Berliner Morgenpost: Angela Merkel in der Schröder-Falle - Kommentar
Geschrieben am 08-03-2009 |   
 
    Berlin (ots) - Auf der Jahrestagung des Mittelstandsverbandes BVMV vergangenen Mittwoch jubelten 2500 euphorisierte Teilnehmer dem  Festredner zu. Routiniert hatte Guido Westerwelle die traditionell  unionsnahen Unternehmer schwindelig geredet. Die Bundesregierung  hatte Wirtschaftsstaatsekretärin Dagmar Wöhrl entsandt, die sich auf  ihrer Website mit Fotos mit Hund und "Dagis Tagebuch" präsentiert -  lustig, aber nicht sehr krisenkompatibel. Einen Abend später saß einer der vielen Unionisten, die sich von der  Kanzlerin missachtet fühlen, beim Grappa und motzte hemmungslos über  den "idiotischen Fehler, Vertriebenen-Chefin Erika Steinbach  zurückzuziehen". Und unter Katholiken macht derzeit eine interessante Feststellung die Runde: Angela Merkel, Kanzleramtschef Thomas de  Mazière, CDU-General Ronald Pofalla und auch Fraktionschef Volker  Kauder seien ja allesamt Protestanten. Kein Wunder, dass solche Leute nicht wissen, dass man den Papst nicht zu kritisieren hat. Zugleich  holzen die Sozialdemokraten mit wachsender Freude gegen die eigene  Koalitionschefin. Nach drei Jahren Schönwetter-Regierens spürt Angela Merkel derzeit  erstmals jene fröstelige Einsamkeit, die im Kanzleramt noch jeden  eingeholt hat. Aus allen Richtungen pfeift der Eiswind. Und die  Umfragen verheißen kein Ende des Tiefs. Gerhard Schröder ging es 2002 ähnlich. Die Wirtschaftsdaten waren  mies, die Gewerkschaften dem SPD-Kanzler so fern wie jetzt die  Kirchgänger der Kanzlerin, die kleinen Leute enttäuscht von ihrer  ehemals so warmherzigen Partei wie derzeit die Mittelständler von  ihrer Union. Damals wie heute wenden sich die Kernwähler ab,  emotional zutiefst enttäuscht. Wie seinerzeit Schröder steckt auch Angela Merkel in der Falle  zwischen Kanzler-Rationalität und Parteigefühl. Mochte es  diplomatisch geschickter sein, die Vertriebenen-Chefin Steinbach  fallenzulassen, so entstand bei konservativen Unionisten der  Eindruck, Frau Merkel lasse sich ihr Personal von anderen diktieren.  Mochten 100 Milliarden für die Hypo Real Estate auch nötig sein; beim kleinen Unternehmer, auch er ein klassischer Unionskunde, herrscht  seither das Gefühl, vernachlässigt zu werden. Als Basta-Kanzler nutzte der Emotionsexperte Schröder seine engen  Spielräume zumindest für die Inszenierung von Macht. Die  Furchen-Kanzlerin dagegen erzeugt mit ihrem rational geprägten  Zuwarten eher den Eindruck von Wegducken. In der Opel-Krise versprüht ausgerechnet der bayerische Frischling zu Guttenberg mehr  wirtschaftlichen Sachverstand als die ganze CDU zusammen. Keine Frage: Im Kanzleramt wird fieberhaft nach einer Chance gesucht, die Führungsstärke der Regierungschefin symbolisch vorzuführen;  vielleicht eine Ruck-Rede, ein spektakulärer Rauswurf oder Fotos im  Rackerei verheißenden Blaumann? Schröder wurde von Hochwasser und Irak-Krieg knapp gerettet. So  einfach wird es für seine Nachfolgerin nicht.
  Originaltext:         Berliner Morgenpost Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2
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