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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Großen Koalition/Bilanz

Geschrieben am 01-07-2009

Bielefeld (ots) - FDP-Chef Guido Westerwelle hat auf die Frage,
was er sich von einem »Kanzlerduell« im Fernsehen verspreche,
Folgendes gesagt: »Das ist kein Kanzlerduell, sondern ein
Selbstgespräch der Regierung.«
So ist das eben mit der Großen Koalition. Vier Jahre lang fehlten die
kontroversen Diskussionen. Vier Jahre lang gab es keine mächtige
Opposition. Vier Jahre lang fehlte das Feuer unter dem
sprichwörtlichen Hintern der Regierungsparteien.
Wenn zwei sich lieb haben müssen, kann keine echte Liebe entstehen.
So kam die Große Koalition nach der Bundestagswahl 2005 durch eine
Verlegenheitshochzeit zustande. Auch in den folgenden Jahren blieb es
nicht mehr als eine Zweckehe.
Längst überfällige Vorhaben, wie zum Beispiel die große Steuerreform,
wurden nicht angepackt. Die Große Koalition hat die Mehrwertsteuer
erhöht und somit die Bürger empfindlich mit 23 Milliarden Euro zur
Kasse gebeten. Auch in Sachen Bildungspolitik hat sich Schwarz-Rot
nicht mit Ruhm bekleckert. Ein Dorn im Auge war und ist für viele
Menschen die Rente mit 67. Diese Entscheidung hat dazu geführt, dass
der SPD ein Teil des linken Flügels wegbrach. Die Folgen mit Gründung
der Linkspartei sind bekannt.
Personell gab es in der Großen Koalition einige Enttäuschungen (Glos,
Tiefensee, Jung, Wieczorek-Zeul), viel Mittelmaß (Zypries, Schmidt,
Gabriel, Scholz, Schavan, Aigner) und nur wenige Leistungsträger (zu
Guttenberg, Steinbrück, Steinmeier, von der Leyen).
Weil es in der SPD bisweilen wie auf Schalke zuging (vier Parteichefs
in drei Jahren), war bis auf eine Ausnahme (Michael Glos) die Union
um Kanzlerin Angela Merkel die Konstante der Großen Koalition. Merkel
hat den Laden geschickt zusammengehalten, obwohl ihr aus den eigenen
Reihen häufig vorgeworfen wurde, den Weichzeichner über die Union
gezogen zu haben.
Schwarz-Rot hat sich trotz aller Kritik dennoch als Glücksfall
erwiesen. Denn als schnelles Handeln aufgrund der Krise nötig war,
als die Wirtschaft und die gesamte Finanz- und Bankenwelt
unterzugehen drohte, war die Große Koalition da und bewies
Handlungsbereitschaft und Handlungsfähigkeit. Auf die Fahnen
schreiben kann sich Schwarz-Rot auch eine Zahl, die heute leider
schon wieder Geschichte ist: Im Oktober 2008 sank die
Arbeitslosigkeit erstmals seit 16 Jahren unter die Marke von drei
Millionen. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung erreichte ein
Rekordtief von 2,8 Prozent.
Die Große Koalition - sie war nicht so schlecht, wie sie von vielen
gemacht wird. Sie ist aber auch längst nicht so gut gewesen, wie es
CDU und SPD zum Teil gebetsmühlenartig predigen.
Glaubt man den Umfragen, wird die Koalition abgewählt und durch ein
schwarz-gelbes Bündnis ersetzt. Am 27. September wissen wir mehr.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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