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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Missbrauch

Geschrieben am 07-03-2010

Bielefeld (ots) - Die Odenwaldschule wird nicht die letzte sein,
die ihre Chronik zum anstehenden Jubiläum korrigieren muss. Die Namen
mancher als Vorbild für die Gesellschaft dargestellter Pädagogen, die
von nicht wenigen Schulleitern, deren Einsatz für die ihnen
anvertrauten Kinder in blumigen Worten beschrieben wird, sollten aus
Festschriften traditionsreicher Bildungshäuser gestrichen werden.
Einige von ihnen waren sadistische Schläger oder Kinderschänder, die
ihre Machtposition an Schulen und Heimen ausgenutzt haben. Kollegen,
betroffene Ordenshäuser, Bischöfe und nicht zuletzt die Kinder haben
lange geschwiegen - aus unterschiedlichen Motiven. Die Geschundenen
trauten sich nicht, mit anderen Lehrern, mit Vertretern der Kirche
und nicht einmal mit ihren Eltern über ihr Leiden zu sprechen. Lange
haben die Gequälten die Schuld für ihr Leiden nur bei sich gesucht.
Inzwischen wissen sie, dass ihr Schicksal kein Einzelfall ist. Man
muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass die Zahl der bekannten
Übergriffe auf weit über tausend steigen wird.
Was mag in den Köpfen der betroffenen Kinder vorgegangen sein? Nicht
wenige von ihnen haben darum gebetet, dass sie vor ihren Peinigern
geschützt werden wollen. Wie stark muss ihr Glaube sein, wenn sie
nach diesen Erlebnissen der Kirche nicht für immer den Rücken kehren?
Niemandem ist aber damit gedient, die Kirchen nun mit Schmutz zu
bewerfen oder alle Internate schließen zu wollen. Die Taten müssen
aufgearbeitet werden, mögen sie auch Jahrzehnte zurückliegen und sich
die Staatsanwaltschaften dafür nicht mehr interessieren. Die Kirchen
und die nichtkonfessionellen Schulträger müssen einsehen, dass durch
jahrelanges Wegsehen und Vertuschen die Sache noch schlimmer geworden
ist.
Die meisten der Taten sind längst verjährt. In den Köpfen der
Betroffenen werden sie nie ausgelöscht. Noch nach Jahrzehnten
berichten sie detailgenau, wie Ordensleute Zehnjährige wegen
Nichtigkeiten aus den Schulbänken gezerrt haben, auf sie
eingeschlagen und -getreten haben und anschließend die Misshandelten
noch an den Pranger der versammelten Schülerschar gestellt haben.
Deutlich wird schon jetzt, dass immer mehr der Bischöfe, die jetzt
Verantwortung tragen, mit der Praxis der Vergangenheit brechen
wollen. Nichts soll länger vertuscht werden. Nicht Täter, sondern
Opfer sind schützenswert. Und die Fälle werden als das benannt, was
sie tatsächlich sind: Verbrechen. Und die, die sie begangen haben,
sind demnach keine armen Fehlgeleiteten, sondern Verbrecher. Diese
bestraft man nicht mit der Versetzung, mit der Androhung von
Pensionskürzungen, sondern überlässt sie der weltlichen Justiz.
Landesbischöfin Margot Käßmann hatte den Zusammenhang zwischen
persönlichem Fehler und moralischer Verantwortung erkannt und
Konsequenzen gezogen. Wenn das zum Maßstab wird, gibt es noch viele
Rücktritte.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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