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WAZ: NRW-SPD sucht nach Profil: Fehlende Trennschärfe wird zum Problem - Kommentar von Hendrik Groth

Geschrieben am 07-11-2006

Essen (ots) - Plötzlich werden sie in Nordrhein-Westfalen alle
sozial. Die einst forschen und stramm auf Wirtschaftskurs geeichten
Jungen Liberalen sagen Ja zur Umverteilung. Die Mutterpartei FDP
unterstützt in einem Landesvorstandsbeschluss die Forderungen von
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, Ältere in der
Arbeitslosenversicherung besser abzusichern. Der Regierungschef
selber gibt den Landesvater in der Tradition von Johannes Rau und hat
damit die Sozialdemokratie im Lande strategisch ausgetrickst. Denn
die SPD-Spitze verteidigt die Schrödersche Agenda 2010 und wirkt so
unfreiwillig hartherzig, während Rüttgers durchs Land tingelt und
Reden hält, die Sozialdemokraten noch in den 90er Jahren des
vergangenen Jahrhunderts mit Inbrunst intoniert haben.

Die Genossen in NRW stecken deshalb im zweiten Jahr nach dem
historischen Machtverlust in einer ungemütlichen Lage. Sie brauchen
dringend ein Thema mit dem sie sich profilieren können und die
Fraktionsvorsitzende Hannelore Kraft glaubt mit ihrer fundamentalen
Kritik an der von der Großen Koalition geplanten
Unternehmens-Steuerreform ein solches gefunden zu haben. Ob der
Paradigmen-Wechsel "NRW-SPD gegen die Politik von Wolfgang Clement
und Peer Steinbrück" aufgeht, darf abgewartet und auch bezweifelt
werden.

Natürlich klingt es für die Wählerschaft besser, die
Unternehmens-Steuerreform nur aufkommensneutral zu gestalten. Wenn
die Mehrwertsteuer erhöht wird, dann ist es schwierig zu erklären,
warum Unternehmen weniger Steuern zahlen sollen. Der Reflex "wir
stehen für die kleinen Leute" wird so besser bedient. Völlig außer
acht wird hingegen gelassen, dass es um die internationale
Wettbewerbsfähigkeit geht. Auch wird
ignoriert, dass sich Steinbrück an den Steuersätzen in der OECD
orientiert und nicht an irgendwelchen Fabelsätzen in der Dritten
Welt.

Im Prinzip kopieren die NRW-Sozialdemokraten mit ihrem Vorgehen
die Lebenslügen-Argumentation von Rüttgers. Der Christdemokrat wirft
Teilen seiner Partei vor, sie glaube dogmatisch daran, dass
Steuersenkungen Arbeitsplätze brächten. Wenn die SPD in Düsseldorf
nun auch auf diesen Zug springt, dann sollte sie sich die Geschichte
der CDU an Rhein und Ruhr anschauen. Der soziale Norbert Blüm hatte
gegen Johannes Rau nie eine Chance. Er galt als eine
christdemokratische Variante und nicht als eine Alternative. Was
unterscheidet die SPD noch von der CDU und andersherum? Die fehlende
Trennschärfe wird ein Problem, nicht nur in NRW.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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