(Registrieren)

Druckchemikalien in Getränkekartons: Kartell des Schweigens und Vertuschens

Geschrieben am 03-11-2009

Berlin (ots) - Deutsche Umwelthilfe beklagt unzureichende
Informationen über Chemiekaliencocktail in Getränkekartons -
Verbraucherschutzministerium und betroffene Unternehmen spielen trotz
der Erfahrungen mit der Druckchemikalie ITX erneut mit der Gesundheit
der Verbraucher - DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch warnt vor
Gesundheitsgefahren und fordert von Verbraucherministerin Aigner
(CSU) und Unternehmen Offenlegung und toxikologische Bewertung der
eingesetzten Chemikalien

In Getränkekartons verpackte Lebensmittel und Säfte können nach
wie vor mit unterschiedlichen Druckchemikalien belastet sein, die aus
den Aufdrucken der Verpackungen stammen. Um welche Chemikalien es
sich im Einzelnen handelt, in welchen Konzentrationen sie auftreten,
ob und in welcher Weise sie die Gesundheit der Konsumentinnen und
Konsumenten gefährden und in welchen Lebensmitteln sie auftreten,
versucht die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) bereits seit Monaten
auf Grundlage des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG)
herauszufinden. Bisher allerdings ohne durchschlagenden Erfolg.

Zwar hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (BMELV) bereits im Juni 2009 auf entsprechende
Anfragen schriftlich mitgeteilt, dass im Rahmen der amtlichen
Überwachung durch die Bundesländer insgesamt neun unterschiedliche so
genannte Photoinitiatoren in Lebensmitteln festgestellt worden seien.
Nur für zwei der neun Druckchemikalien (Benzophenon und
4-Methylbenzophenon) verfüge das BMELV jedoch über Daten zur
Giftigkeit und Risikobewertungen der zuständigen Behörden. Unter
Verweis auf die mögliche Verletzung von Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen der betroffenen Unternehmen lehnte das BMELV
bislang Antworten auf konkrete Nachfragen der DUH ab -
beispielsweise nach den auffälligen Produkten, der Höhe der
Belastungen oder möglicherweise ergriffenen Maßnahmen zur Vermeidung
weiterer Kontaminationen.

Die marktführenden Getränkekartonhersteller Tetra Pak und Elopak
verweigerten wiederholt jede Auskunft zu den Produktionsverfahren als
auch zu den derzeit eingesetzten Druckchemikalien und ihrer
Toxizität. Zuletzt teilten die Unternehmen Anfang Oktober in
gleichlautenden Schreiben an die DUH lediglich mit, die
Photoinitiatoren würden in Übereinstimmung mit EU-Vorschriften
eingesetzt. Eine Überprüfung dieser Behauptung wird aber dadurch
unmöglich gemacht, dass die eingesetzten Chemikalien nicht
offengelegt werden. Nach Artikel 3 der EU-Rahmen¬verordnung
1935/2004/EC für Materialien im Kontakt mit Lebensmitteln müssen
Produkte nach guter Herstellungspraxis so hergestellt und verpackt
werden, dass keine Bestandteile in die Produkte gelangen, die die
menschliche Gesundheit gefährden. Da letzteres bei den behördlich
festgestellten Belastungen aufgrund der mangelhaften Datenlage nicht
bekannt ist, wird die EU-Verordnung nach Überzeugung der DUH gerade
nicht eingehalten.

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sieht angesichts der
verweigerten Daten eine erhebliche Unsicherheit für Verbraucher und
Verbraucherinnen bei Getränkekarton-Produkten der Firmen Tetra Pak
und Elopak, solange die mögliche Belastung mit problematischen
Chemikalien nicht bekannt gemacht wird. Das
Verbraucherschutzministerium setze - wie seinerzeit bei der
Druckchemikalie Isopropylthioxanthon (ITX) - die
Informationsverweigerung um die Veröffentlichung von Verunreinigungen
von Kartonsäften erneut in enger Abstimmung mit der verantwortlichen
Industrie fort. Im Fall von ITX hatte es fünf Gerichtsurteile bis hin
zum Bundesverwaltungsgericht und mehr als drei Jahre gebraucht, um
das Ministerium zu zwingen, die dort vorliegenden Informationen der
DUH auszuhändigen. Zu diesem Zeitpunkt waren die kontaminierten Säfte
längst durch die Kehlen der Verbraucher vollständig entsorgt.

Resch: "Ilse Aigner setzt konsequent die Politik fort, die
Industrie vor den Verbrauchern zu schützen. Weder Regierung noch die
Getränkekartonhersteller Tetra Pak und Elopak haben aus ihrer
Niederlage vor den Gerichten im Fall ITX etwas gelernt. Das Kartell
des Schweigens formiert sich erneut." Es bleibe abzuwarten, ob die
DUH erneut die Gerichte bemühen müsse oder ob das
Verbraucherschutzministerium dieses Mal seiner vornehmsten Aufgabe,
die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen, ohne Nachhilfe
nachkomme.

Nach den detaillierten Nachfragen der DUH hat das BMELV die
betroffenen Unternehmen inzwischen um schriftliche Stellungnahmen zur
möglichen Weitergabe der vorliegenden Informationen an die DUH
gebeten. "Angesichts des bisherigen Informationsgebarens der
Hersteller wäre eine Zustimmung zur Weitergabe der Informationen zu
den Chemikalienbelastungen, gelinde gesagt, etwas überraschend. Doch
die Gerichte haben zwischenzeitlich mehrfach entschieden, dass
Informationen über die Verunreinigung von Lebensmittel ausdrücklich
keine Betriebsgeheimnisse darstellen", kommentierte die Leiterin
Kreislaufwirtschaft bei der DUH, Maria Elander, den Stand des
Verfahrens. Es gehe hier nicht um eine Bitte der DUH, sondern um das
im Verbraucherinformationsgesetz jedem Bundesbürger zugesicherte
Informationsrecht. Elander: "Wir erleben erneut Verzögerungen,
während in der Zwischenzeit mutmaßlich belastete Produkte
weiterverkauft werden, von denen die Verbraucher nicht das Geringste
ahnen".

Für die laufende Anfrage der DUH hat das BMELV die Erhebung von
Gebühren angekündigt. Sie können nach dem VIG dann erhoben werden,
wenn das Ministerium zu der Auffassung gelangt, dass eine Anfrage
nicht im öffentlichen Interesse sei. Elander: Noch vor der
Entscheidung über die Erteilung der eigentlichen Auskunft wird so
die Überzeugung des Ministeriums kund getan, dass Informationen über
Chemikalienbelastungen in Lebensmitteln nicht von öffentlichem
Interesse sind".

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat auf Anfrage der
DUH bestätigt, dass die Behörde noch immer über "keine Informationen
zu aktuell in Druckfarben für Getränkekartons verwendete Stoffen"
verfüge. Die Bewertung dieser Situation durch das BfR ist - im
Gegensatz zu der des Aigner-Ministerium ausgesprochen klar:
Grundsätzlich halte das BfR den Einsatz von Photoinitiatoren, für die
keine oder keine ausreichenden toxikologischen Daten zur Verfügung
stehen, für "nicht sachgerecht".

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin, Mobil.: 0171 3649170, Fax: 030 2400867-19, E-Mail:
resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, Fax: 030 2400867-19, Mobil: 0160
5337376, E-Mail: elander@duh.de

Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin, Tel.: 030 2400867-0, Fax: 030 2400867-19, Mobil:01715660577,
E-Mail: rosenkranz@duh.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

234520

weitere Artikel:
  • Kölner Stadt-Anzeiger: Vorab Kölner Stadt-Anzeiger zur Kriegs-Debatte: Bartels (SPD): Wir sind nicht im Krieg mit Afghanistan Ströbele (Grüne): Das ist Krieg Köln (ots) - Köln. Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels hat die jüngsten Äußerungen von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zur Beschreibung der Lage in Afghanistan kritisiert. "Der Kampf um den Begriff Krieg scheint mir absurde Formen anzunehmen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwoch-Ausgabe). "Es gibt Kampfhandlungen und Gefechte. Aber wir sind nicht im Krieg mit Afghanistan." Im Übrigen stellten auch die, die nicht von Krieg sprächen, die Tapferkeit der deutschen Soldaten nicht in Abrede. Was am mehr...

  • Caritas zu Zivildienst Berlin (ots) - Verkürzung des Zivildienstes führt nicht zum Zusammenbruch der sozialen Arbeit Differenzierte Diskussion zur Gestaltung des Zivildienstes erforderlich "Die geplante Verkürzung des Zivildienstes von neun auf sechs Monate wird zwar das Profil und die Durchführung des Zivildienstes verändern, aber auch künftig kann der Zivildienst als ein wichtiger Lerndienst gestaltet werden", macht Caritas-Präsident Peter Neher deutlich. Die Einrichtungen und Dienste sind durch die Verkürzung nicht gefährdet, so Neher. Die aktuelle mehr...

  • Rheinische Post: SPD-Fraktionsvize Ziegler: Regierung muss Konzept für Zivildienst vorlegen Düsseldorf (ots) - Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dagmar Ziegler, hat die Bundesregierung wegen der geplanten Verkürzung des Zivildienstes scharf kritisiert. "Da ist offenbar nicht nachgedacht worden. Ich erwarte von der Regierung, dass sie ein Konzept vorlegt, wie in einem auf sechs Monate verkürzten Zivildienst noch die Qualität der Arbeit garantiert werden kann", sagte Ziegler der "Rheinischen Post" (Mittwochausgabe). Wenn der Zivildienst verkürzt werde, müssten Ehrenamt und Freiwilligendienste gestärkt werden, mehr...

  • WAZ: DRK-Präsident Seiters sorgt sich um Entwicklung beim Zivildienst Essen (ots) - Der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters, fordert von der Bundesregierung einen Ausgleich, wenn Wehr- und Zivildienst auf sechs Monate verkürzt werden. "Das DRK sieht die Entwicklung mit Sorge. Mehr als 70 000 Zivildienstleistende erbringen jedes Jahr segensreiche Zusatzleistungen für unsere Gesellschaft, besonders im sozialen Bereich", sagte der ehemalige Bundesinnenminister den in Essen erscheinenden Zeitungen der WAZ-Gruppe (Mittwochausgabe). Wenn die Politik den Dienst "durch Verkürzung unattraktiv mehr...

  • Der Tagesspiegel: "Platzeck liegt falsch" - Historiker Heinrich August Winkler kritisiert Waffen-SS-Vergleich des brandenburgischen Ministerpräsidenten Berlin (ots) - Der Berliner Historiker Heinrich August Winkler hat Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) scharf kritisiert. "Platzeck liegt falsch", sagte Winkler dem Tagesspiegel im Interview (Ausgabe vom Mittwoch). Platzecks Vergleich der aus seiner Sicht notwendigen politischen Integration ehemaliger SED-Funktionsträger mit der von Angehörigen der Waffen-SS nach 1945 sei falsch, sagte Winkler am Dienstag dem Tagesspiegel. Der Vergleich bleibe inkonsequent, wenn man nicht benenne, was beide Regime gemeinsam haben - mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht