(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Was im Leben zählt - jenseits der Politik - Leitartikel

Geschrieben am 23-08-2010

Berlin (ots) - Eine Meldung aus der Spitzenpolitik, die berührt:
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier nimmt "eine Auszeit", um
seiner schwer erkrankten Frau beizustehen. Nein, beizustehen ist zu
schwach - es ist nicht weniger als der Versuch, ihr Leben zu retten.
Steinmeier spendet seiner Frau eine Niere, die sie nach langjähriger
Nierenschwäche dringend braucht. Auf ein anonymes Spenderorgan zu
warten, würde zu lange dauern. Nur wer einen "Lebendspender" findet,
wird sofort operiert. Wenn dieser höchst private Fall - der auch
privat bleiben soll - etwas lehrt, dann dies: Geht es hart auf hart,
ist es deine Familie, die dich hält, ja rettet - dein Mann, deine
Frau. Nicht deine Facebook-Freunde, nicht dein Urlaubsflirt, auch
nicht deine Kollegen. Diese Bedingungslosigkeit passt zu den
Steinmeiers. In der letzten, heißen Phase des Bundestagswahlkampfs
2009 gaben die beiden gemeinsame Interviews und machten als Paar eine
gute Figur. Sie, die Verwaltungsrichterin, äußerte sich klar - auch
über ihren Mann, sie wirkte realistisch und lockerte ihn auf. Dass
die Steinmeiers eine glückliche, eine lebendige Ehe führen, nahm man
ihnen ab. Sein kurzfristiger Rückzug aus der Politik, um ihr
beizustehen, passt dazu. Im Oktober, sagt Steinmeier, werde er von
seiner "Auszeit" auf den Posten als Fraktionschef zurückkehren. Keine
Frage - dies ist eine neue Generation von Politikern. So etwas hat es
früher nicht gegeben: politische Auszeiten aus rein privaten Gründen.
Ein Zeichen setzte Franz Müntefering, der 2007 als Vizekanzler und
Bundesarbeitsminister zurücktrat, um das Sterben seiner Frau
Ankepetra zu begleiten. Er und nun Steinmeier - diese
Spitzenpolitiker machen deutlich: Wir haben ein Leben außerhalb der
Gremien, Ministerien, Parlamente, und dieses Leben ist uns genauso
wichtig. Lässt die Wirkung der Droge Politik nach? Vizekanzler,
Fraktionsvorsitzender, das sind nicht irgendwelche Jobs. Das sind die
Achttausender der Politik, wie Joschka Fischer einmal formulierte,
das ist dort, wo jeder Machtmensch hin will. Einmal dort oben
angelangt, liegt der Höhenrausch nie fern: Ohne mich läuft hier gar
nichts. Das Land braucht mich, ich kann jetzt nicht gehen. Egal, wie
hoch der Preis ist. So war es früher. Doch das scheint sich zu
ändern. Die "Es geht auch ohne Politik"-Stimmung wird stärker, das
haben auch die jüngsten Rücktritte gezeigt. "Politiker kommen und
gehen", hat Roland Koch zu seinem Rückzug als hessischer
Ministerpräsident gesagt. Und Ole von Beust behauptet, irgendwann
habe sich ein Berufspolitiker eben verbraucht. Dann sei es Zeit zu
gehen. Viele junge Politiker treten heute gleich mit der Haltung an:
Wir machen das hier nur für ein paar Jahre. Danach kommt etwas
anderes. Für Frank-Walter Steinmeier kommt danach hoffentlich wieder
die Politik.

Originaltext: BERLINER MORGENPOST
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

285338

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bundeswehr Bielefeld (ots) - Eine freiwillige Pflicht gibt es nicht. Eine allgemeine Wehrpflicht schon gar nicht, wenn mit 7500 jungen Männern nur noch ein Bruchteil eines Jahrgangs tatsächlich etwas leisten muss, was anderen erspart bleibt. Das Verteidigungsministerium hat gestern die »Aussetzung« der Wehrpflicht vorgeschlagen. Die Opposition hielt tapfer das Wort von der freiwilligen Wehrpflicht dagegen - beides ist wenig sachdienlich. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) will die Wehrpflicht nicht gänzlich abschaffen. mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zu Steinmeiers Organspende Bielefeld (ots) - Wenn's drauf ankommt, ist Verlass auf den Mann. Das gilt für den politischen Frank-Walter Steinmeier wie für den privaten. Das ist es, was ihn sympathisch macht. Ein Spitzenpolitiker im sogenannten Zentrum der Macht - doch der gebürtige Lipper hat es nicht verlernt, als Mensch Prioritäten zu setzen. Die lebensbedrohliche Erkrankung seiner Frau zeigen ihm und uns die Grenzen der Macht - und was wirklich wichtig ist. Unabkömmlich gibt's dann plötzlich nicht mehr. Steinmeiers Entscheidung ist vorbildlich, ihm gebühren mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Verteidigung / Bundeswehr Osnabrück (ots) - In die Deckung verzogen Auf den Kanzler kommt es an - für die Reform der Bundeswehr gilt der alte CDU-Wahlslogan ganz und gar. Daher liegt Angela Merkel in der Deckung definitiv falsch, in die sie sich verzogen hat. "Keine Denkverbote" - das reicht nicht als Zielvorgabe, wo es um die Weiterentwicklung eines Kernelements der deutschen Außenpolitik geht. Vor allem anderen ist zu klären: Wo will die Kanzlerin Deutschland als militärischen Leistungserbringer und damit als Machtfaktor in NATO und EU einsortieren? mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Parteien / SPD / Rente Osnabrück (ots) - Eine Partei auf der Flucht Falls die SPD Renten in diesem Land noch über ein soziales Sicherungssystem auszahlen will, enttäuscht ihr sogenannter Kompromiss zur Rente mit 67 maßlos. Erst im Jahr 2015 wollen die Sozialdemokraten in die längere Lebensarbeitszeit einsteigen - und vertagen so die überfällige Reaktion auf den demografischen Wandel. Zudem sollen erst einmal 50 Prozent der 60- bis 64-Jährigen fest angestellt sein, bevor die neue Rentenregelung greift. Wer dies fordert, richtet sich bequem in der mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Wehrpflicht / Zivildienst Osnabrück (ots) - Na endlich! Der Zivildienst steht mit der Strukturreform der Bundeswehr vor dem Aus. Dafür wird es höchste Zeit. Schließlich war der Zivildienst nichts anderes als das Rekrutieren billiger Arbeitskräfte für die Sozialbranche. Dass dagegen die Arbeitgeber von Zivis aus wirtschaftlichen Gründen Sturm laufen, ist nur verständlich, aber kein Argument. Zugegeben: Der Zivildienst hat auch gute Seiten. Gerade in der beruflichen Selbstfindungsphase nach der Schule hat er Tausenden jungen Männern soziale Kompetenz mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht