(Registrieren)

Berliner Morgenpost: Jamaika rückt nun auch näher an Berlin - Leitartikel

Geschrieben am 05-11-2009

Berlin (ots) - Nun ist auch diese Koalitionsoption nicht länger
bloße politische Spielerei, sondern Realität. Im Saarland ist eine
Dreierkoalition aus CDU, FDP und Grünen geschmiedet worden. Mit
diesem schwarz-gelb-grünen Bündnis, nach den Nationalfarben des
Inselstaats auch Jamaika-Koalition tituliert, wird das Denken und
Taktieren in den hergebrachten politischen Lagern weiter aufgeweicht.
Fast alles scheint fortan möglich. Allein zwischen CDU und CSU
einerseits, Linkspartei andererseits türmen sich in den Ländern wie
im Bund unüberwindbare Blockaden auf. Diese neue Beweglichkeit ist in
erster Linie dem Fünfparteiensystem geschuldet, das sich im Gefolge
der Wiedervereinigung mit der Linkspartei in Deutschland wohl
endgültig etabliert hat.
Eine neue parteipolitische Statik, die ihre Vorzüge, aber auch
gravierende Nachteile hat.
Zu den Vorteilen zählt zweifellos, dass schroffe politische
Gegensätze im Lande geschliffen werden und damit neue Politikansätze
eine Chance bekommen. Als Katalysator für solch neue Entwicklungen
erweisen sich derzeit insbesondere die Grünen. Im Saarland stellen
sie gerade die gesamte bisherige Energiepolitik auf den Kopf und mit
einem bisherigen Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft als neuem Bildungsminister wohl gleich auch noch die
Bildungspolitik. Vergleichbares ist den Grünen bereits in ihrem
ersten Zweierbündnis mit der CDU in Hamburg gelungen. Und in Berlin
lässt Parteivize Thomas Heilmann gerade neue, liberale Töne in der
Integrationspolitik hören. Um an der Macht zu bleiben oder sie zu
erringen, legen die noch größeren Parteien CDU und SPD immer häufiger
eine erstaunliche Flexibilität an den Tag. Sie haben keine andere
Wahl, solange sie der Wähler zum derzeitigen Schrumpfungsprozess
verurteilt.
Zum Nachteil der neuen Offenheit gerät dagegen, dass der Bürger immer
weniger weiß, für welche Politik sich die von ihm bevorzugte Partei
nach der Wahl entscheidet. Diese Ungewissheit bis hin zur
Enttäuschung lockert die ohnehin schwächer gewordene Bindungskraft
vor allem der großen Parteien weiter und führt schlechtestenfalls zu
künftiger Wahlverweigerung. Deshalb muss es inhaltliche Grenzen
geben, müssen ein paar Grundüberzeugungen gewahrt werden, ohne die
jede Partei ihren politischen Anspruch und damit ihre Glaubwürdigkeit
verspielen würde. Solche Grundsatztreue wird in einem
Fünfparteiensystem allerdings zu einer Gratwanderung.
Dabei mausern sich die Grünen wie jetzt wieder im Saarland zum
wichtigen Mehrheitsbeschaffer. Was die CDU erfreut, macht der SPD
größte Sorge. Vorbei die Zeit, da die Grünen allein mit ihr konnten
und wollten. Auch in Berlin ist nichts mehr ausgeschlossen. Jamaika
liegt hier - Umfragen signalisieren es - näher, als es der Regierende
Bürgermeister wahrhaben will. Und was im Land getestet wird, bricht
sich politisch irgendwann Bahn, auch im Bund. Die neue
schwarz-gelb-grüne Liebelei an der Saar könnte Klaus Wowereit nicht
allein im Roten Rathaus, sondern auch bei seinen Kanzlerambitionen
gefährlich werden.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

235181

weitere Artikel:
  • Stuttgarter Nachrichten: Steuerausfälle Stuttgart (ots) - Baden-Württemberg steuert auf eine Rekordverschuldung zu. In einem Land, das gerne Kinderland Nummer eins sein will, ist das ein bedenkliches Signal. Die Rechnung werden die Bürger zahlen - zum Beispiel durch steigende Musikschulgebühren. Der künftige Ministerpräsident Mappus wird deshalb gefordert sein. Seine Maxime kann nur noch lauten: Sparen, sparen, sparen - auch wenn die Landtagswahl naht. Originaltext: Stuttgarter Nachrichten Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/39937 Pressemappe via RSS mehr...

  • Westdeutsche Zeitung: Für Opel kämpfen statt für Standorte Von Friedrich Roeingh = Düsseldorf (ots) - Die Empörungskurve nimmt ihren Lauf. Nachdem sich zunächst die Politik über den 180-Grad-Schwenk von General Motors erzürnt hat, gingen gestern die Arbeitnehmer auf die Barrikaden. Die Wut der Opelaner ist nur allzu verständlich. Für die unausweichlich gewordenen Verhandlungen mit GM ist sie gleichwohl ein schlechter Ratgeber. Deshalb werden auch die Betriebsräte und die Gewerkschafter bald schon abrüsten. Bei der Politik mag das noch etwas dauern. Schließlich verdeckt die Entrüstung über die abgezockten Herren aus mehr...

  • Rheinische Post: Autoexperte: Bundesregierung steht wegen Opel vor einem Scherbenhaufen Düsseldorf (ots) - Die Bundesregierung hat sich nach Ansicht des Automobilexperten Stefan Bratzel von der Hochschule Bergisch-Gladbach mit ihrem Vorgehen in Sachen Opel geschadet. "Sie steht vor einem veritablen Scherbenhaufen", sagte Bratzel der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Freitagsausgabe). Die frühe Festlegung auf den Zulieferer Magna als Übernahme-Interessenten für Opel von General Motors (GM) sei falsch gewesen und habe deshalb auch die EU-Kommission auf den Plan gerufen, so der Automobilexperte. Trotzdem habe die mehr...

  • Rheinische Post: Nahost-Gefahren Düsseldorf (ots) - von Godehard Uhlemann Palästinenserpräsident Mahmud Abbas will bei der für Januar angesetzten Wahl nicht mehr kandidieren. Man mag das in Israel mit einem "Gott sei Dank" quittieren, mit Achselzucken oder einem auftrumpfenden Lächeln. Doch den Kern trifft das nicht. Abbas ist verbittert, dass den festgefahrenen Friedensgespräche mit Jerusalem kein belebender Odem eingehaucht werden kann. Der Palästinenser will vor Gesprächen einen Stopp der illegalen Siedlungspolitik, Israel lehnt das ab und die USA, die sich vollmundig mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Schwarz-gelbe Mystik Die Koalition und die Steuerschätzung Cottbus (ots) - Aufgrund der Steuerschätzung wird die schwarz-gelbe Bundesregierung nicht neu über ihre Entlastungspläne nachdenken. Warum auch? Die Ausgangslage für Union und FDP hat sich ja nicht wesentlich verändert. In diesen Schuldenzeiten sind drei Milliarden Euro weniger für Bund, Länder und Gemeinden schlichtweg Peanuts. Zumindest dann, wenn man Steuersenkungen wie ein Wachstums-Mantra, wie einen mystischen Energiezufluss für den Bundeshaushalt propagiert. Nicht jeder glaubt daran. Vor allem nicht die Länder. Die Schlacht im mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht