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WAZ: Umfragetief der FDP - Der Sinn für die Wirklichkeit fehlt - Leitartikel von Thomas Wels

Geschrieben am 10-02-2010

Essen (ots) - Opposition ist Mist, hat Franz Müntefering gesagt.
Und für die SPD hat er damit wahrscheinlich sogar Recht. Auf die FDP
gewendet, ist die Lage allerdings umgekehrt. Für die Liberalen ist
Opposition toll. War sie jedenfalls. Elf Jahre lang haben sie es sich
im Elfenbeinturm eingerichtet, haben von dort oben die ganze Wahrheit
über Ordnungspolitik und Marktwirtschaft und Wettbewerb und Freiheit
verkündet. Und treffen nun hart auf dem Boden der Wirklichkeit auf.
Der Liberalismus als Gedankengebäude ist prima: In der Opposition
kann man sich in alle Richtungen profilieren, kann große Ideen von
Bürgergeld und einheitlicher Gesundheitsprämie schadlos debattieren
und in Programme schreiben. Das alles mag gut und wichtig sein,
ebenso wie das Vorhandensein einer Stimme, die in Zeiten wachsenden
Staatseinflusses vor eben diesem warnt. In der Regierungspraxis
allerdings geht es um das Machbare. Wolkenschieberei gepaart mit dem
bösen Vorwurf der Klientelpolitik - das schickt die Liberalen in den
Umfragekeller.
Hinzu kommt die sträfliche Verkennung der eigenen Wähler. Die
Enttäuschten sind die Bodenständigen. Freiberufler oder Handwerker
sind Leute, die wissen, dass sie den Euro, den sie ausgeben wollen,
zuerst verdienen müssen. An eine sich selbst finanzierende
Steuerentlastung glaubt kein Ökonom, warum sollten das dann die
Praktiker glauben? Und die trotzige Parole "Jetzt erst recht, nur
schneller" verschlimmert das Elend nur noch. Wer weniger einnimmt,
kann weniger ausgeben, hat Otto Graf Lambsdorff kurz vor seinem Tod
gesagt. Es fehlt an solchen Realisten in der FDP.
Die Liberalen wirken seltsam aus der Zeit gefallen. Die Finanzkrise
hat viel mit Wirtschaft und Gesellschaft gemacht, an der FDP scheint
sie spurlos vorbeigegangen zu sein. Während Parteichef Westerwelle
dem Staat die Schuld zuwies, weil der nicht auf die Banken aufgepasst
habe, hat NRW-Ministerpräsident Rüttgers geschickt die Väter der
Sozialen Marktwirtschaft (Ordo-Liberale wie Röpke oder Eucken) als
Kronzeugen für seine Sache gekapert. Der Rheinische Kapitalismus als
Krisenblocker.
Zum Realitätsschock der FDP kommt der drohende Machtverlust hinzu.
Die FDP hat Rüttgers, den Handwerker der Macht, unterschätzt. Der
CDU-Chef am Rhein hat sich von den Liberalen emanzipiert und eine
Regierungsoption mit den Grünen eröffnet. Immerhin scheint
Schwarz-Grün heute wahrscheinlicher als ein rot-rot-grünes Bündnis
mit den Linkschaoten. Und die CDU ist näher an den Grünen als die FDP
an der SPD. Grund genug für die Nervosität der FDP.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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