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Berliner Morgenpost: Kommentar - Gegen diese Krise ist noch kein Kraut gewachsen

Geschrieben am 22-04-2009

Berlin (ots) - Die Lage ist ernst; bitterernst. Auch die große
Koalition kann sie fünf Monate vor der Bundestagswahl nicht länger
schönreden. Es wird ja wohl seine Gründe haben, dass die Kanzlerin
binnen nur eines halben Jahres zum zweiten Krisen-Konjunkturgipfel
eingeladen hat. Jedenfalls zeugt es nicht davon, dass die
Bundesregierung bislang ein wirksames Mittel gefunden hat, um den
schwersten Wirtschaftseinbruch seit Jahrzehnten im ersten Schritt
abzumildern und mit dem zweiten einen Aufschwung einzuleiten. Nun ist
es, zugegeben, wirklich nicht ganz einfach, eine überzeugende
Krisen-Strategie zu finden, da sich selbst die angeblich so klugen
Wirtschaftsweisen einander so heftig widersprechen, dass aus ihren
Analysen, Prognosen und Ratschlägen auch keine schlüssige, allein
Erfolg versprechende Handlungsempfehlung herauszulesen ist.
Auch die Ratschläge der Teilnehmer der Krisensitzung im Kanzleramt
mit ihren so unterschiedlichen Brancheninteressen dürften Angela
Merkel und Frank-Walter Steinmeier nicht sehr viel klüger gemacht
haben. Anderes war nicht zu erwarten. Die Spitzen aus Unternehmen,
Verbänden, Gewerkschaften und Wissenschaft dennoch zum Gespräch zu
laden war vernünftig. Aus zwei Gründen. Erstens hat die Regierung
zumindest indirekt alle Beteiligten mit in die Verantwortung dafür
genommen, dass die Krise nur gemeinsam entschärft und dann überwunden
werden kann. Zweitens hat sie offen dargelegt, wo die Grenzen ihrer
Handlungsfähigkeit angesichts der ohnehin enormen Neuverschuldung
liegen und damit falsche Hoffnungen auf neue Milliardenprogramme, die
am Ende der Steuerzahler zu begleichen hat, zumindest vorerst
gedämpft.
Nach den beiden Konjunkturpaketen mit einem Inhalt von rund 80
Milliarden Euro ist es nun wirklich an der Zeit, ihre Umsetzung und
damit Wirkung abzuwarten und nicht schon wieder übereilt zur nächsten
Milliardenspritze zu greifen. Da bleibt allerdings die dringliche
Hoffnung, dass SPD, CDU und CSU, je näher der Wahlkampf rückt, sich
weiter an den gestrigen Gipfel erinnern und keinen neuen Wettlauf zur
kurzfristigen Beglückung der Bürger - wie bei der Abwrackprämie -
starten.
Hoffentlich hat auch DGB-Chef Michael Sommer das Kanzleramt wieder
ein bisschen klüger und mitverantwortlicher fühlend verlassen. Seine
Warnung vor dem Treffen, sollte es angesichts der Krise in
Deutschland zu Massenentlassungen kommen, drohten soziale Unruhen,
gleicht dem Schütten von Öl ins Feuer. Wer Entlassungen in einer
schweren Rezession als Kampfansage an Belegschaften und
Gewerkschaften interpretiert, leugnet wider besseres Wissen die
Zwänge des Marktes. Soziale Unruhen sind das schlechteste Rezept, um
aus dem Wirtschaftstief herauszukommen. Statt ihnen das Wort zu
reden, sollte Sommer sich besser darum kümmern, wie ums Überleben
kämpfende Unternehmen durch flexible Lohnvereinbarungen für sich und
ihre Mitarbeiter das rettende Ufer erreichen. Vielleicht hat er ja
gestern tatsächlich etwas dazugelernt.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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