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LVZ: Sanierungskurs

Geschrieben am 27-10-2006

Leipzig (ots) - Von Maja Zehrt
Was hätte Hans Eichel darum gegeben, die Probleme von Peer Steinbrück
zu haben. Der Ex-Bundesfinanzminister konnte sparen, wie er wollte -
stets reichten seine Anstrengungen vorn und hinten nicht, weil die
tatsächlichen Staatseinnahmen viel dünner ausfielen, als von der
Regierung angekündigt und gehofft. Eichel bleibt als der tragische
Sparhans in Erinnerung. Sein Nachfolger hat im Grunde das gleiche
Problem, nur anders herum: Auch Steinbrück fährt einen harten
Sanierungskurs. Er hat allerdings ein Rechtfertigungsproblem, weil
die Wirtschaftsdynamik kräftig angezogen hat, nächstes Jahr die
Mehrwertsteuererhöhung zu Buche schlägt und der Staat deshalb
Experten zufolge die Rekordsumme von 510 Milliarden Euro an
Steuergeldern einnehmen wird.
Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Konjunktur fliegt: In der Union
spricht man vom Merkel-Faktor, die SPD hält dies für die Ernte
rot-grüner Politik - und liegt damit nicht ganz falsch. Schließlich
war es Kanzler Gerhard Schröder, der mit seiner Agenda 2010
unpopuläre, aber entscheidende Reformen auf dem Arbeitsmarkt
eingeleitet hat. Schwarz-Rot muss diesen Kurs fortsetzen. Denn nur
mit einem Umbau der sozialen Sicherungssysteme kann der Staat
dauerhaft entschuldet werden. Die Anhebung des Renteneintrittsalters
ist dabei ein erster richtiger Schritt; bedenklich sind nur die
zahlreichen Ausnahmen, die am Ende zu einem Nullsummenspiel führen
könnten. Falsch wäre es hingegen, nun überschüssige Steuereinnahmen
komplett in die Sanierung zu pumpen.
Natürlich muss ein verfassungskonformer Haushalt mit Blick auf
künftige Generationen oberstes Ziel bleiben. Das beste Mittel zum
Schuldenabbau bleibt allerdings Wachstum. Die USA zeigen schon lange,
dass antizyklische Investitionen dauerhaft mehr Wirtschaftsdynamik
entfachen als hastiges Löcherstopfen in Krisenzeiten. Die Koalition
plant ein kleines Investitionsprogramm und ist damit auf dem
richtigen Dampfer. Sie wird sich nicht von ihrem Kurs der
Mehrwertsteuererhöhung abbringen lassen, auch wenn der Widerstand
wegen der verbesserten Einnahmen heftiger werden dürfte.
Die Regierung könnte sich mutig und klug zeigen, indem sie die Erlöse
ohne Wenn und Aber dazu nutzt, die Lohnnebenkosten zu senken.
Zweifelhaft ist jedoch, ob die Länder auf ihren verbrieften Anteil
der Einnahmen verzichten. Es wäre das erste Mal, dass sie
Einzelinteressen mit Blick auf das große Ganze hinten anstellen. Ob
die Mehrwertsteuererhöhung die Konjunktur wirklich bremst, kann
zurzeit niemand sagen.
Fest steht, dass vielen Bürgern die zeitliche Nähe zur
Unternehmenssteuerreform übel aufstößt. Die Kleinen schröpfen, die
Großen beschenken. Ganz so einfach ist es nur am Stammtisch. Denn
Steinbrück macht nicht den Diener vor dem Kapital, sondern denkt
langfristig. Er möchte durch Senkung der Steuerlast für Konzerne und
Aktiengesellschaften, dass diese ihre Steuern endlich wieder in
Deutschland zahlen, statt im Ausland die Wirtschaft zu beflügeln.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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