(Registrieren)

Berliner Morgenpost: 60 Jahre Deutschland

Geschrieben am 22-05-2009

Berlin (ots) - Es gibt schönere und reichere Städte in
Deutschland. Doch keine ist wichtiger als Berlin. Im
Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 über die deutsche Einheit wird
Berlin, bis dahin unter Viermächteverantwortung, eigens erwähnt.
Es war der legendäre Shepard Stone, Gründer des Aspen-Instituts
Berlin, der stets sagte: "Alles geschieht in Berlin." Tatsächlich
hatte die Stadt weit über Deutschland hinaus weltpolitische
Bedeutung, weil Groß-Berlin völkerrechtlich weder gänzlich zur
Bundesrepublik gehörte noch zur DDR. Auch das Grundgesetz von 1949
hat sich damit abfinden müssen. Niemand kann die Geschichte des
geteilten Deutschland und des Kalten Krieges schreiben, ohne dass
Berlin, zuerst halb und dann ganz geteilt, darin die zentrale Rolle
zukommt.
Das nicht nur, weil Berlin Hauptstadt des gestürzten Reichs war. Es
war vielmehr Ergebnis der Planungen der "Big Three" für die spätere
Ordnung Deutschlands und, unausgesprochen, Europas. Am 12.September
1944 zeichneten ihre Vertreter in London auf eine Verwaltungskarte
des Deutschen Reichs in die Grenzen von 1937 die künftigen
Besatzungszonen ein, drei an der Zahl - Frankreich wurde später aus
der britischen und amerikanischen Zone bedient. Dazu wurde inmitten
der übergroßen sowjetischen Besatzungszone, die auch die künftig
polnischen Gebiete umfasste, ein Sondergebiet markiert: Berlin, in
drei Sektoren geteilt.
Diese seltsame Architektur verriet Misstrauen der Alliierten
gegeneinander, denn alle wollten einen Anteil an der deutschen
Verwaltungs- und Regierungszentrale. Aber auch Vertrauen, dass die
Anti-Hitler-Allianz halten würde - was bekanntlich längst Illusion
war. Der Kalte Krieg hatte über Polen und die Türkei längst begonnen,
und mit der Sozialrevolution in der Sowjetischen Besatzungszone wurde
auch Deutschland geteilt. Die SED entstand aus der Vergewaltigung der
SPD durch die Kommunisten. 1948 ging es um Einführung der D-Mark im
Westen Deutschlands als Voraussetzung des Marshallplans. Stalin
antwortete durch Blockade West-Berlins, der Westen durch die
Luftbrücke - und unversehens wurden aus den besiegten Deutschen
künftige Alliierte: Alles geschieht in Berlin.
Zehn Jahre später wollte der Sowjetführer Chruschtschow, nunmehr über
Nuklearwaffen und Raketen verfügend, die westlichen Schutzmächte
herausdrücken aus Berlin: Hart am Rande des Krieges kam es zum
Mauerbau 1961. Die Fortsetzung kam mit der Kubakrise 1962, wiederum
am Rande des Atomkriegs.
Aus Furcht und Vernunft entstand seitdem die Kathedrale der
Rüstungskontrolle. "Abschreckung UND Entspannung" wurde 1967
westliche Strategie. Mit dem Berlinabkommen froren die vier Mächte
den Status quo in Berlin ein, ebneten aber zugleich den Weg zum
Grundlagenvertrag der Bonner Republik mit der Republik von Pankow. Es
war die seltsame internationale Lage Berlins, die zuerst den Kalten
Krieg fokussierte und dann die Deutschlandpolitik in Gang hielt,
nicht Strategie der Wiedervereinigung, sondern Management des
Systemkonflikts.
"Völker der Welt, schaut auf diese Stadt" - so einst Ernst Reuter. Am
9.November vor 20 Jahren war es so weit. Alles geschieht in Berlin.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

204735

weitere Artikel:
  • Westfalenpost: Weiter mit Köhler - das könnte passen Aber Gesine Schwan hat eine Chance Hagen (ots) - Von Bodo Zapp Köhler oder Schwan - diese Entscheidung hatten die 1224 Mitglieder der Bundesversammlung schon vor fünf Jahren zu treffen. Doch heute ist die Ausgangsposition eine andere. Er ist der Bundespräsident, dem in seiner Amtszeit keine gravierenden Fehler unterliefen, der sich trotzdem seiner Wiederwahl nicht sicher sein kann. Sie ist die Herausforderin, durchaus nicht chancenlos. Warum aber ein Bundespräsident abgewählt werden sollte, dessen zweite Amtszeit nach Umfragen von der großen Mehrheit der Deutschen gewünscht mehr...

  • WAZ: Heute wird der Präsident gewählt - Weshalb Köhler Favorit ist. Kommentar von Ulrich Reitz Essen (ots) - Der Bundespräsident verfüge über kaum mehr Mittel als sein Wort, heißt es. Träfe das zu, Horst Köhler wäre weitgehend mittellos, denn ein flammender Redner ist er nicht. Anerkannt ist er dennoch, aber nicht trotz, sondern wegen seiner sprachlichen Bodenständigkeit. Zum Freiherrn von Weizsäcker samt seiner Grandezza schaute man auf, dem Bürger Köhler blickt man auf gleicher Höhe in die Augen. Dazu passt seine Biografie: Ein Flüchtlingskind mit einer auf Fleiß und Bildung fußenden Karriere wie aus dem sozialdemokratischen mehr...

  • WAZ: Die Stasi schoss mit - Ein Fanal im Zwielicht. Kommentar von Frank Stenglein Essen (ots) - Der 2. Juni 1967 war eine Zäsur von einiger Tragweite. Wie im Brennglas schien der tödliche Schuss eines Berliner Polizisten zu beweisen, dass der alte Nazi-Geist im Sicherheitsapparat wach war - so jedenfalls wollte es eine politische Linke glauben, die sich merklich radikalisierte und immer kompromissloser den Staat als Feind begriff. Der Tote auf dem Pflaster war ein Faktum, das die junge Demokratie in die Defensive brachte und auch liberale Geister grundsätzlich zweifeln ließ. Und nun? Denkbar, dass auch dieser Vorfall mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bundespräsidentenwahl Bielefeld (ots) - Am Freitag hat Gesine Schwan ihren 66. Geburtstag gefeiert, und an diesem Samstag feiert Horst Köhler seine Wiederwahl als Bundespräsident. Letzteres ist noch eine Prognose. Wird sie wahr, wundert's niemanden. Kommt es anders, dürfte die Bundesrepublik just zu ihrem 60. Geburtstag in helle Aufregung geraten. Nie sind die Mehrheitsverhältnisse bei der Wahl eines deutschen Staatsoberhauptes knapper gewesen. 613 Stimmen sind zur absoluten Mehrheit in der Bundesversammlung nötig. CDU/CSU, FDP und Freie Wähler bringen es mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur deutsch-deutschen Geschichte Bielefeld (ots) - Was wäre, wenn...? Seriöse Historiker lehnen die so genannte kontrafaktische Frage grundsätzlich ab. Aber Politiker dürfen und müssen sie stellen. Denn die atemberaubenden Enthüllungen über die Stasi-Verpflichtung des Todesschützen von Benno Ohnesorg werfen ein völlig anderes Licht auf die 68-er Dynamik. Ob die neuen Erkenntnisse dazu führen, dass die Geschichte der Studentenbewegung umgeschrieben werden muss, wie Wolfgang Kraushaar meint, wird sich noch erweisen. Selbstverständlich wäre die Offenlegung des SED-Parteibuchs mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht