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Westdeutsche Zeitung: Hartz-IV-Aufstocker = von Martin Vogler

Geschrieben am 04-05-2010

Düsseldorf (ots) - Bin ich denn dumm, wenn ich arbeite? Diese
provokante Frage stellen sich in Deutschland 1,3 Millionen sogenannte
Aufstocker möglicherweise täglich. Ihr Problem: Sie verdienen
weniger, als Empfängern von Hartz IV zusteht. Folglich holen sie sich
die Differenz von der Arbeitsverwaltung, stocken also ihr Gehalt auf.
Für die Betroffenen kann das nicht befriedigend sein. Solch eine
Situation zehrt am Selbstwertgefühl und an der Motivation. Auch
gesellschaftspolitisch ist sie potenzieller Sprengstoff. Insofern
besteht ein breiter Konsens darüber, dass eine Änderung nötig ist.
Doch wie die Politik das schaffen soll, darauf fehlt die schlüssige
Antwort. Die gängigen Vorschläge haben nämlich alle Tücken.
Paradebeispiel Mindestlohn: Würde er, wie gefordert, bei 8,50 Euro
pro Stunde liegen, könnten auf den ersten Blick zahlreiche Aufstocker
auf den Gang zum Amt verzichten, weil sie dann von ihrer Arbeit leben
könnten. Allerdings würde bei vielen dieser glückliche Zustand nicht
anhalten, weil die Unternehmen etliche dieser Jobs zu teuer fänden -
und sie schlicht strichen. Womit niemandem geholfen wäre. Die
Alternative, die Transferleistungen weiter abzusenken, um den Reiz
zur Arbeitsaufnahme zu erhöhen, wird höchstens unter vorgehaltener
Hand diskutiert - und sie ist eines hochentwickelten Kulturlandes
nicht würdig. Denn sie könnte bedeuten, dass Bürger existenzielle
Not, bis hin zum Hunger, litten. Eine Lösung muss trotzdem her, auch
um Missbrauch einen Riegel vorzuschieben. Denn nur besonders
Blauäugige glauben, dass es bei Aufstockern nicht einen gewissen
Anteil an Betrügern gibt. Auch Unternehmen sind da nicht immer
vorbildlich. Manche zahlen bewusst extrem bescheidene Löhne, weil sie
ja wissen, dass sich ihre Mitarbeiter den Rest zum Leben vom Amt
holen. Das ist legitim, aber ob das auch moralisch in Ordnung ist? So
lange die Politik das Thema nicht befriedigend abgearbeitet hat,
sollten sich die 1,3 Millionen Aufstocker selbst nicht irre machen
lassen und im eigenen Interesse trotz des mangelnden finanziellen
Anreizes weiter arbeiten. Das ist nicht nur besser für ihr
Selbstbewusstsein. Vor allem wahren sie nur so die Perspektive,
irgendwann eine qualifiziertere und besser bezahlte Anstellung zu
ergattern.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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