(Registrieren)

Berliner Morgenpost: Laute Töne, leise Sieger und ein paar Fragen - Kommentar

Geschrieben am 19-10-2009

Berlin (ots) - So ist das nun mal bei Koalitionsverhandlungen,
auch bei solchen, bei denen ein Scheitern von vornherein
ausgeschlossen ist, wie im aktuellen Fall. Man plustert sich auf. Man
brüllt sich kurz vor dem Ziel noch mal kräftig an, damit einen auch
alle hören. Und dann unterschreibt man.
Ein Scheitern der Verhandlungen? Undenkbar. Nach all den
gegenseitigen Liebesbekundungen der vergangenen - na, sagen wir -
acht, neun Jahre. Ausgeschlossen. CDU und CSU und FDP werden einen
Koalitionsvertrag vereinbaren in den kommenden Tagen. Da mögen sich
Wulff und Westerwelle noch so sehr ins Zeug legen beim Erwecken des
Eindrucks, man könne auch anders. Nein, können sie nicht.
Und auch das ist klar: Am Ende dieser Verhandlungen werden alle drei
Parteien als Sieger daraus hervorgehen. Der Koalitionsvertrag wird
sowohl die deutliche Handschrift der CSU als auch die mindestens
ebenso deutliche der FDP tragen. Und die der CDU natürlich, nur dass
die diesen Umstand, dem Naturell der Kanzlerin entsprechend, etwas
weniger lautstark betonen wird als ihre beiden Partner Seehofer und
Westerwelle es nötig zu haben scheinen. Wahre Sieger genießen still,
diese Regel beherzigt niemand so sehr wie Angela Merkel.
Am Ende, auch das weiß die große Strategin, das wissen im Grunde aber
auch alle anderen Beteiligten, geht es ohnehin um Nuancen und nicht
um große Sprünge. Das liegt zum einen an der allseits bekannten
Schieflage der Staatsfinanzen. Das liegt zum anderen aber auch daran,
dass nicht nur die beiden sogenannten Volksparteien sich in den
vergangenen Jahren aufeinander zubewegt haben. Im Grunde sind alle
einigermaßen bürgerlichen Parteien - Union, SPD, FDP, Grüne - enger
zusammengerückt, auf den großen Feldern der Politik allemal. Selbst
die Linke, die ja immer die allerdicksten Backen macht, rückt
spätestens in dem Moment Richtung gesellschaftlicher Mitte, in dem
sie auch nur einen Zipfel Verantwortung übernimmt.
Und dennoch gibt es ein paar Dinge, auf die man achten sollte in den
nächsten Tagen, spätestens wenn der schwarz-gelbe Vertrag vorgelegt
wird: Wie werden die Steuererleichterungen, ohne die es nach dem
Getöse von FDP und CSU ja nicht mehr geht, finanziert? Steigen im
Gegenzug die Abgaben? Zum Beispiel über erhöhte Krankenkassen- oder
Arbeitslosenbeiträge? Über die Streichung sogenannter
Steuerprivilegien, bei der es natürlich auch nur in den seltensten
Fällen gerecht zugehen würde. Man denke nur an die beträchtlichen
Einbußen, die zum Beispiel Krankenschwestern oder Beschäftigte im
noch schlechter bezahlten Pflegedienst hinnehmen müssten, wenn
Nachtzuschläge künftig nicht mehr steuerbefreit wären. Würde das dann
zum Beispiel der Binnenkonjunktur nutzen, die ja häufig bemüht wird
in diesen Tagen, um Adam Riese außer Gefecht zu setzen? Oder vertagen
wir die Lasten des nötigen wirtschaftlichen Aufschwungs auf St.
Nimmerlein, also auf die nachfolgenden Generationen? Das wäre
natürlich der bequemste, auch der ausgetretenste, aber eben auch der
schändlichste Weg.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

231645

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische: Britische Streitkräfte in Deutschland auf Sparkurs Schizophrene Situation NICOLE HILLE-PRIEBE Bielefeld (ots) - Manchmal ist der Flurfunk schneller als offizielle Stellen, die unangenehme Nachrichten gerne so lange zurück halten wie möglich. Im Fall der von den britischen Streitkräften in Senne geplanten Kampfdörfer soll ein beteiligtes Planungsbüro am Freitag per Fax über den Stopp der Baumaßnahme unterrichtet worden sein. Begründung: Großbritannien ist klamm und kann sich das Projekt nicht mehr leisten. Die Umweltverbände und die an den Protesten gegen die Kampfdörfer beteiligten Bürger dürften diese Wende zwar mit wachsender mehr...

  • Neue Westfälische: Hygienemängel bei Lebensmitteln Unappetitlich HUBERTUS GÄRTNER Bielefeld (ots) - Wer den Jahresbericht des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz liest, dem dreht sich glatt der Magen um. In jeder dritten Döner-bude stellten die Kontrolleure hygienische Mängel fest. Auch beim Speiseeis ist für den VerbraucherVorsicht angesagt. Manche Eiskugeln enthalten Keime. Auch bei den Inhaltsstoffen gibt es vielfach Etikettenschwindel. Zu diesen negativen Meldungen passt, dass sich aktuell ein Ekelfleisch-Großhändler vor dem Landgericht im niederbayerischen Deggendorf verantworten muss. mehr...

  • Neue Westfälische: Wahlanalyse SPD auf die Couch ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN Bielefeld (ots) - Opposition ist Mist, sagt der scheidende SPD-Parteichef Franz Müntefering. Doch Opposition ist für die verzweifelte SPD auch eine Chance zur Erneuerung an Haupt und Gliedern. Vieles muss sich ändern: Die Kommunikation in der Partei funktioniert nicht richtig. Die Parteispitze hat sich nicht nur zunehmend von der Basis entfernt, sondern auch von der Realität. Dass der scheidende Parteichef Franz Müntefering im Wahlkampf Angela Merkel empfohlen hat, ihre Koffer im Kanzleramt zu packen, war ein untrügliches Zeichen für mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: ACHTUNG SPERRFRIST Dienstagmorgen 01.00 Uhr! Schweinegrippe - Lauterbach (SPD) spricht von "katastrophaler Informationspolitik" der Bundesregierung Keine Qualitätsunterschiede Köln (ots) - SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble vorgeworfen, mit einer "katastrophalen Informationspolitik" zu den unterschiedlichen Schweinegrippe-Impfstoffen für steigende Gesundheitsrisiken der Bevölkerung mit verantwortlich zu sein. Das "Versagen des Innenministers und der Bundeskanzlerin" in der Informationspolitik berge "medizinisch erhebliche Risiken und Nebenwirkungen", sagte Lauterbach dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstags-Ausgabe). Zwar geben es faktisch keine Qualitätsunterschiede mehr...

  • Rheinische Post: Zeitbombe Soziales Düsseldorf (ots) - Kommentar von Martin Kessler Manchmal kann es bei Koalitionsverhandlungen auch zu friedlich zugehen. Bei der Behandlungen der Sozialversicherung tun die neue Regierungspartner so, als sei alles bestens. Tatsächlich dürften die Wirtschaftskrise, das ungebremste Ausgabenwachstum und die alternde Bevölkerung künftig für erheblichen Sprengstoff bei der Finanzierung der Sozialsysteme sorgen. Bei der Arbeitslosen- und Krankenversicherung werden schon im kommenden Jahr die Probleme sichtbar. Pflege und Rente folgen mit mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht