(Registrieren)

WAZ: Großbritannien wählt - Labour hinterlässt ein gespaltenes Land. Leitartikel von Jasmin Fischer

Geschrieben am 03-05-2010

Essen (ots) - Am Donnerstag haben die Briten die Wahl - doch
wofür eigentlich? Labour-Premier Gordon Brown drängt das Land, nach
vorn zu blicken: "Unter meiner Regierung werden wir Teil der Zukunft
sein und eine gerechte Zukunft für alle schaffen." Ein solcher Satz
wirft Fragen auf: Warum ist Brown so darauf bedacht, nicht über die
Vergangenheit zu sprechen? Und welches Erbe hinterlässt New Labour
dem Land nach 13 Jahren an der Macht?

Dass Brown die Unterhaus-Wahl als Entscheidung zwischen drei
Parteien und nicht als Abstimmung über seine Leistungsbilanz
verstanden wissen will, überrascht nicht. Die kurze Amtszeit des
Blair-Nachfolgers war ein Parcours aus Pech und Peinlichkeiten.
Schlimmer wiegt aber, dass Labours Ansatz, Wohlstand und sozialen
Aufstieg durch Wirtschaftswachstum und Deregulierung zu ermöglichen,
gescheitert ist.

Nie war die Einkommenskluft zwischen Arm und Reich so groß wie
heute. Die Ärmsten, so zeigen Studien, haben durch die Mindestlöhne
zwar mittlerweile zehn Prozent mehr Einkommen, doch die
Haupt-Profiteure sind dank Labour die City-Banker: 30 Prozent der
Gesamtlöhne, die jährlich in Großbritannien gezahlt werden, nehmen
sie mit nach Hause.

Die Rezession macht die Denkfehler von New Labour erst recht
deutlich. Der Absturz des überhitzten Immobilienmarktes, eigentliche
Ursache der Finanzkrise, war hausgemacht; über den aufgeblähten
Finanzsektor stolperte die Gesamtwirtschaft. Es war die
Labour-Regierung, die Thatchers Kurs nicht korrigierte, sondern
weiterführte: Über eine Million Jobs in der Fertigungsindustrie sind
seit 1997 weggefallen, Fabriken wurden geschlossen, das Land auf
Service-Industrie und Wissensgesellschaft umgebürstet. Die blinde
Abhängigkeit vom Finanzdistrikt hat das Land jedoch nicht
wohlhabender, sondern labiler gemacht. Rettungspakete verschlingen
Milliarden, Kosten und Konsequenzen trägt die Allgemeinheit.

Nach 13 Jahren New Labour, lange auch in Deutschland
Hoffnungsträger, bleiben als Erbe ein Scherbenhaufen und eine
Staatsverschuldung griechischen Ausmaßes zurück. Zweifel an ihrer
Umwälzung des gesamten britischen Wirtschafts- und Sozialgefüges
kommen Labour mittlerweile sogar selber. Die Stärkung der längst
abgewickelten und ausgelagerten Produktionsbranche ist allseits
wieder groß in Mode. Doch die Wähler interessiert Browns
Kurskorrektur nicht mehr - erstmals seit 36 Jahren werden sie am 6.
Mai keiner der beiden großen Parteien ein klares Mandat geben.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

266221

weitere Artikel:
  • Neue OZ: Kommentar zu Solidaritätszuschlag Osnabrück (ots) - Anfang vom Ende Die Tage des Solidaritätszuschlags sind gezählt. Bis 2019 - wie es die Bundesregierung tapfer vorgibt - wird sich die Sonderabgabe kaum halten lassen. Die Vorlage der Hannoveraner Finanzrichter an das Bundesverfassungsgericht läutet für den Steuerzuschlag den Anfang vom Ende ein. 20 Jahre nach der Einheit werden die Karlsruher Richter den Soli nicht kritiklos für ein drittes Jahrzehnt durchwinken. Zu rissig ist inzwischen das juristische Fundament, auf dem die Sonderabgabe steht. Wenn der Staat einerseits mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Verkehr / Elektroauto / Bundesregierung Osnabrück (ots) - Nur ein Baustein Die Bosse von Daimler, BMW und Co. fuhren publikumswirksam in elektrisch betriebenen Kleinwagen beim "Elektrogipfel" vor. Das ist gut für das Image, zeigt aber vor allen Dingen eins: Der Auftakt zur "Nationalen Plattform Elektromobilität" war vor allen Dingen eine Showveranstaltung. Konkret wurde es nur selten. Stattdessen gab es Wünsche, Hoffnungen, Absichtserklärungen. Eine Million Autos mit Elektroantrieb sollen bis 2020 auf den deutschen Straßen rollen - das ist weder neu noch sonderlich ambitioniert, mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Ägypten / Konflikte / Nahost Osnabrück (ots) - Vor allem indirekt Falsch wäre jede Erwartung, die indirekten Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern zielten auf Frieden. Leider geht es vielmehr um die Nebenwirkungen. Für Israels Betonrührer-Koalition zählt zunächst, die auf Frieden drängenden USA milde zu stimmen, letztlich aber, weiter auf Zeit zu spielen. Reden und gleichzeitig Land nehmen - das funktioniert schließlich glänzend: Die Zahl der Siedlungen außerhalb israelischen Staatsgebiets wurde seit 1993 verdreifacht. Je weiter Israel diese mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu USA / Katastrophe / Umwelt Osnabrück (ots) - Die schwarze Pest Ein ölverschmierter Basstölpel ist bislang das einzige Vogel-Opfer der Bohrinsel-Katastrophe. Doch es müsste wohl ein Wunder geschehen, damit der Golf von Mexiko nicht zum Tierfriedhof wird. Das schwarze Gold ist zur Pest geworden, fließt ungehindert aus drei Lecks Richtung Louisiana, weil die Menschen die Kontrolle über die Technik verloren haben. Ob Atom-GAUs wie in Harrisburg und Tschernobyl oder Öldesaster durch den Tanker Exxon Valdez oder nun die Bohrinsel Deepwater Horizon: allesamt werfen mehr...

  • Rheinische Post: Der Sündenfall der EZB Von Antje Höning Düsseldorf (ots) - Die Europäische Zentralbank (EZB) meint es gut. Um den Kraftakt der Griechen und der sie rettenden Länder zu begleiten, änderten die Währungshüter gestern auf dramatische Weise die Spielregeln für den Geldverleih. Sie akzeptieren von nun an auch griechische Staatsanleihen als Sicherheiten, die von Rating-Agenturen als Schrott-Papiere eingestuft werden. Damit will die EZB Athen aus den Klauen der Agenturen befreien, die ihre Bonitäts-Noten für Griechenland immer weiter gesenkt und es damit an den Rand der Pleite getrieben mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht