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Neues Deutschland: Stunde der Demagogen

Geschrieben am 04-09-2009

Berlin (ots) - Gestern hatten sie wieder Großeinsatz - die
Rabulisten, Wortverdreher und Tatsachenvergewaltiger der
Bundesregierung mit Spezialisierung Afghanistan. Ihr gestriger Tatort
hieß Bundespressekonferenz, wo es für sie galt, ein Massaker aus der
Luft - verübt an einem Freitag, dem muslimischen Wochenfeiertag, im
heiligen Fastenmonat Ramadan - seines mörderischen Inhalts zu
entkleiden, in zivilgraue Worthülsen zu verpacken und dann dem
offenbar für minderbemittelt gehaltenen Wahlbürger als
Friedenstherapie mit ungewollten Nebenwirkungen zu verabreichen. So
etwas klappte vor Jahren noch ganz leidlich. Unter dem Schock bis
dato beispielloser, aber bis heute kaum aufgeklärter Attentate und
vernebelt von den Staubwolken eingestürzter Zwillingstürme, wurde
seit Jahrtausendbeginn so ziemlich jede Metzelei von ihren
Verursachern als Krieg gegen den Terror und folglich eigentlich
Friedens»kampf« verkauft; ob in Irak, Tschetschenien oder eben
Afghanistan. Damals in der öffentlichen Wahrnehmung nicht ganz
erfolglos.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Weil Krieg am Ende eben doch
Krieg bleibt; mit Tod und Zerstörung, auch wenn man ihn noch so
hartnäckig zum »robusten Stabilisierungseinsatz mit Kampfhandlungen«
verquast, wie das gestern ein Berliner Ministeriumssprecher
unternahm. Die Gräber sind damit nicht wegzuquatschen; nicht die der
Menschen und auch nicht die der Milliarden. Das mag Jung und
Steinmeier aufgegangen sein, die sich früher so gern vor Kameras über
die »feigen und hinterhältigen« Taliban empörten. Zwar haben jene
sich auch diesmal nicht den NATO-Friedensschützern in offener
Luftschlacht gestellt. Dennoch hielt es zum Beispiel Jung wenige Tage
vor der Wahl offenbar für ratsam, eine untere Charge seines
Ministeriums erklären zu lassen, dass die toten Afghanen »fast alle
gegnerische Kräfte, zumindest Beteiligte« gewesen seien. Und wenn
vielleicht doch ein paar Zivilisten darunter waren, dann bedauert
man das natürlich...

Bei derlei Erklärungen zweifelt man, ob ihre Urheber sich
überhaupt noch daran erinnern, wer hier mit welcher Begründung in
wessen Land eingefallen ist. Man fragt sich, in welchem Handbuch für
»Stabilisierungshelfer« sie gelesen haben, dass entführte Autos mit
Kampfgeschwadern aus der Luft zu bombardieren sind; mit welcher
Berechtigung und welcher Maßgabe die friedlichen deutschen Helfer
Afghanen in »feindliche Kräfte«, »Beteiligte« und »Zivilisten«
einteilen und danach deren Berechtigung zum Weiterleben kalkulieren.

 Die deutschen Helden der ersten Reihe sind etwas kleinlaut
geworden. Im Moment. Sind sie vielleicht gewahr geworden, dass ihre
Sprache und noch mehr die Verlautbarungen ihrer Subalternen immer
stärker den Ton von Frontberichterstattung annehmen? Die Hoffnung ist
wohl zu vermessen, denn es wäre immerhin eine Einsicht, die die
Umkehr zu Vernunft und damit Ausstieg aus dem Krieg nicht
ausschlösse. Darauf deutet aber nichts hin. Die deutschen
Unterstützerparteien für den Afghanistan-Einsatz, also CDU/CSU, SPD,
FDP und Grüne, glauben, darauf vertrauen zu können, dass der deutsche
Michel zwar seiner Verteidigung am Hindukusch misstrauisch
gegenübersteht, aber sie dennoch wählt. Aber das kann sich ja auch
mal ändern.

Originaltext: Neues Deutschland
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59019
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Pressekontakt:
Neues Deutschland
Redaktion

Telefon: 030/2978-1715


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