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Westdeutsche Zeitung: Sicherungsverwahrung = von Peter Kurz

Geschrieben am 26-08-2010

Düsseldorf (ots) - Schützt uns vor gefährlichen Straftätern! Wie
Ihr das macht, ist egal, Hauptsache, Ihr macht etwas. So etwa musste
der Ruf der Öffentlichkeit in den Ohren der Politiker klingen, die
schnell eine Lösung finden sollten, wie im Falle der bundesweit 80
Täter zu verfahren ist. 80 Menschen, die aufgrund eines Urteils des
Menschenrechtsgerichtshofs das Recht haben, auf freien Fuß zu kommen
oder die bereits frei sind. Sie alle mit Hilfe eines eilig
durchgepaukten Gesetzes weiter einzusperren, konnte nicht
funktionieren. Denn damit würde man eben genau das regeln, was das
Straßburger Gericht ausdrücklich verboten hat: die rückwirkende
Anordnung der Sicherungsverwahrung in diesen etwa 80 Fällen. Es lässt
sich trefflich darüber streiten, ob das Urteil der Straßburger
Richter richtig war. Diese stuften die Sicherungsverwahrung als
Strafe ein und lehnten deshalb die rückwirkende Anwendung schärferer
Vorschriften ab. Doch Sicherungsverwahrung ist gerade keine Strafe,
sie soll vorbeugend wirken und Straftaten verhindern. Aus der
Perspektive des Weggesperrten - auch das wird man zugeben müssen -
dürfte das allerdings herzlich egal sein. Er ist eingesperrt. Wegen
Taten, die er (noch) gar nicht begangen hat. Doch diese Diskussion
ist im Zusammenhang mit dem aktuellen Problem müßig. Denn das
Straßburger Urteil ist in der Welt. Deutschland muss es respektieren,
wenn wir nicht völkerrechtliche Verpflichtungen missachten wollen.
Einfach die Täter, die ja ihre Strafhaft verbüßt haben, auf Verdacht
bis zum Sankt Nimmerleinstag festzuhalten, funktioniert so jedenfalls
nicht. Ob die jetzt gefundene Lösung - eine "neue Form von
Einrichtungen für psychisch gestörte Gewalttäter" - hinsichtlich der
Altfälle rechtlich wasserdicht ist, ist fraglich. Betroffene und ihre
Anwälte werden dagegen vorgehen. Bis nach Straßburg. Anderen wird
diese Lösung nicht weit genug gehen. Denn nicht jeder der 80
Betroffenen dürfte psychisch gestört sein, muss also freigelassen
werden. Was das Ganze für die beunruhigte Öffentlichkeit und die mit
Observationsaufgaben überlastete Polizei und letztlich auch für die
unter Handlungsdruck stehende Politik bringt: Zeitgewinn. Doch das
ist nicht eben eine rechtsstaatliche Kategorie.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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