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Berliner Morgenpost: Kommentar - Es wird wieder spannend im Roten Rathaus

Geschrieben am 05-05-2009

Berlin (ots) - Für Klaus Wowereit brechen härtere Zeiten an. Er
kann sich nicht länger aufs Beobachten aus erhöhter Position und die
eine oder andere Großankündigung beschränken. Jetzt, da die Mehrheit
der rot-roten Koalition weiter schwindet, muss er die politische
Alltagsarbeit endlich ernster nehmen. Nur noch eine Stimme mehr als
die Opposition haben die Roten. Und selbst diese eine ist eine
ziemlich unwägbare, da auch noch ein Abgeordneter der Linkspartei auf
dem Sprung ist. Wohin ist ungewiss. Sicher ist dagegen: Nach Jahren
des Dahindämmerns (die Rarität Thilo Sarrazin ausgenommen) wird es in
der Berliner Landespolitik endlich wieder spannender.
Dass eine Abgeordnete aus der SPD verbittert zu den Grünen
übergelaufen ist, dazu ausgerechnet die im Parlament für Frauenfragen
zuständige Abgeordnete, wirft ein düsteres Licht auf Partei und
Fraktion der Sozialdemokraten. Canan Bayram hat in ihrer Begründung
für den Wechsel des Parteibuchs eine Arroganz der Macht einer
altgedienten Führungsriege mit Klaus Wowereit und Fraktionschef
Michael Müller durchblicken lassen, die längst auch andere jüngere
Abgeordnete verärgert. Solange die rot-rote Koalition beisammen
bleibt, wird fortan jede Abstimmung im Abgeordnetenhaus für sie zu
einer Zitterpartei. So aber kann Berlin mit seinen erheblichen
Problemen von der Integrationspolitik über die Wirtschaftschwäche bis
zur neuen Welle der Gewalt in den nächsten Jahren auch nicht halbwegs
erfolgreich regiert werden.
So eine hauchdünne Mehrheit, die eigentlich gar keine mehr ist, wird
zusätzlich bedrohlich, wenn der Koalition auch noch die letzten
vorzeigbaren Senatoren abhanden kommen. Erst lässt sich Sarrazin zur
Bundesbank befördern. Und nun erweist sich auch noch der bislang als
erfolgreich eingestufte Innensenator Ehrhart Körting als
Schwachstelle. Der Vorwurf, er habe die Gewaltbereitschaft an diesem
1. Mai unterschätzt und Polizeibeamte deshalb der "Steinigung"
ausgesetzt, wird noch lange auf ihm lasten. Fragen lassen muss sich
seine Partei, die SPD, zudem, wie lange sie mit einem Partner weiter
koalieren will, der in Teilen gezielt zur Gewalt und zur Anstiftung
von sozialen Unruhen aufruft.
Für die SPD, insbesondere für Klaus Wowereit, war dies ein schwarzer
Montag. Er wird wohl Regierender bleiben, weil er derzeit keinen
Gegner fürchten müsste. Die Mehrheit schwindet, eine neue ist
denkbar, aber noch eher unrealistisch. Zu tief sitzt bei den Grünen
weiter die Demütigung durch Wowereit, als dieser sie 2006 als
Koalitionspartner hat kalt abblitzen lassen. Ihr Preis, jetzt für die
Linkspartei einzuspringen, wäre wahrscheinlich ein zu hoher für die
SPD.
Zumindest eine Variante, wieder klare Mehrheiten zu finden, liegt
nicht allzu fern: Neuwahl zusammen mit der Bundestagswahl. Wowereit
bräuchte sich um sein Amt als erneut Regierender wohl auch in diesem
Fall keine Sorge zu machen. Beim Zerbrechen der Linkskoalition wäre
allerdings sein insgeheim eingeplanter nächster Karrieresprung wohl
gefährdet: erster Kanzler einer rot-roten Bundesregierung zu werden.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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201203

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