(Registrieren)

WAZ: Wie ein Amt den Mann formt - Außenminister Guido W. Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 10-11-2009

Essen (ots) - Man wird ihn fast schon beschützen müssen, unseren
neuen deutschen Außenminister. Der derzeitige Hauptvorwurf gegen
Guido Westerwelle zielt auf seine lustvolle Anpassung an den Rest der
Welt und an sein neues Amt. Guido ist nicht mehr Guido. Aus dem
Provokateur aus elf Jahren Opposition ist binnen Wochen der Anpasser
geworden. Gestern im Bundestag war er wieder zu sehen und zu hören,
der neue Spitzen-Diplomat.

Man stelle sich einen traurigen Moment lang vor, es wäre
andersherum gekommen. Und der alte Guido wäre identisch mit dem neuen
Guido. Ein deutscher Elefant im globalen Porzellanladen. Was gäbe das
für fröhliche Schlagzeilen: Westerwelle brüskiert Washington wegen
Opel. Westerwelle hält Sarkozy einen Rückfall in Nationalismus vor.
Westerwelle belehrt Holländer über deren wahre Bedeutung. Westerwelle
droht dem Iran mit der Bundeswehr. Und so weiter. Ein deutscher
Außenminister hat das Zeug dazu, in sehr kurzer Zeit sehr viel
Glasschaden zu erzeugen.

Das hat Westerwelle bislang vermieden. Gemessen an der
zerstörerischen Alternative, keine schlechte Leistung. Westerwelles
Vorbild als Außenminister heißt Genscher, und der war, obwohl
Weltmeister der wichtigtuerischen Unverbindlichkeit, am Ende seiner
Amtszeit reichlich beliebt. Die Deutschen verbanden mit Genscher die
Gewissheit, im Ausland anerkannt, gehört und geachtet zu werden. Für
eine größere Mittelmacht mit zweifelhafter Vergangenheit, Verursacher
dreier Kriege aus nationaler bzw. nationalistischer Aufwallung (den
deutsch-französischen Krieg 1870/71 muss man mindestens aus Pariser
Sicht mitrechnen) das Optimum des Erreichbaren.

Genscher-Deutschland war Europas Mitte. Und wenn sich Westerwelle
dasselbe vorgenommen hat, wäre nichts dagegen einzuwenden. Ein
Lautsprecher als Bundesaußenminister käme einem tiefgreifenden
Verstoß gegen die deutschen Interessen gleich. Niemals darf einem
deutschen Außenminister Parteipolitik vorgeworfen werden. Jene, die
Westerwelle den patriotischen Akt vorwerfen, sein Parteibuch an der
Tür zum Außenamt abgegeben zu haben, trauern um die entgangene
Möglichkeit, einen deutschen Rumpelstilz in Grund und Boden stampfen
zu können. Sollte Westerwelles Karriere im Außenamt auch nur
annähernd wie die von Genscher verlaufen, es wäre folgenlos für die
FDP, aber gut für den Mann und gut für das Land.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

236030

weitere Artikel:
  • Höhn: Koalition ein "Hühnerhaufen" / Altmaier: "Zückerli" für Interessengruppen normales Phänomen Bonn (ots) - Bonn/Berlin, 10. November 2009 - Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Bärbel Höhn, wirft der schwarz-gelben Koalition Zerstrittenheit vor. In der PHOENIX RUNDE (Ausstrahlung heute, 22.15 Uhr) sagte Höhn, die Koalition sei schon jetzt "ein total zerstrittener Hühnerhaufen. Die Regierungserklärung ist noch gar nicht gelesen, da müssen die schon eine Klausur vereinbaren, wo sie die ganzen zerstrittenen Punkte wieder zusammenbringen." Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Joachim mehr...

  • WAZ: Ausnahme. Kommentar von Theo Schumacher Essen (ots) - Mit dem "finalen Rettungsschuss", der als "gezielter Todesschuss" einst zu den Aufreger-Themen der Republik zählte, setzt NRW um, was andere Länder längst vollzogen haben. Viel zu lange hat es gedauert, bis Innenminister Wolf sein Polizeigesetz nach monatelangen Widerständen der CDU durchs Kabinett brachte, als weichgespülte Version. Immerhin: Die Regierung gibt Polizisten nun Flankenschutz in lebensbedrohenden Situationen. Sie entschärft ihr Rechtsrisiko. Das heißt nicht, dass der Finger am Abzug künftig lockerer sitzt, mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Soziales / Renten Osnabrück (ots) - Kalte Dusche Aus der wohlig warmen Wanne unter die eiskalte Dusche: Die deutschen Rentner erleben gegenwärtig extreme Wechselbäder. Auf überraschend satte Rentenerhöhungen im Sommer folgen jetzt magere Jahre, in denen es keine oder nur sehr geringe Anhebungen der Bezüge gibt. Das ist bitter - aber unvermeidlich. Denn an der Notwendigkeit, die Rentenversicherung zukunftsfest zu machen, hat sich nichts geändert. Die junge Generation wird extrem belastet. Sie muss für immer mehr Rentner aufkommen; ohne dauerhafte mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Regierungserklärung / Merkel Osnabrück (ots) - Ratlos, aber entschlossen Keine Schnörkel, keine Versprechen, dafür brutalstmögliche Ehrlichkeit. Kanzlerin Angela Merkel hat in ihrer ersten Regierungserklärung gar nicht erst versucht, Visionen zu wecken. Wie eine Buchhalterin der Krise hat sie den Deutschen eine Rechnung aufgemacht, die jede Illusion nimmt: Es wird 2010 noch schlimmer. Und ob es klappt, durch weitere gepumpte Staatsgelder die Wirtschaft anzukurbeln, ist auch nur eine vage Hoffnung. Die Kanzlerin ratlos, aber entschlossen. Das ist der Eindruck, mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Verkehr / Autobahn Osnabrück (ots) - Impulse mit Zukunft Die Autobahnbauer können eigentlich machen, was sie wollen: Sie ziehen sich den Unmut der Verkehrsteilnehmer zu, wenn sie gerade nicht auf der Baustelle zu sehen sind. Ebenso werden sie beschimpft, wenn sie mit ihrer Arbeit nervige Staus verursachen. Das nun vorgestellte Pilotprojekt dürfte die Bauarbeiter auf den Autobahnen nicht auf einen Schlag zu Lieblingen der Nation machen. Aber die prognostizierte Verkürzung der Bauzeit würde im konkreten Fall neun Monate weniger Zeitverlust durch Staus mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht