(Registrieren)

Börsen-Zeitung: Athen lässt aufatmen, Marktkommentar von Thorsten Kramer

Geschrieben am 05-03-2010

Frankfurt (ots) - Es ist Zeit, einmal richtig durchzuatmen. Kaum
auszudenken, was an den Finanzmärkten geschehen wäre, wenn Anleger
die unter schweren Finanzproblemen ächzenden Griechen in der
abgelaufenen Woche mit Missachtung bestraft hätten - und die lang
erwartete Emission einer zehnjährigen Staatsanleihe gescheitert wäre.
Die Angst der Investoren vor einem Staatsbankrott wäre schlagartig
gestiegen, ebenso wie die Sorge um Europas Währungsunion. Schließlich
ist Griechenland nicht der einzige Risikofall. Zum Glück ist es nicht
dazu gekommen.

Die Griechen haben die Emission ihrer Staatsanleihe, mit der sie 5
Mrd. Euro einsammelten, recht gut und geschickt vorbereitet. Denn sie
wurde den Investoren erst angeboten, nachdem am Vortag unter starkem
Protest der Bevölkerung ein Sparpaket im Volumen von 4,8 Mrd. Euro
verkündet worden war und die Partner innerhalb der Europäischen Union
Griechenland dafür ausdrücklich lobten.

Aktieninvestoren hatten die Sparbeschlüsse der Regierung in Athen
bereits frühzeitig antizipiert. Deshalb zogen die Leitindizes bereits
zuvor deutlich an. Innerhalb von fünf Handelstagen verbesserte sich
beispielsweise der Dax um 5% auf 5877 Punkte, eine ähnlich gute
Entwicklung schaffte er zuletzt im Oktober. Damit wird die Luft nun
aber wieder sehr dünn, denn allen Anstrengungen der griechischen
Regierung zum Trotz: Es war lediglich ein erster Schritt, insgesamt
muss das Land allein bis Mai an den Kapitalmärkten 20 Mrd. Euro
einsammeln. Im Gesamtjahr beträgt der Refinanzierungsbedarf sogar
stolze 53 Mrd. Euro. Das Thema Sovereign Risk wird den Aktienmärkten
schon deshalb noch über Monate als belastendes Element erhalten
bleiben. Hinzu kommt, dass auch Portugal, Spanien und Italien infolge
der Finanz- und Wirtschaftskrise schwere Finanzprobleme haben.

Nachdenklich stimmt es Anleger zudem, dass in jüngerer
Vergangenheit wichtige Konjunkturindikatoren eher enttäuschten. Davon
ausgenommen ist der US-Arbeitsmarktbericht, der vor dem Wochenende
die Stimmung zusätzlich aufhellte. Im Februar bauten Arbeitgeber dort
36000 Stellen ab, Volkswirte hatten im Schnitt aber mit 50000
gerechnet. Dies verstärkte die Hoffnung auf eine baldige Trendwende,
die einige Banken schon für den Jahresbeginn prognostiziert hatten.
Die Entwicklung am Arbeitsmarkt ist entscheidend für die Ausgaben der
US-Konsumenten, die wiederum rund zwei Drittel der
Wirtschaftsleistung in den USA ausmachen und somit die tragende Säule
der Konjunktur sind.

Enttäuschend fielen zuletzt aber die Auftragseingänge in der
Industrie aus, ein Hinweis, dass der erhoffte selbsttragende
Aufschwung weiter auf sich warten lässt. Zudem gab der viel beachtete
Einkaufsmanagerindex für die Industrie des Institute for Supply
Management von 58,4 auf 56,5 Punkte nach - was Aktieninvestoren zur
Vorsicht mahnt. Schließlich legt das die Befürchtung nahe, dass
dieser Indikator nach einem mehrere Monate andauernden Anstieg
bereits seinen Zenit überschritten hat. Die Historie lehrt, dass nach
diesem Wendepunkt die Aktienmärkte auf Sicht von sechs und zwölf
Monaten zumeist eine unterdurchschnittliche Entwicklung zeigen, denn
der Rückgang wichtiger Frühindikatoren weckt unter den Investoren die
Sorge, dass sich das Wachstum wieder abschwächt oder - im aktuellen
Umfeld - die Wirtschaft ein zweites Mal in Richtung Rezession
abgleitet.

In einer solchen Phase wächst die Verunsicherung bezüglich der
Entwicklung der Unternehmensgewinne und der Ausschüttungen an die
Anteilseigner. Anleger fordern deshalb eine höhere Risikoprämie als
zuvor, das heißt, dass die Aktienbewertung sinkt. Anleihen werden in
solchen Zeiten im Vergleich zu Aktien attraktiver - auch dies lehrt
der Blick in die Vergangenheit.

Auf kurze Sicht dürfte der positive Griechenland-Effekt allerdings
noch etwas anhalten. Womöglich erhält der Markt weiteren Auftrieb,
wenn sich die Hinweise darauf verdichten, dass die Geschäftszahlen
für das laufende erste Quartal überwiegend positiv ausfallen dürften.
Ein Anstieg im Dax weit über 6000 Punkte hinaus, so wie ihn einige
Marktteilnehmer vor dem Jahreswechsel prognostiziert hatten, dürfte
im aktuellen Umfeld aber Utopie bleiben, es sei denn, dass das Thema
Sovereign Risk wider Erwarten an Schärfe verliert und sich dadurch
die latente Angst vor einem Staatsbankrott in der Eurozone in Luft
auflöst.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

255494

weitere Artikel:
  • Neue OZ: Kommentar zu EU / Euro / Griechenland Osnabrück (ots) - Der Preis des stabilen Euro Je länger die griechische Schuldenkrise Schlagzeilen macht, desto markiger werden die Sprüche von beteiligten Politikern. Schon vor seinem Besuch in Berlin hatte der griechische Ministerpräsident Papandreou wissen lassen, sein Land erwarte von den Deutschen kein Geld. Das nahm Bundeswirtschaftsminister Brüderle zum Anlass für seine Bemerkung, man habe nicht die Absicht, den Griechen auch nur einen Cent zu geben. So wohlfeile Sprüche lenken vom Kern des Problems ab. Manche der 16 Eurozonen-Staaten mehr...

  • Weltneuheit bei Männerunterwäsche: Australisches Unternehmen entwickelt Unterwäsche, die aus Bananenfasern hergestellt wird Sydney, March 5, 2010 (ots/PRNewswire) - "aussieBum ist sich seiner Verantwortung in der Forschung und Entwicklung neuer Fasertechnologien bewusst. Bananenfaser zeichnet sich gewöhnlich durch eine schöne Oberfläche aus, ist leicht, nimmt Feuchtigkeit gut auf und wird allgemein als eine der umweltfreundlichsten Fasern der Welt angesehen. Wir sind wirklich stolz darauf, einen Beitrag zur Entwicklung dieses Textilproduktes geleistet zu haben. Es ist aufregend und rückt Australien wieder einmal ins Rampenlicht!", erklärte Sean Ashby, Gründer von mehr...

  • Chiquita gibt erweiterte Partnerschaft beim San San Pond Sak-Projekt zur Erhaltung der Artenvielfalt bekannt Cincinnati, March 5, 2010 (ots/PRNewswire) - Chiquita Brands International, Inc. gab heute eine erweiterte Partnerschaft bei seinem San San Pond Sak-Projekt zur Erhaltung der Artenvielfalt bekannt. Das Gebiet befindet sich in der Grenzregion zwischen Panama und Costa Rica. Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und CORBANA, der Nationale Bananenverband von Costa Rica, haben sich mit Chiquita sowie örtlichen Behörden und dem deutschen Konzern REWE auf eine Zusammenarbeit bei der Unterstützung dieses bereits vorhandenen mehr...

  • Koreanischer Hersteller entscheidet sich für Nova Scotia als Produktionsstandort in Nordamerika Halifax, Kanada, March 5, 2010 (ots/PRNewswire) - Das in Korea ansässige Unternehmen Daewoo Shipbuilding & Marine Engineering (DSME) entschied sich für die kanadische Provinz Nova Scotia als Produktionsstandort zur Fertigung von Windkrafttürmen sowie Rotorblättern für Windturbinen. Die Anlage wird sich in Trenton, Pictou County, befinden und unmittelbar zur Schaffung von 500 neuen Arbeitsplätzen beitragen. Sie wird aller Voraussicht nach im Herbst 2010 voll betriebsbereit sein. Die Provinz Nova Scotia und DSME unterzeichneten einen Aktionärsbindungsvertrag mehr...

  • WAZ: Arbeitgeber fordern Kindergartenpflicht Essen (ots) - Eine Kindergartenpflicht für alle Kinder im Vorschulalter fordert Horst-Werner Maier-Hunke, Präsident der Arbeitgeberverbände in NRW. Das sagte er den Zeitungen der WAZ-Gruppe (Samstagsausgaben). Er wünsche sich auch ein kostenfreies letztes Kindergartenjahr, wisse aber um die finanziellen Nöte. Kinder seien im Vorschulalter besonders aufnahmefähig, sogar für naturwissenschaftliche und technische Themen. Die Arbeitgeber klagen zunehmend über Bildungslücken bei Jugendlichen. "Wir haben dieses Jahr ein Riesen-Loch an guten mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht