichtig, aber streitig ist, einfach
nicht anspricht.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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