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Berliner Morgenpost: Die Krise ist nicht vorbei, sie versteckt sich nur - Leitartikel

Geschrieben am 13-08-2009

Berlin (ots) - Vor ziemlich genau elf Monaten ging die Welt noch
unter. Die Lehman-Pleite markierte den Vorabend des Jüngsten Tages.
Nichts werde bleiben, wie es ist, der ganze Erdball umgepflügt, so
erklärten düster Politik und Wissenschaft. Alles müsse sich ändern,
vor allem der Mensch, der gierige und verantwortungslose.
Und jetzt? Alles wieder prima. China brummt, Banken und Boni auch,
und der Rest der Wirtschaft gleich mit. 0,3 Prozent Wachstum
verheißen das Ende der Rezession. Und bald bauen sogar Russen mit
Opel-Technik funktionierende Autos, auch wenn nicht ganz klar ist,
warum der Magna-Deal, der schon vor Monaten als große Einigung
verkauft worden war, noch mal drei Monate lang ausgekaspert werden
musste. Ganz sicher aber ist bei den Verhandlungen zwischen Detroit
und Sberbank alles nach den Regeln von Anstand und Redlichkeit
verhandelt und vergütet worden. Wenn nicht, auch egal: Am Ende bürgt
der deutsche Steuerzahler mit 4,5 Milliarden.
Seltsame Krise. So gut wie weg. Durfte die Erholung so schnell gehen?
Dann haben die Weissager aller Klassen und Länder im letzten Herbst
mächtig übertrieben, als sie das Ende der herrschenden ökonomischen
Ordnung ausriefen. Oder aber die Krise, diese tückische, ist noch gar
nicht vorbei, sondern versteckt sich nur.
Fakt ist: Wir leben nicht nur in einer Aufregungsdemokratie, sondern
auch in einer hysterischen Ökonomie. Die Zahlen der Institute sind so
verlässlich wie die Wahlumfragen der Demoskopen - bestenfalls
Momentaufnahmen.
Mögen einige Zahlen derzeit auch nach oben weisen und der Dax gleich
mit - die Sinnkrise, die im vergangenen Herbst aufblitzte, ist nicht
beendet, sondern hat noch gar nicht richtig angefangen. Die großen
Problemfelder - Energie, Mobilität und Klima, Bildungs- und
Armutsschere, unkontrollierte Bankster - sind nicht bearbeitet,
sondern vertagt worden. Die Abwrackprämie hat der Automobilindustrie
Luft verschafft, aber keine neue Richtung. Für eine Förderung des
E-Mobils fehlt das Geld. Schutzschirme haben das Spargeld der Bürger
gesichert, aber kaum eine Bank ist verschwunden. Landesbanken sind
eben fürchterlich systemrelevant.
Krisen erzeugen Panik, aber auch die Chance für neue Richtungen,
Schwerpunkte, womöglich gar mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Diese Optionen wurden nicht genutzt.
Deutschland mag ordentlich in diesem Sturm gestanden haben, aber eben
nur gestanden. Die Absatzflaute der Autokonzerne wird ebenso kommen
wie die Arbeitslosigkeit und mit dem größten Haushaltsdefizit aller
Zeiten auch die nächste Kürzungsrunde bei den öffentlichen Ausgaben.
Wir haben die Krise nicht bewältigt, sondern die Kosten nur auf das
neue Jahrzehnt verschoben. Vorbei ist gar nichts.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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