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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Bundeswehr/Afghanistan

Geschrieben am 25-10-2006

Leipzig (ots) - Was ist das für eine Truppe, in der über Jahre
hinweg - schon fast egal, ob das dem falschen Korpsgeist, der
Dummheit oder nur der Gleichgültigkeit geschuldet ist -
menschenverächtliche Vorgänge unter Verschluss bleiben? Ist das die
Bundeswehr, die wir voller Stolz und mit großer Hochachtung als
uniformierte Auslandsbotschafter unserer Demokratie auf den Balkan,
nach Asien, an die israelisch-libanesische Küste verabschieden? Eine
Armee im Einsatz verändert Denken und Struktur der Bundeswehr, hat
Verteidigungsminister Jung zu Recht bei der Vorlage des Weißbuches
festgestellt. Die Fünfer-Gruppe in Bundeswehruniform, die vor drei
Jahren bei Kabul mit Leichenteilen posierte, war keine
dumme-Jungen-Gruppe. Ihre Tat ist auch nicht durch die
Überforderungssituation in einem brutalen Fronteinsatz zu
entschuldigen. Die Verbindung des nackten männlichen Mittelstücks mit
einem Totenschädel ist in ihrer Wirkung vergleichbar mit den Fotos
von demütigenden Hundestellungen, wie sie von US-Kriegssoldaten aus
dem Irak übermittelt wurden.
Jedes Mal ist das Entsetzen groß, wenn die Vorfälle ans Licht
geraten. Gleiches gilt auch im Fall Kurnaz. Im Fall des so genannten
Bremer Talibans stellt sich mindestens die Frage, weshalb sich bis
heute keiner der politischen Amtsinhaber, und sei es auch nur aus
menschlicher Größe, bei der Mutter des einstigen US-Gefangenen für
zweifelsohne unterbliebene rechtzeitige Hilfe entschuldigt hat. Auch
diese Form der Gleichgültigkeit der Politik ist anzuprangern.
Das Gefühl des Alleingelassenwerdens beschleicht viele der deutschen
Soldaten, sobald sie von der Politik ins Feld geschickt werden.
Darauf bereiten sie weder das Prinzip der Inneren Führung noch die
gut gemeinten kulturellen Aufklärungsstunden ausreichend vor. Das
Weißbuch von Jung, eine überfällige Bilanz neuerer deutscher
Interessenspolitik, zeigt viele wichtige Problemstellungen auf. Die
Rohstoffsicherung als deutsche Interessensphäre; die Terrorbekämpfung
zu Land, auf See und in der Luft;die unterschiedlichen
Anforderungsprofile, weil aus der Armee der Einheit die Einsatz-Armee
geworden ist. Vieles davon ist gut gemeint und neu formuliert.
Schuldig bleiben die Politik und die Armeeführung die alles
entscheidende Antwort auf die zentrale Frage:Verändert der Einsatz im
Ausland die Anforderung an die moralische und demokratische
Stabilität der beteiligten Soldaten und wie kann diesem neuen
Einsatzprofil Rechnung getragen werden? Ganz offensichtlich können
einige Soldaten nicht Schritt halten mit den enormen Erwartungen. Die
Wehrpflicht-Armee als Prinzip ist kein ausreichender
Gesinnungsschutz. Womöglich erhält die Bundeswehr neben all der
Diskussion um Gerät, Geld und Einsatz-Beschreibungen im Ausland wie
im Inneren noch ein ganz großes Problem:Wie geht man damit um, dass
die ökonomische Krise dazu geführt hat, dass sich in der Truppe auch
das "abgehängte Prekariat" sammelt?

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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