(Registrieren)

Berliner Morgenpost: Kommentar - Ein Versprechen, das Berlin sehr teuer kommt

Geschrieben am 26-07-2009

Berlin (ots) - Besserverdienende werden vom Senat künftig
entlastet. Denn mehr als 300 Euro im Monat hat es diese
Bevölkerungsgruppe bisher in Berlin gekostet, ein Kind in einer
öffentlichen Kita betreuen zu lassen. Und weil Klaus Wowereit im
Wahlkampf 2006 versprochen hat, Kindertagesstätten schrittweise für
Kinder ab drei Jahren gebührenfrei zu machen, steigen jetzt die
Nettoeinkommen in vielen Haushalten um zehn Prozent. Aber das Land
Berlin verliert mit jedem Kita-Jahrgang, der keine Gebühren mehr
bezahlt, 17 Millionen Euro. Gleichzeitig fehlt dem Senat das Geld, um
seine hoch gesteckten Ziele für mehr Qualität in der frühkindlichen
Bildung zu realisieren. Dafür brauchen wir mehr und besser
ausgebildete Erzieher sowie freigestellte Kita-Leiterinnen, die ihre
Einrichtung zu Familienzentren aufmöbeln und spezielle pädagogische
Profile entwickeln.
In dieser Lage ist der Ruf nach einem Aussetzen der Gebührenfreiheit,
die interessanterweise ebenso von der Linken wie von der FDP
vertreten wird, zunächst gut nachvollziehbar. Zumal viele Eltern
willens und in der Lage sind, sich finanziell an einer guten Kita für
ihre Kinder zu beteiligen. Sie würden lieber Geld bezahlen und dafür
eine zusätzliche Erzieherin in ihrer Gruppe von 15 Kindern sehen.
Dagegen steht das Argument der SPD: Die Kita ist keine
Aufbewahrungsanstalt, sondern eine Bildungseinrichtung. Die
Grundschule koste ja auch kein Geld. Und Praktiker an der
Integrationsfront verweisen darauf, dass selbst der Mindestbeitrag
von 20 Euro monatlich und die 23 Euro Essensgeld bildungsferne
Eltern, die den Sinn einer Kita für die Entwicklung ihres Nachwuchses
nicht sehen, abschrecken. Sie lassen ihre Kinder dann lieber von der
Omi beaufsichtigen, denn die ist gratis. Dass Omi im Zweifel
Arabisch, Türkisch oder schlechtes Deutsch mit den Kleinen spricht,
stellt später die Grundschulen vor die bekannten Sprachprobleme
vieler Schulanfänger.
Klaus Wowereit und die SPD kommen aus ihrem Wahlkampfversprechen der
freien Kitas nicht mehr heraus. Und langfristig ist die Idee sicher
auch richtig. So muss Wowereit jetzt wohl in den sauren Apfel beißen
und das Geld, das er den Eltern erlassen hat, zusätzlich aus dem
Haushalt für die Kitas bereitstellen. Denn alle Experten sind sich
einig, dass Investitionen in frühkindliche Bildung mittelfristig den
größten Ertrag für die gesunde Entwicklung abwerfen, gerade für
Kinder aus bildungsfernen Schichten.
Oder aber die Sozialdemokraten springen über ihren Schatten und
handeln pragmatisch. Dann könnten sie den Armen den Mindestbeitrag
erlassen, um die Hürden für den Kita-Besuch zu senken.
Mittelschichtfamilien und Besserverdienern könnten sie entgegenkommen
und die in Berlin vergleichsweise hohen Gebühren auf das Niveau
senken, das sie hatten, ehe Rot-Rot 2004 sie massiv in die Höhe
schraubte. Dann kämen mehr arme Kinder in die Kita, und gut
verdienende Eltern würden weiterhin ihren Obolus für ein besseres
Bildungs- und Betreuungssystem beisteuern.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

215985

weitere Artikel:
  • Südwest Presse: Kommentar zu Schmidt/Dienstwagen Ulm (ots) - Was erlauben sich unsere Politiker noch alles? Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt braucht unbedingt ihr eigenes Dienstfahrzeug aus dem rund 2400 Kilometer entfernten Berlin, um Altenheime an ihrem Urlaubsort in Alicante zu besuchen. Fahrzeuge der deutschen Botschaft in Spanien, Mietfahrzeuge oder ein schlichtes Taxi sind wohl unter ihrer Würde. Bei der Vermischung von Urlaub und Dienst fehlt so manchen das geringste Fingerspitzengefühl. Zudem ist der gewissenhafte Umgang mit Steuergeldern vielen Politikern fremd. Noch kein mehr...

  • Westfalenpost: Dienstlicher Urlaub Hagen (ots) - Ministerin jetzt ohne S-Klasse in Alicante Von Bodo Zapp Was Sarkozy und Berlusconi recht ist, ist auch für unsere Spitzenpolitiker nicht billig. Allerdings mit Abstrichen, was die luxuriöse Repräsentation betrifft. Tatsächlich fällt die Vorstellung schwer, sie könnten wie unsereins ins Reisebüro gehen und ihren Urlaub buchen: Einmal Doppelzimmer mit Halbpension - für Ausflüge bitte den Mietwagen mit Klimaanlage. Von Regierungschefs wird erwartet, dass sie irgendwie immer im Dienst sind. Deshalb ist die Kanzlerin nicht allein mehr...

  • WAZ: Ulla Schmidt und ihr Dienstwagen - Mal ausspannen! Kommentar von Frank Stenglein Essen (ots) - Politiker und ihre Dienstwagen - eine Kombination, die geeignet ist, Bürger aus dem Stand auf die Palme zu bringen. Ob immer zu Recht ist die Frage. Man mag von diesem oder jenem Minister politisch wenig halten, doch ist die zeitliche Arbeitsbelastung in aller Regel beachtlich. Während eines oft voll gepackten Tages sind privat und dienstlich kaum mit absoluter Trennschärfe auseinander zu halten. Nachhaken sollte da nicht in eifernde Erbsenzählerei ausarten. Allerdings: Nachvollziehbar müssen die Dinge im Groben schon sein, mehr...

  • WAZ: Die Union und die Homosexuellen - Fortschritt, Rückschritt. Kommentar von Dirk Hautkapp Essen (ots) - Wer die Schwesterparteien CDU und CSU in Verlegenheit stürzen möchte, muss nur ihr Verhältnis zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften abtasten. Brigitte Zypries, die Justizministerin von der SPD, wusste das, als sie sich dafür aussprach, Schwulen und Lesben die Adoption von Kindern zu ermöglichen. Was den Vorstoß aber nicht unglaubwürdig macht. Unglaubwürdig ist dagegen eine Union, die bei der Modernisierung ihres Familienbildes zwischen Fortschritt und Rückschritt pendelt. Die Heftigkeit, mit der hochrangige Christdemokraten mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Ulla Schmidts »Dienstwagenaffäre« Bielefeld (ots) - Richtig ist, dass sich der materielle Schaden aus Ulla Schmidts »Dienstwagenaffäre« arg in Grenzen hält. Das Fahrzeug gibt es ohnehin, und der Chauffeur muss auch bezahlt werden, wenn er nicht im Dienst ist. Bleiben die etwa 5000 Kilometer für Berlin-Alicante und zurück. Richtig ist auch, dass ohne den Diebstahl des Wagens kaum jemand Kenntnis von der Spanien-Tour erlangt hätte. Nun aber hat es den Diebstahl gegeben, und Sommerloch sowie Vorwahlkampf verleihen der Sache zusätzliche Brisanz. Das wirklich Schlimme aber mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht