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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Europawahl

Geschrieben am 07-06-2009

Bielefeld (ots) - Vorneweg lautet die gute Nachricht des
Europawahl-Ergebnisses: Teure Wahlgeschenke auf Steuerzahlerkosten
zahlen sich nicht aus. Die deutschen Wähler haben offenbar doch ein
gutes Gespür dafür, was an Staatshilfen sinnvoll und was stattdessen
der Angst der Politiker vor Stimmverlusten geschuldet ist - ein
besseres Gespür jedenfalls, als Frank-Walter Steinmeier und die
SPD-Wahlstrategen vorher glaubten.
Für die Sozialdemokraten ist das gestrige Ergebnis ein Desaster. 2004
war eine Anti-Hartz-IV- und Anti-Schröder-Wahl. Jedermann erwartete,
dass die SPD wenigstens ein bisschen zulegen kann. Nichts davon ist
eingetroffen.
Das bürgerliche Lager hat dagegen sein gutes Ergebnis vom vorigen Mal
wiederholt. Die Verschiebung hin zur FDP ist - genau wie die
eindrucksvolle Trendwende, die die CSU in Bayern schaffte - ebenfalls
als Ablehnung der Milliarden für Banken, Opel und Arcandor zu deuten.
Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel kann in dieser Frage als Kanzlerin
einer Großen Koalition noch nicht so frei agieren wie sie
möglicherweise möchte. CSU-Parteichef Horst Seehofer allerdings
erntet derzeit Früchte, die nicht er, sondern Jung-Star Karl-Theodor
zu Guttenberg als Wirtschaftsminister in Berlin gesät hat.
Ein Sieger der Europawahl kommt mit großer Wahrscheinlichkeit aus
Ostwestfalen: Die Chancen für den CDU-Bezirksvorsitzenden Elmar Brok,
nächster deutscher EU-Kommissar zu werden, sind mit dem gestrigen
Ergebnis enorm gestiegen. Die SPD wird lange nach einem Argument
suchen müssen, warum eine 20-Prozent-Partei erneut diesen wichtigen
Posten in Brüssel besetzen soll. An der europapolitischen Kompetenz
von Brok kann es ohnehin keine Zweifel geben.
Schade ist, dass Europa-Themen im Europa-Wahlkampf nur eine
Nebenrolle spielten. Festmachen lässt sich dies unter anderem an der
Landwirtschaftspolitik: Die Agrarausgaben stellen in der EU zwar den
größten Haushaltsposten. Doch die Debatte, ob die Gelder auch richtig
ausgegeben werden, fiel im Wahlkampf glatt aus. So steht die
Wahlbeteiligung im Gegensatz zur großen Zahl der Parteien, die den
Stimmzettel so riesig lang werden ließ. Sie war erneut viel zu
niedrig.
Das zu ändern ist die vordringliche Aufgabe der Europa-Politiker.
Sie wird leichter, wenn der Lissabon-Vertrag nach einem hoffentlich
positiven Votum der Iren endlich in Kraft treten kann. Derzeit sind
die EU-Parlamentarier noch zu sehr damit beschäftigt, ihre Rolle im
politischen Mächtespiel hervorzuheben und zu verteidigen. Stattdessen
sollten sie an Sachthemen die unterschiedlichen Positionen der
Parteien deutlich machen. Dann würde schnell deutlich, welche
wichtigen Entscheidungen in Straßburg und Brüssel gefällt werden.
Alle, die nicht zur Wahl gegangen sind, sollen in den nächsten fünf
Jahren jedes Mal, wenn sie sich wegen einer EU-Entscheidung die Haare
raufen, einen Knoten in ihr Taschentuch machen. Wetten, dass sie dann
beim nächsten Mal nicht erneut ihre Stimme verschenken?

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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