(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Geburtenrückgang

Geschrieben am 07-04-2009

Bielefeld (ots) - Endlich werden in Deutschland wieder mehr Kinder
geboren! Erst im Februar hatte Familienministerin Ursula von der
Leyen diese Nachricht verkündet und von einer Trendwende gesprochen.
Doch der Wunsch war Vater des Gedankens: Geburtenrückgang statt
Babyboom - die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes düpieren
die Ministerin.
Das beweist zweierlei. Erstens: Statistische Taschenspielertricks
sind gefährlich, auch wenn sie politisch opportun erscheinen.
Zweitens: Es ist ein Irrglaube, staatliches Handeln vermöge
unmittelbar bis ins Privateste seiner Bürger zu wirken.
Zur Statistik: Schon bei der Präsentation des Familienberichts im
Februar warnten Experten vor vorzeitigem Triumph. Zwar wurden 2007,
dem ersten Jahr mit dem neuen Elterngeld, in der Tat 12 000 Kinder
mehr geboren als im Jahr zuvor. Doch das Vergleichsjahr 2006 war das
mit der geringsten Geburtenzahl in der bundesdeutschen Geschichte. Es
gab 2007 also nur relativ mehr Babys, absolut jedoch noch immer sehr
wenige.
Geradezu leichtfertig aber war es von der Ministerin, aus dem Anstieg
der Geburtenzahlen in den ersten neun Monaten des Jahres 2008 eine
Trendwende für das Gesamtjahr abzuleiten. Je kleiner der betrachtete
Zeitraum, desto größer die Ausschläge: Diese Binsenweisheit der
Statistik hat sich erneut bewahrheitet.
Ursula von der Leyen ist zwar höchst populär, in der eigenen Partei
aber nicht unumstritten. Da mag die Versuchung groß gewesen sein,
voreilig Erfolgszahlen zu präsentieren, um die Kritiker zum Schweigen
zu bringen. Jetzt ist der Schaden doppelt groß: Die
familienpolitische Ikone der Union ist angekratzt, ihre Kritiker
lachen sich ins Fäustchen.
Und der Staat? Der muss sich von der allzu schlichten Rechnung
verabschieden, dass mehr Krippen und Elterngeld automatisch mehr
Kinder bedeuten. Doch es hieße das Kind mit dem Bade auszuschütten,
wenn nun die Familienpolitik von der Leyens insgesamt infrage
gestellt würde. Mehr Krippen und Elterngeld - ja. Wie sonst soll eine
stärkere Teilhabe der besser denn je ausgebildeten Frauen am
Erwerbsleben erreicht werden, wo sich noch immer viele Männer nur
recht ungern zur Familienarbeit verpflichten lassen?
Mehr Krippen und Elterngeld - ja, aber nicht nur. Die Entscheidung
für ein Kind hängt von vielen Umständen ab: Dem Mut, eine
Schicksalsgemeinschaft zu gründen. Der Überzeugung, den
Herausforderungen des Familienlebens gewachsen zu sein. Die Hoffnung,
den Kindern eine nicht nur materiell sichere Zukunft zu ermöglichen.
Und die Erwartung, dass die finanzielle Last, die das Aufziehen von
Kindern mit sich bringt, durch gesellschaftliche Anerkennung
zumindest ideell aufgewogen wird.
Das alles sind Faktoren, die sich erfühlen, aber nicht immer
errechnen lassen. »Familienpolitik wirkt sich erst langfristig aus«,
weiß der Berliner Familienforscher Hans Bertram. Weitere
vorschnelle Erfolgsmeldungen sollte sich die Ministerin deshalb
versagen - um der Sache willen.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

196416

weitere Artikel:
  • WAZ: Geburtenrückgang - Entlarvend - Leitartikel von Angelika Wölk Essen (ots) - Manchmal können Fakten für Politiker peinlich und entlarvend sein. Diese Erfahrung muss gerade Familienministerin Ursula von der Leyen machen. Sie hatte sich erst im Februar, als sie den Familienreport vorstellte, für ihre Politik feiern lassen. Damals hatte sie - gestützt auf vage Prognosen - verkündet, die Zahl der Geburten sei 2008 endlich wieder angestiegen. Verknüpft hatte sie die Meldung mit dem Hinweis auf "ihr" neues Elterngeld. Gerade in der Krise wirke die Unterstützung von Familien stabilisierend - genau das waren mehr...

  • WAZ: Barack Obama in Europa - Der Ex-Sozialarbeiter kann begeistern - Leitartikel von Angela Gareis Essen (ots) - Als Barack Obama in seine Air Force One stieg und wegflog, war es ein wenig so, als habe jemand in Europa das Licht ausgemacht und gesagt: Die Party ist vorbei. Selten entfalten Treffen der Mächtigen so viel sympathischen Glanz in der vergangenen Woche. Bei aller Skepsis gegenüber Lichtgestalten kommt man kaum umhin, Obama die Erfindung einer neuen charmanten Ausstrahlung von Macht zuzusprechen. Besonders geübte Skeptiker werden Obama unterstellen, mit einem gehörigen Maß an Naivität die Welt verbessern zu wollen. Und sie mehr...

  • Der neue Tag: Kommentarauszug zur Geburtenstatistik Weiden (ots) - " (...) Die Familienförderung war das erste große Prestigeprojekt der Koalition. Und es erscheint nun als weiteres Fragezeichen in der Bilanz dieser Regierung. Das Bundeselterngeld, durchaus stattliche Beträge, nehmen Mütter und Väter gerne mit. Aber mehr Kinder konnte sich die Politik dadurch nicht erkaufen. Die Entscheidung junger Eltern für Nachwuchs lässt sich nicht steuern wie die für ein neues Auto - über eine Abwrackprämie. (...)" Originaltext: Der neue Tag Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/70539 mehr...

  • Rheinische Post: Lehren aus der Katastrophe Kommentar Von Godehard Uhlemann Düsseldorf (ots) - Wenn der Mensch Erdbeben schon nicht präzise vorhersagen, gar verhindern kann, so kann er doch seinen Beitrag leisten, die Folgen einer solchen Naturkatastrophe zu minimieren: Er muss anders bauen, bessere Materialien verwenden und immer wieder neueste Erkenntnisse der Erdbebenforschung in seine Lebensgestaltung einbeziehen. Das alles ist in Italien nicht oder in nicht ausreichendem Maße geschehen. Das Land, an der Bruchzone der afrikanischen und eurasischen Platte gelegen, gehört zu den risikoreichsten Gebieten im mehr...

  • Rheinische Post: Eigentor der SPD Kommentar Von Gerhard Voogt Düsseldorf (ots) - Im vergangenen Jahr rieb sich die SPD die Hände. Nachdem bekannt geworden war, dass Schulministerin Barbara Sommer (CDU) von PR-Profi Michael Spreng beraten worden war, stellte sie die Qualifikation der Seiteneinsteigerin aus Bielefeld genüsslich in Frage. Eine große Anfrage sollte die Landesregierung der Geldverschwendung überführen. Jetzt scheint dieser Schuss nach hinten loszugehen. Nicht ohne Grund haben die Grünen es abgelehnt, sich an dem SPD-Vorstoß zu beteiligen. Bei ihnen sind die Erinnerungen an die oft opulenten mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht