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Deutsche Umwelthilfe kritisiert rechtswidrige Praktiken bei der Verpackungsentsorgung

Geschrieben am 25-11-2009

Berlin (ots) - Zwei Millionen Tonnen Verpackungen verschwunden -
Industrie erspart sich 700 Millionen Euro Recyclingkosten -
Verpackungsabfälle werden offenbar in großem Stil kostensparend
umdeklariert - Unternehmen delegieren Verantwortung für eine
ordnungsgemäße Entsorgung auf Beratungsunternehmen und
Systembetreiber - Gezahlte Preise reichen für hochwertige Entsorgung
nicht aus - Deutsche Umwelthilfe bezweifelt rechtliche Zulässigkeit
der Praxis und kündigt eigene Kontrollen an

Mit Tricks zu Lasten der Entsorgungsqualität und der Transparenz
der Stoffströme umgehen Hersteller offenbar in großem Stil klare
Regelungen der Verpackungsverordnung. Insgesamt sparen die
Unternehmen durch den "kreativen" Umgang mit den Regelungen der
Verpackungsverordnung Entsorgungskosten in Höhe von jährlich
mindestens 700 Millionen Euro. Das erklärte die Deutsche Umwelthilfe
e. V. (DUH) in Berlin unter Verweis auf ihr vorliegende Unterlagen.
Die Praxis ist nach Überzeugung der DUH rechtswidrig.

Ausgangspunkt für die massive Kritik der DUH an der ihrer Ansicht
nach nicht ordnungsgemäßen Verpackungsentsorgung ist eine klaffende
Lücke zwischen anfallenden und zur Entsorgung angemeldeten
Verpackungen. Nach Berechnungen der Gesellschaft für
Verpackungsmarktforschung (GVM) fallen in deutschen Haushalten
jährlich knapp sechs Millionen Tonnen Verpackungsmüll an. Davon haben
die Unternehmen jedoch im Jahr 2009 nur rund vier Millionen Tonnen
zur Entsorgung angemeldet. "Wenn ein Drittel des Verpackungsmülls auf
dem Papier gar nicht existiert, liegt der Verdacht des Betrugs nahe.
Fast zwei Millionen Tonnen an Verpackungsabfällen verschwinden in
Kanälen, in die sie nicht gehören und vermutlich in der Verbrennung.
Sie werden damit nicht nach den gesetzlichen Vorgaben stofflich
recycelt", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Der DUH
lägen schriftliche Angebote von Beratungsunternehmen und auch
Entsorgern der so genannten dualen Systeme an Produkthersteller vor,
die wenig Zweifel daran ließen, dass immense Kosteneinsparungen
dadurch realisiert werden sollten, dass Verpackungsmengen aus der
haushaltsnahen Wertstoffsammlung "umdeklariert und wegdefiniert"
werden.

"Wir werden jetzt fragwürdige Verträge und Geschäftspraktiken im
Bereich der Verpackungsentsorgung näher unter die Lupe nehmen und die
zuständigen Behörden informieren", kündigte Resch an. Für die
Fehlmengen fehlt die Transparenz über ihre Entsorgung. Die dualen
Systeme berechnen die gesetzlich vorgeschriebenen Recyclingquoten auf
Basis der bei ihnen lizenzierten Mengen. Was darüber hinaus gehe,
finde den billigsten Entsorgungsweg. Aufgrund der derzeit niedrigen
Verbrennungspreise sei dies oft die Müllverbrennung oder die illegale
Deponierung.

Laut Verpackungsverordnung müssen Unternehmen, die Produkte in
Verpackungen verkaufen, die Verpackungen bei einem der insgesamt neun
Firmen des dualen Systems anmelden. Der Verpackungsabfall aus
privaten Haushalten muss also grundsätzlich über die Gelbe Tonne bzw.
den Gelben Sack der dualen Systeme entsorgt werden. Daneben sind für
Verpackungen, die zum Beispiel in Gaststätten, Hotels, Verwaltungen,
Krankenhäusern oder Schulen anfallen, so genannte Branchenlösungen
zulässig. Dieser Entsorgungspfad ist deutlich kostengünstiger, weil
der anfallende Verpackungsmüll in der Regel homogener zusammengesetzt
ist, sorgfältiger getrennt wurde und es vergleichsweise wenige
Sammelstellen für relativ große Abfallmengen gibt. Die Kosten
senkende Weg- und Umdeklaration von Haushaltsverpackungen in den
Sektor der Branchenlösungen läuft über Berater innerhalb und im
Umfeld der dualen Systeme. Die aktuelle Diskrepanz zwischen den
erwarteten und tatsächlich gemeldeten Verpackungsmengen von knapp
zwei Millionen Tonnen pro Jahr legt den Verdacht nahe, dass dabei die
Verpackungsverordnung nicht nur großzügig, sondern klar
ordnungswidrig ausgelegt wird.

Der DUH liegen eine Reihe von Angeboten und andere Hinweise vor,
die in diesem Zusammenhang auf rechtlich fragwürdige
Geschäftspraktiken bei der Verpackungslizenzierung deuten. Unter
anderem geht es um die intransparente Aufteilung der Lizenzmengen auf
duale Systeme einerseits und Branchenlösungen anderseits. Für die
Berechnung des Anteils "branchenfähiger Verpackungen" werden meist
durchschnittliche Annahmen der GVM zu Grunde gelegt. Darüber
hinausgehende Anteile an Verpackungen können nur dann in
Branchenlösungen lizenziert werden, wenn sie nachweislich nicht in
den Haushalten landen. Nur die Herstellerunternehmen selbst haben
detaillierte Informationen darüber, welcher Anteil ihrer Verpackungen
in privaten Haushalten bzw. bei den so genannten gleichgestellten
Anfallsstellen landet. Dennoch offerieren einige Berater und
Systembetreiber ihren Kunden offenbar Pauschalangebote zur Aufteilung
der Verpackungsabfälle auf die verschiedenen Entsorgungssysteme.

So bietet beispielsweise eine Beratungsfirma mit eigener
Branchenentsorgung potenziellen Kunden die "kostengünstige Erfüllung
der verpackungsrechtlichen Pflichten [...] durch Optimierung der zur
Verfügung stehenden Entsorgungsmöglichkeiten [...]" an. Alles zu
nicht aufgeschlüsselten Pauschalpreisen, die auffällig unter den
Marktpreisen anderer Wettbewerber liegen. Die Kunden bekommen eine
jährliche Pauschalbestätigung, dass die erforderlichen Rücknahme- und
Verwertungspflichten insgesamt ordnungsgemäß erfüllt wurden. Die
Beratungsfirma arbeitet mit einem "Vollmachtsmodell": Sie schließt
für den Kunden Verträge ab und hinterlegt auch die erforderlichen
Vollständigkeitserklärungen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass
die Kunden nicht mehr wissen, welche ihrer Verpackungen über welchen
Weg entsorgt werden und ob die Aufteilung den Verpflichtungen der
Verpackungsverordnung genügt. Dabei sind nicht nur
Beratungsunternehmen aktiv, sondern auch duale Systeme selbst. Ein
der DUH vorliegendes Angebot eines der neun dualen Systeme belegt,
dass der Anstoß, die Lizenzmengen von den dualen Systemen
wegzudefinieren, teilweise aus den eigenen Reihen kommt.

"Rund-um-sorglos-Pakete mit der pauschalen Bestätigung einer
ordnungsgemäßen Entsorgung mögen für die Unternehmen auf den ersten
Blick reizvoll sein. Dem Hersteller wird schwarz auf weiß
dokumentiert, dass er angeblich seinen Pflichten bei der
Verpackungsentsorgung nachkommt. Ob dies in der realen Welt der Fall
ist interessiert ihn nicht. Doch die Verantwortung hört nicht mit dem
Aushandeln eines günstigen Entsorgungsvertrags auf", mahnt Maria
Elander, die Leiterin Kreislaufwirtschaft bei der DUH. Die Hersteller
sind im Sinne der Produktverantwortung für die ordnungsgemäße
Entsorgung ihrer Verpackungen verantwortlich. Sie müssten deshalb in
jedem Fall in der Lage sein, zu belegen, was faktisch mit ihren
Verpackungen passiert. Dies sei aber mit einigen derzeitigen
Vertragskonstellationen nicht möglich.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0 Mobil.: 0171
3649170, resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, DUH, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, Fax: 030 2400867-19,
Mobil: 0160 5337376, elander@duh.de

Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171
5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de


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