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Pro Generika zum Eckpunktepapier: Bittere Pille

Geschrieben am 26-03-2010

Berlin (ots) - Heute haben der Bundesminister für Gesundheit sowie
CDU/CSU und FDP das Eckpunktepapier zur Umsetzung des
Koalitionsvertrags für die Arzneimittelversorgung vorgelegt.

Peter Schmidt, Geschäftsführer des Branchenverbandes Pro Generika,
kommentiert die Vorschläge wie folgt:

"Die Generikaindustrie lehnt die Vorschläge ohne Wenn und Aber ab.
Sie sind teils nicht Ziel führend, teils reichlich nebulös und teils
reine Mogelpackungen. Dass vom vollmundigen Versprechen der Koalition
zur umfassenden Deregulierung fast nichts übrig geblieben ist, rundet
das Bild eines komplett verfehlten Neuordnungsansatzes nur noch ab.
Das Koalitionsprogramm folgt unter dem Strich der Devise, "wir müssen
sparen, koste es, was es wolle." Es setzt die unheilvolle
gesundheitspolitischen Tradition der letzten Jahre damit nahtlos
fort.

Bei den Passagen über das Festbetragssystem weiß ich nicht, ob ich
lachen oder weinen soll. Jeder Experte weiß, dass die Verknüpfung von
Festbeträgen und Zuzahlungsfreistellungen die Preisdynamik im
Festbetragsmarkt außerordentlich beschleunigt hat. Diesen
Kellertreppeneffekt hat die Union in ihrem Positionspapier vor knapp
zwei Wochen noch zutreffend beschrieben. Nicht von ungefähr erwartet
der GKV-Spitzenverband aus den Festbetragsanpassungen, die am 01.04.
bzw. 01.07.2010 in Kraft treten, dann auch eine Entlastung von rund
800 Millionen Euro. Ich würde mir daher sehr gerne aus berufenem Mund
erklären lassen, warum und wieso die Kopplung von Festbeträgen und
Zuzahlungsfreistellungen eben diesen Kellertreppeneffekt nun auf
einmal verhindert.

Noch gespannter bin ich auf die flankierenden Regelungen zur
Erhaltung des Wettbewerbs, die eine Oligopolisierung des Marktes
verhindern sollen. Meine Fantasie reicht jedenfalls nicht aus, mir
einen Steuerungsmechanismus vorzustellen, der dafür sorgt, dass die
jetzige Anbietervielfalt beim Fortbestand selektiver Rabattverträge
erhalten bleibt. Diese Vereinbarungen laufen auf einen rigiden
Marktausschluss aller Unternehmen hinaus, die bei der Vergabe von
Rabattverträgen nicht zum Zuge kommen. Die Zuschläge, die
Krankenkassen bzw. ihre Dienstleister in der jüngsten Vergangenheit
erteilt haben, belegen jedenfalls die massive Zurückdrängung
unabhängiger mittelständischer Pharmaunternehmen. Gewinner sind
Generikakonzerne einerseits und "Heuschrecken-Firmen" andererseits.
Der Koalition wird es unter den Rahmenbedingungen des Vergaberechts
und marktexklusiver Rabattverträge nicht gelingen, die Marktkräfte zu
bändigen, die das GKV-WSG 2007 entfesselt hat.

Allem Anschein nach will Schwarz-Gelb die ins Haus stehende
Oligopolisierung des Generikamarkts durch die Erstreckung des
Kartellrechts auf die Rabattverträge abwenden. Diese Rechnung kann
jedoch nicht aufgehen. Der ruinöse Unterbietungswettbewerb, der auf
das Konto selektiver Rabattverträge geht, ist mithilfe des
Kartellrechts nämlich nicht zu stoppen. Krankenkassen haben ihre
Nachfragemacht in einem fragmentierten Markt zwar konsequent
ausge-spielt, ihre Position aber bislang nicht missbraucht. Dass die
Zivilgerichte wieder für vergaberechtliche Streitigkeiten über
Rabattverträge zuständig sein sollen, ist ebenfalls nicht mehr als
weiße Salbe. Letztlich wird die Umsetzung des Eckpunktepapiers dazu
führen, dass der pharmazeutische Mittelstand in einem
ordnungspolitischen heilen Umfeld das Zeitliche segnet.

In der Pressekonferenz ist immer wieder von fairen
Vertragsverhandlungen gesprochen worden, wenn es um die
Rabattverträge ging. Rabattverträge kommen aber nicht auf der
Grundlage von Verhandlungen auf Augenhöhe zwischen Krankenkasse und
pharmazeutischem Hersteller zustande. Vielmehr diktiert die
Krankenkasse die Vertragsbedingungen, der Hersteller gibt entweder
sein Angebot ab und weist seine Lieferfähigkeit nach oder er spielt
nicht mit. Das wars. Von Verhandlungen also keine Spur.

Die Mehrkostenregelung ist für viele Patienten nichts anderes als
eine Mogelpackung. Einkommensschwache Patienten werden sich die
Mehrausgaben für die Versorgung mit ihrem gewohnten Arzneimittel
nämlich nicht leisten kön-nen, die noch dazu nicht auf die
Belastungsgrenze angerechnet werden. Darüber hinaus müssen die
Patienten die Kosten des von ihnen gewünschten Arzneimittels in
voller Höhe vorfinanzieren. Die meisten Rentner und die Hartz
IV-Empfänger und damit das Gros der Arzneimittelkonsumenten werden
von dieser Regelung mit allen Auswirkungen auf die Therapietreue
mithin keinen Gebrauch machen können. Ob das eine weitere Spielart
der Zwei-Klassen-Medizin ist, mögen andere entscheiden.

Für den oder die "Gewinner" einer Ausschreibung ist die
Mehrkostenregelung in Danaergeschenk. Denn ihre Kalkulationsgrundlage
und ihre Planungssicherheit werden erschüttert bzw. noch weiter
verringert, wenn Patienten gegen Aufzahlung für ein nicht unter
Rabattvertrag stehendes Produkt optieren.

Fazit: Die Eckpunkte setzen den Irrweg fort, der mit dem GKV-WSG
eingeschlagen worden ist. Zentrale Fragen des Neuordnungskonzepts
sind offen. Eines aber ist klar: Der 25.04.2010 ist ein schwarzer Tag
sowohl für die Patienten als auch für die Leistungsfähigkeit und
Innovationskraft der Generikaindustrie."

Originaltext: Pro Generika e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/54604
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_54604.rss2

Pressekontakt:
Thomas Porstner, Pressesprecher, Tel.: (030) 81 61 60 9-40,
info@progenerika.de , www.progenerika.de


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